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„Ei, Ihr seid gar gütig und besorgt“, unterbrach ihn die Dame, indem sie sich verneigte und lächelte.

„denn er kommt doch nicht mehr gut zu Pferde fort“, sprach Kuno ganz ruhig weiter, „der Pater Joseph nämlich, der Schloßkaplan. Ich will ihn zu mir nehmen, er ist mein alter Lehrer, und wir haben es so abgemacht, als ich Zollern verließ. Will auch unten am Berge die alte Frau Feldheimerin mitnehmen. Lieber Gott! Sie ist jetzt steinalt und hat mir einst das Leben gerettet, als ich zum erstenmal ausritt mit meinem seligen Vater; habe ja Zimmer genug in Hirschberg, und dort soll sie absterben.“ Er sprach es und ging durch den Hof, um den Pater Schloßkaplan zu holen.

Aber der Junker Wolf biß vor Grimm die Lippen zusammen, die Frau Gräfin wurde gelb vor Ärger, und der kleine Schalk lachte laut auf. „Was gebt Ihr mir für meinen Gaul, den ich von ihm geschenkt kriege?“ sagte er. „Bruder Wolf, gib mir deinen Harnisch, den er dir gegeben, dafür. Ha, ha, ha, den Pater und die alte Hexe will er zu sich nehmen? Das ist ein schönes Paar, da kann er nun vormittags Griechisch lernen beim Kaplan und nachmittags Unterricht im Hexen nehmen, bei der Frau Feldheimerin. Ei! Was macht doch der dumme Kuno für Streiche.“

„Er ist ein ganz gemeiner Mensch!“ erwiderte die Frau Gräfin. „Und du solltest nicht darüber lachen, kleiner Schalk; das ist eine Schande für die ganze Familie, und man muß sich ja schämen vor der ganzen Umgebung, wenn es heißt, der Graf von Zollern hat die alte Hexe, die Feldheimerin, abgeholt in einer prachtvollen Sänfte und Maulesel dabei und läßt sie bei sich wohnen. Das hat er von seiner Mutter, die tat auch immer so gemein mit Kranken und schlechtem Gesindel. Ach, sein Vater würde sich im Sarge wenden, wüßte er es.“

„Ja“, setzte der kleine Schalk hinzu, „der Vater würde noch in der Gruft sagen: Weiß schon, dummes Zeug!“

„Wahrhaftig! Da kommt er mit dem alten Mann und schämt sich nicht, ihn selbst unter dem Arm zu führen“, rief die Frau Gräfin mit Entsetzen, „kommt, ich will ihm nicht mehr begegnen.“

Sie entfernten sich, und Kuno begleitete seinen alten Lehrer bis an die Brücke und half ihm selbst in die Sänfte; unten aber am Berge hielt er vor der Hütte der Frau Feldheimerin und fand sie schon fertig, mit einem Bündel voll Gläschen und Töpfchen und Tränklein und anderem Gerät nebst ihrem Buchsbaumstöcklein einzusteigen.

Es kam übrigens nicht also, wie die Frau Gräfin von Zollern in ihrem bösen Sinn hatte voraussehen wollen. In der ganzen Umgebung wunderte man sich nicht über Ritter Kuno. Man fand es schön und löblich, daß er die letzten Tage der alten Frau Feldheimerin aufheitern wollte, man pries ihn als einen frommen Herrn, weil er den Pater Joseph in sein Schloß aufgenommen hatte. Die einzigen, die ihm gram waren und auf ihn schmähten, waren seine Brüder und die Gräfin. Aber nur zu ihrem eigenen Schaden, denn man nahm allgemein ein Ärgernis an so unnatürlichen Brüdern, und zur Wiedervergeltung ging die Sage, daß sie mit ihrer Mutter schlecht und in beständigem Hader lebten und unter sich selbst sich alles mögliche zuleide täten. Graf Kuno von Zollern-Hirschberg machte mehrere Versuche, seine Brüder mit sich auszusöhnen; denn es war ihm unerträglich, wenn sie oft an seiner Feste vorbeiritten, aber nie einsprachen, wenn sie ihm in Wald und Feld begegneten und ihn kälter begrüßten als einen Landfremden. Aber seine Versuche schlugen fehl, und er wurde noch überdie s von ihnen verhöhnt. Eines Tages fiel ihm noch ein Mittel ein, wie er vielleicht ihre

Herzen gewinnen könnte, denn er wußte, sie waren geizig und habgierig. Es lag ein Teich zwischen den drei Schlössern, beinahe in der Mitte, jedoch so, daß er noch in Kunos Revier gehörte. In diesem Teich befanden sich aber die besten Hechte und Karpfen der ganzen Umgebung, und es war für die Brüder, die gerne fischten, ein nicht geringer Verdruß, daß ihr Vater vergessen hatte, den Teich auf ihr Teil zu schreiben. Sie waren zu stolz, um ohne Vorwissen ihres Bruders dort zu fischen, und doch mochten sie ihm auch kein gutes Wort geben, daß er es ihnen erlauben möchte. Nun kannte er aber seine Brüder, daß ihnen der Teich am Herzen liege; er lud sie daher eines Tages ein, mit ihm dort zusammenzukommen.

