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Wir reiten allein bis über die Grenze der weißen Bevölkerung und engagieren uns dann eine Schar Roter, mag der Stamm, zu welchem sie gehören, heißen, wie er will. Brauchen wir sie dann nicht mehr, nun, so genügen einige Schüsse, uns von ihnen zu befreien. Man kann diesen Zweck übrigens auch auf noch andre Arten und Weisen erreichen.«

»Ganz richtig; aber es fragt sich nur, ob es uns gelingen wird, von unsern jetzigen Begleitern loszukommen.«

»Warum sollte das nicht gelingen? Wir sprechen jetzt überhaupt nur von dem Falle, daß wir von den Cambas geschlagen werden. Je mehr von unsern Leuten da fallen, desto lieber kann es uns sein. Die übrigen werden nach allen Richtungen davonlaufen und sich sehr wahrscheinlich gar nicht um uns kümmern.«

»Ich denke aber doch, daß wenigstens die Soldaten sich zu dem Anführer halten werden, und der bist du, wie du ihnen heute abend gesagt hast. Wie werden wir sie los? Nehmen wir den Fall, daß dieser Kapitän Pellejo, welcher sich vorhin so beleidigt fühlte, sich an uns klammert.«

»Dann bekommt der Kerl eine Kugel. Es ist eigentlich lächerlich, mit solcher - fast möchte ich es Sicherheit nennen, anzunehmen, daß unser jetziger Zug verunglücken wird. Das rätselhafte Verschwinden unsrer Gefangenen hat uns besorgt gemacht und auf dumme Gedanken gebracht. Wir haben eine Maus in einen Elefanten verwandelt. Warten wir ganz ruhig ab, was morgen geschieht. Was darauf folgt, das wird sich finden.«

Er erhob sich jetzt von seinem Platze, um die Umgebung zu durchforschen, konnte aber nichts bemerken, woraus er auf die Anwesenheit eines Feindes hätte schließen müssen. Darum legte er sich befriedigt und beruhigt nieder.

Kaum graute der nächste Tag, so wurden die Schläfer geweckt, da sehr zeitig aufgebrochen werden sollte.

Diejenigen Abipones, welche als Führer dienten, weil sie die Gegend kannten, wußten genau, in welcher Richtung das Thal des ausgetrockneten Sees zu suchen war. Sie schlugen dieselbe ein. Sie befanden sich an der Spitze des Zuges, und der Gambusino hielt sich mit Antonio Perillo zu ihnen, um etwaige Spuren sofort zu entdecken. Er ritt bald nach rechts, bald nach links von der geraden Linie ab, konnte aber nichts Befremdendes entdecken, weil der Vater Jaguar so vorsichtig gewesen war, sich mit seinen Begleitern weiter südlich zu halten.

Da von achthundert Kriegern nur fünfzig beritten waren, kam beinahe der Mittag heran, bevor in der Ferne der undurchdringliche Wald erschien, welcher das Thal des ausgetrockneten Sees nach beiden Seiten flankierte. Als der Gambusino die dunkle Linie desselben erblickte, winkte er den »tapfern Arm«, den Häuptling der Abipones zu sich heran und fragte:

»Ist das der Wald, in welchem das Thal liegt, durch welches wir müssen?«

»Ja, Señor,« antwortete der Rote.

»Und wir können nicht zur Seite ausweichen?«

»Wir können es, wenn wir den Wald ganz umgehen; aber das würde viele, viele Zeit erfordern.«

»Die haben wir nicht übrig, denn wir müssen heute abend beim Dorfe der Cambas ankommen, um in der Nacht über dasselbe herfallen zu können. Indiesem Thale gibt es Wasser?«

»Fließendes Wasser, welches sich in einen kleinen See ergießt.«

»So machen wir da Halt, um uns auszuruhen.«

Diese Worte hörte auch der Hauptmann Pellejo, welcher jetzt an die Spitze des Zuges gekommen war und mit nachdenklichem Blicke den Wald musterte. Als Militär fühlte er sich zu der Bemerkung veranlaßt:

»Señor, das vor uns liegende Terrain fordert uns zur Vorsicht auf. Wir können weder nach rechts noch nach links weichen und müssen durch ein Thal, dessen Wände wohl nicht niedrig sind. Wie nun, wenn der Feind uns in demselben erwartet?«

»So würde ich mich außerordentlich über diese seine Unvorsichtigkeit freuen,« antwortete der Gambusino in wegwerfendem Tone. »Wir würden in das Thal dringen und ihn, der nicht entkommen könnte, einfach niederrennen.«

»Das ist leichter gesagt als gethan, und ich möchte raten, in diesem--«

»Ich habe noch keinen Menschen um Rat gefragt, auch Sie nicht!« fiel ihm der andre barsch in die Rede.

