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Mike griff rasch nach unten, hob den Kater zu sich herauf und grinste spöttisch. »Probleme?« fragte er. Astaroth würdigte ihn nicht einmal einer Antwort. Hocherhobenen Hauptes ging er an ihm vorüber und steuerte auf die anderen zu, und Mike folgte ihm. Trautman runzelte fragend die Stirn, als er Mikes immer noch anhaltendes Grinsen bemerkte, ging aber nicht weiter darauf ein.

»Astaroth!« sagte er erfreut. »Du bist zurück. Hast du einen Weg gefunden?«

Ja, antwortete Astaroth. Es müßte gehen. Aber es ist nicht leicht -wenigstens nicht für euch. Mike übersetzte seine jeweiligen Antworten -wobei er sich auf das Wesentliche beschränkte, was ihm den einen oder anderen ärgerlichen Blick des Katers und ein flüchtiges Lächeln Trautmans eintrug. »Was heißt nicht leicht? Die Wachen?« Nein, antwortete Astaroth. Sie passen auf, aber sie sind wie ihr - sie haben keine Phantasie. »Und was soll das heißen?« erkundigte sich Trautman mißtrauisch.

Es gibt einen Weg, sagte Astaroth. Sie passen auf wie die Schießhunde, aber an einer Stelle gibt es keine Wachen. Direkt am Fluß. Trautman ächzte. »Wie bitte?«

Sie bewachen das Ufer nicht, bestätigte Astaroth. Ich habe mich genau umgesehen. Das Wasser ist dort nicht besonders tief -wenigstens nicht für euch. Die Strömung könnte ein Problem sein, aber mit ein bißchen Glück könnt ihr es schaffen. Es gibt eine Stelle, an der das Wasser fast bis an das Zelt heranreicht, in dem Annies Leute untergebracht sind. Wenn ihr durch den Fluß geht, kommt ihr ungesehen hin.

»Das ist doch nicht dein Ernst!« protestierte Ben. »Das Wasser ist eisig, und ein einziger Fehltritt, und es ist aus. «

Dann mußt du eben zur Abwechslung einmal aufpassen, wohin du deine ungeschickten Füße setzt, antwortete Astaroth patzig. Das übersetzte Mike wörtlich. Ben wollte auffahren, aber Trautman brachte ihn mit einer energischen Geste zum Schweigen. »Astaroth hat recht, fürchte ich. Wir haben wahrscheinlich keine andere Wahl. Aber es wäre zu gefährlich, wenn wir alle gingen -und außerdem völlig sinnlos. « Er überlegte einen Moment. »Singh und ich werden gehen«, sagte er dann. »Ihr anderen wartet hier. Sobald wir mit den Gefangenen zurück sind, muß alles ganz schnell gehen. Sobald sie merken, daß ihre Gefangenen entflohen sind, werden sie wie die Teufel hinter uns her sein. «

»Ich komme auch mit«, sagte Mike. »Ganz bestimmt nicht«, erwiderte Trautman. »Du bleibst schön hier bei -« »Aber ich muß mitkommen«, unterbrach ihn Mike. Er deutete auf den Kater. »Ich bin der einzige, der mit Astaroth sprechen kann. Und ihn braucht ihr. « Trautman bedachte ihn mit einem ärgerlichen Blick, aber er mußte sich geschlagen geben. Mike hatte recht -ohne den Kater hatten sie nicht die geringste Chance, das richtige Zelt zu finden. Und ohne Mike konnten sie sich nicht mit Astaroth verständigen. »Also gut«, sagte er seufzend. »Und um endlosen Diskussionen vorzubeugen - die anderen bleiben hier, ganz gleich, welche Gründe euch auch einfallen mögen, mitkommen zu müssen. « Er stand auf. »Ben, du bleibst hier oben und behältst das Lager und die Umgebung im Auge. Die anderen warten unten auf uns. Wir werden nicht viel Zeit haben, wenn wir zurückkommen. «