Es war ein schöner Frühlingsmorgen, als beinahe in demselben Augenblicke die drei Brüder von den drei Burgen dort zusammenkamen. „Ei! sieh da!“ rief der kleine Schalk. „Das trifft sich ordentlich! Ich bin mit Schlag sieben Uhr von Schalkberg weggeritten.“

„Ich auch - und ich“, antworteten die Brüder vom Hirschberg und vom Zollern.

„Nun, da muß der Teich hier gerade in der Mitte liegen“, fuhr der Kleine fort. „Es ist ein schönes Wasser.“

„Ja, und ebendarum habe ich euch hierherbeschieden. Ich weiß, ihr seid beide große Freunde vom Fischen, und ob ich gleich auch zuweilen gerne die Angel auswerfe, so hat doch der Weiher Fische genug für drei Schlösser, und an seinen Ufern ist Platz genug für unserer drei, selbst wenn wir alle auf einmal angeln kämen. Darum will ich von heute an, daß dieses Wasser Gemeingut für uns sei, und jeder von euch soll gleiche Rechte daran haben wie ich.“

„Ei, der Herr Bruder ist ja gewaltig gnädig gestimmt“, sprach der kleine Schalk mit höhnischem Lächeln, „gibt uns wahrhaftig sechs Morgen Wasser und ein paar hundert Fischlein! Nu - und was werden wir dagegen geben müssen? Denn umsonst ist der Tod!“

„Umsonst sollt ihr ihn haben“, sprach Kuno, „ach, ich möchte euch ja nur zuweilen an diesem Teich sehen und sprechen. Sind wir doch eines Vaters Söhne.“

„Nein“, erwiderte der vom Schalkberg, „das ginge schon nicht, denn es ist nichts Einfältigeres, als in Gesellschaft zu fischen, es verjagt immer einer dem andern die Fische. Wollen wir aber Tage ausmachen, etwa Montag und Donnerstag du, Kuno, Dienstag und Freitag Wolf, Mittwoch und Sonnabend ich - so ist es mir ganz recht.“

„Mir nicht einmal dann!“ rief der finstere Wolf. „Geschenkt will ich nichts haben und will auch mit niemand teilen. Du hast recht, Kuno, daß du uns den Weiher anbietest, denn wir haben eigentlich alle drei gleichen Anteil daran, aber lasset uns darum würfeln, wer ihn in Zukunft besitzen soll; werde ich glücklicher sein als ihr, so könnt ihr immer bei mir anfragen, ob ihr fischen dürftet.“

„Ich würfle nie“, entgegnete Kuno, traurig über die Verstocktheit der Brüder.

„Ja, freilich“, lachte der kleine Schalk, „er ist ja gar fromm und gottesfürchtig, der Herr Bruder, und hält das Würfelspiel für eine Todsünde. Aber ich will euch etwas vorschlagen, woran sich der frömmste Klausner nicht schämen dürfte. Wir wollen uns Angelschnüre und Haken holen, und wer diesen Morgen, bis die Glocke in Zollern zwölf Uhr schlägt, die meisten Fische angelt, soll den Weiher eigen haben.“

„Ich bin eigentlich ein Tor“, sagte Kuno, „um das noch zu kämpfen, was mir mit Recht als Erbe zugehört. Aber damit ihr sehet, daß es mir mit der Teilung Ernst war, will ich mein Fischgerät holen.“

Sie ritten heim, jeder nach seinem Schloß. Die Zwillinge schickten in aller Eile ihre Diener aus, ließen aller alten Steine aufheben, um Würmer zur Lockspeise für die Fische im Teiche zu finden, Kuno aber nahm sein gewöhnliches Angelzeug und die Speise, die ihn einst Frau Feldheimerin zubereiten gelehrt, und war der erste, der wieder auf dem Platze erschien. Er ließ, als die beiden Zwillinge kamen, diesen die besten und bequemsten Stellen auswählen und warf dann selbst seine Angel aus. Da war es, als ob die Fische in ihm den Herrn dieses Teiches erkannt hätten. Ganze Züge von Karpfen und Hechten zogen heran und wimmelten um seine Angeln. Die ältesten und größten drängten die kleinen weg, jeden Augenblick zog er einen heraus, und wenn er die Angel wieder ins Wasser warf, sperrten schon zwanzig, dreißig die Mäuler auf, um an den spitzigen Haken anzubeißen. Es hatte noch nicht zwei Stunden gedauert, so lag der Boden um ihn her voll der schönsten Fische. Da hörte er auf zu fischen und ging zu seinen Brüdern, um zu sehen, was für Geschäfte sie machten. Der kleine Schalk hatte einen kleinen Karpfen und zwei elende Weißfische; Wolf drei Barben und zwei kleine Gründlinge, und beide schauten trübselig in den Teich, denn sie konnten die ungeheure Menge die Kuno gefangen, gar wohl von ihrem Platze aus bemerken. Als Kuno an seinem Bruder Wolf herankam, sprang dieser halb wütend auf, zerriß die Angelschnur, brach die Rute in Stücke und warf sie in den Teich. „Ich wollte, es wären tausend Haken, die ich hineinwerfe, statt des einen, und an jedem müßte eine von diesen Kreaturen zappeln“, rief er; „aber mit rechten Dingen geht es nimmer zu, es ist Zauberspiel und Hexenwerk, wie solltest du denn, dummer Kuno, mehr Fische fangen in einer Stunde als ich in einem Jahr?“