»Behalten Sie Ihre Meinung gefälligst so lange für sich, bis ich Sie auffordere, mir dieselbe mitzuteilen!«

Der Hauptmann wendete sich entrüstet ab, ohne aber ein Wort zu entgegnen, und der Zug setzte sich wieder in Bewegung. Nach einiger Zeit sah man eine Fährte, welche von links herkam und gerade nach dem Thale führte. Es war diejenige des Vater Jaguar, welcher natürlich nach dem Thale gemußt hatte, ohne eine Möglichkeit zu haben, seine Spur unkenntlich zu machen. Der Gambusino stieg vom Pferde, untersuchte sie und sagte.

»Es hat hier einige Pferde und auch einen oder zwei Fußgänger gegeben, doch ist dies kein Grund, uns bedenklich zu machen. Diese Leute kommen von Süden her, während wir von Osten kommen; sie können also gar nichts von uns wissen.«

Infolge dieser Ansicht ritt und marschierte man getrost weiter, ohne, was doch geboten gewesen wäre, Kundschafter voranzusenden. Hauptmann Pellejo erkannte das als einen großen Fehler, doch schwieg er zunächst; aber als man sich dem Walde so weit genähert hatte, daß man den Eingang zum Thale sich öffnen sah, konnte er doch nicht umhin, warnend zu bemerken:

»Ich würde doch einige Leute voransenden, um nachsehen zu lassen, ob das Thal für uns sicher ist.«

»Und ich habe Ihnen bereits gesagt, daß ich nur wünsche, daß es voller Cambas wäre,« antwortete der Gambusino. »Wenn Sie sich fürchten, so bleiben Sie zurück.«

»Ja, wer sich fürchtet, mag umkehren,« stimmte Antonio Perillo ein. »Wir brauchen keine Feiglinge bei uns.«

»Señor, meinen Sie damit mich?« fuhr der Offizier auf.

»Denken Sie, was Sie wollen!«

»Gut, dann denke ich mir nur das eine, daß es feig ist, ahnungslose Menschen niederzuschießen, um ihnen ihre alten Inka-Kostbarkeiten abzunehmen und dann vor dem ersten Manne, den man an der Salina del Condor sitzen sieht, feig davonzujagen.«

Diese zornigen Worte waren ihm kaum entfahren, so bereute er, sie ausgesprochen zu haben; doch waren sie nun nicht wieder zurückzunehmen. Der Gambusino und Antonio Perillo starrten ihn betroffen an. Der erstere faßte sich am schnellsten und antwortete lachend:

»Sie sprechen wohl im Traume? Was wollen Sie mit einer so unverständlichen Rede?«

»Das werden Sie später jedenfalls erfahren,« erwiderte der Hauptmann, indem er sein Pferd ab und auf die Seite wendete. »Von mir werden Sie keinen Rat mehr hören.«

Er sah die beiden nicht wieder an; sie aber warfen sich im Weiterreiten bedeutsame Blicke zu, und der Gambusino flüsterte Perillo zu:

»Dieser Schurke hat uns gestern abend belauscht. Es ist gar nicht anders möglich. Was meinst du, was wir thun?«

»Ihn schweigsam machen, und zwar sobald wie möglich, bevor er Gelegenheit findet, das, was er gehört hat, auszuplaudern.«

»Richtig! Er lebt heut seinen letzten Tag! Im Grunde genommen hatte er mit seiner Mahnung zur Vorsicht gar nicht unrecht; aber soll ich das dadurch zugeben, daß ich seinen Rat befolge? Meine Person werde ich auf keinen Fall in Gefahr bringen. Wir bleiben am Eingange des Thales halten und lassen unsre Leute hineinmarschieren. Dann wird es sich ergeben, ob es von den Cambas besetzt ist.«

Diese Absicht wurde ausgeführt. Er ritt mit Perillo und dem »tapfern Arme« voran, bis sie den Eingang erreichten, und blieb dann halten, um die andern an sich vorüber zu lassen. Der »tapfere Arm« aber gab der Schar, indem er sich rückwärts wendete und den Arm hoch emporhob, ein Zeichen, noch zu warten, und galoppierte dann zwischen den Thalwänden hinein. Als er nach kurzer Zeit zurückkehrte, meldete er:

»Es ist kein Mensch im Thale. Wir können getrost weiter.«

»Dann vorwärts!« kommandierte der Gambusino, indem er sein Pferd auf die Seite drängte, um, mit Perillo dort wie ein Feldherr haltend, den Kriegszug an sich vorüber zu lassen. Der Häuptling ritt voran; ihm folgten seine Abipones, hinter denen die weißen Soldaten kommen sollten. - - -