Ben hatte keineswegs übertrieben -das Wasser war zwar nicht eisig, aber nach der Hitze des Tages und der lauen Nachtluft kam es Mike zumindest so vor, und die Strömung war selbst hier am Ufer so stark, daß er mit aller Macht um sein Gleichgewicht kämpfen mußte und nur äußerst behutsam einen Fuß vor den anderen setzte. Der Flußgrund war mit knöcheltiefem Schlamm bedeckt, aber dazwischen gab es immer wieder runde, glattgeschliffene Steine, auf denen man leicht ausgleiten konnte - und ein einziger Fehltritt oder gar ein Sturz bedeuteten hier wirklich das Ende. Mikes Herz schlug so schwer, daß er es bis in die Fingerspitzen fühlen konnte. Er zitterte vor Kälte am ganzen Leib, und der Weg schien kein Ende zu nehmen. Manchmal berührte ihn etwas unter Wasser, kleine, glitschige Körper, die rasch wieder davonhuschten und vermutlich viel mehr Angst vor ihm hatten als umgekehrt er vor ihnen und ganz bestimmt vollkommen harmlos waren, aber seine Phantasie machte natürlich die gräßlichsten Monster daraus. Sie hatten das Lager der Dinosauriermenschen erreicht. Zur Rechten, unmittelbar über dem Ufer, erhob sich eine Barriere aus undurchdringlich ineinandergewachsenen Büschen und Wurzeln, aber darüber konnte Mike die buckligen Schatten der halbrunden Zelte erkennen, die die Echsenmänner aufgestellt hatten, und den roten Widerschein ihrer Feuer. Durch das seidige Geräusch des fließenden Wassers drangen die Stimmen der Geschuppten: ein unheimliches, zischelndes Wispern und Keuchen, in dem er keine Regelmäßigkeit, keine Melodie erkennen konnte. Die Stimmen dieser Wesen waren so wie sie selbst: rätselhaft, erschreckend und unvorstellbar fremd.

Es ist jetzt nicht mehr weit, sagte Astaroth. Dort vorne, die Lücke im Gebüsch - siehst du sie? Mike hielt als erstes nach dem Kater Ausschau, konnte ihn aber nicht entdecken. Astaroth war ihnen nicht ins Wasser gefolgt, sondern schlich geduckt und als unsichtbarer Schatten durch die Büsche am Ufer. Nach einer Weile gewahrte er aber die Bresche in der bisher schier undurchdringlichen, lebenden Mauer, die das Lager vom Fluß trennte, und nickte. Da ist ein kleiner Seitenarm, fuhr Astaroth fort. Nicht sehr tief, aber breit. An seinem Ende liegen zwei Zelte. Sie sind im rechten.

Mike blieb für einen Moment stehen, wartete, bis Singh und Trautman zu ihm aufgeholt hatten, und teilte ihnen im Flüsterton mit, was er von Astaroth erfahren hatte. Die

beiden nickten, und Singh übernahm kommentarlos die

Führung.

Nun befanden sie sich mitten im Lager der Dinosauroiden. Einige der unheimlichen Geschöpfe, die in der Nacht, die ihre Gestalten zu flachen Schatten mit ruckhaften Bewegungen reduzierte, noch fremdartiger und bizarrer wirkten, waren so nahe, daß Mike meinte, nur den Arm ausstrecken zu müssen, um sie zu berühren. Er verstand nicht, warum sie nicht längst gesehen worden waren: selbst in der Nacht mußten sich ihre Gestalten deutlich unter dem glasklaren Wasser abzeichnen, und außerdem schlug sein Herz so laut, daß man es eigentlich meilenweit hätte hören müssen. Mike wäre nicht überrascht gewesen, wären die Echsenmänner im nächsten Moment alle gemeinsam aufgesprungen und über sie hergefallen, er war fast davon überzeugt, daß es unweigerlich geschehen mußte. Statt dessen erreichten sie unbehelligt das Ende des Flußarmes, und Trautman deutete mit einer Geste auf das rechte der beiden halbrunden Zelte, die sich kaum zwei Meter vom Wasser entfernt erhoben. Gleichzeitig warf er Mike einen fragenden Blick zu, den dieser mit einem Nicken beantwortete. Er betete, daß Astaroth sich nicht geirrt hatte. Wenn sie in das falsche Zelt eindrangen und sich unversehens einem Dinosauroiden gegenübersahen, würden sie keine zweite Chance bekommen.

Wie Indianer, die sich an einen Feind anschlichen, robbten sie aus dem Wasser und näherten sich der Rückseite des Zeltes. Mike lauschte einen Moment mit angehaltenem Atem, ehe er es wagte, die Hände nach der Zeltplane auszustrecken, um sie etwas anzuheben. Nichts. Er hörte nicht den mindesten Laut, und drinnen war es dunkler als hier draußen. Vermutlich schliefen die Gefangenen ebenso wie die meisten ihrer Bewacher. Mike schob den letzten Rest seiner Furcht beiseite, hob die Zeltplane -sie war so schwer, daß er einen Moment lang befürchtete, es nicht zu schaffen -weiter an und glitt beinahe lautlos darunter hindurch. Absolute Dunkelheit empfing ihn. Mike robbte noch ein Stück weiter, bis er gegen ein Hindernis stieß, dann hielt er inne und lauschte. Er konnte hören, wie Trautman und Singh hinter ihm hereingekrochen kamen und sich die Zeltplane mit einem schweren Flapp wieder senkte und dann die gleichmäßigen Atemzuge von drei oder vier Menschen. Aber waren es tatsächlich nur drei oder vier? Und waren es wirklich nur menschliche Atemzüge, die er hörte?