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»Er hat das Schwert gefunden, Rone!«

Sofort stand Rone neben ihr. »Führ mich zu der Stelle, wo es zu finden ist, Kimber!« bat er. »Dann haben wir eine Waffe, mit der wir den Wandlern und allen anderen Wesen der Finsternis, die ihnen dienen mögen, entgegentreten können.« Brin kämpfte die Verbitterung nieder, die plötzlich in ihr aufwallte. Rone hat schon vergessen, wie wenig ihm das Schwert bei Allanons Verteidigung genützt hat, dachte sie. Sein Verlangen danach verzehrte ihn.

Cogline winkte sie dicht heran, während Kimber Wisper schnell etwas zuflüsterte. Dann machten sie sich an den Abstieg ins Lager der Gnomen. Sie kletterten den Hang hinab, an dem sie sich, tief in den Schatten der Kammlinie geduckt, versteckt gehalten hatten. Hier streifte sie kaum der Schein der fernen Feuer, und sie schlichen rasch weiter. Mahnungen gaben in Brins Kopf keine Ruhe und raunten ihr zu, daß sie umkehren müßte, daß sie auf diesem Weg nichts Gutes erwartete. Zu spät, flüsterte sie zurück. Zu spät.

Das Lager rückte näher. Im allmählich heller werdenden Feuerschein waren die Gnomen deutlicher zu erkennen, wie sie als gebückte Gestalten wie die Insekten, nach denen sie benannt waren, über Hütten und Unterschlupfe krabbelten. Sie boten einen scheußlichen Anblick mit ihrer Behaarung, den scharfen, hektisch suchenden Augen und den gebeugten, krummen Leibern, die einem Alptraum entsprungen schienen. Sie huschten zu Dutzenden umher, tauchten aus dem schummrigen Licht und verschwanden wieder und fiepten einander in einer Sprache zu, der kaum noch etwas Menschliches anhaftete. Und die ganze Zeit über versammelten sie sich unablässig vor der Nebelwand und sangen in dumpfen, melodischen Rhythmen.

Die Moorkatze und ihre vier Begleiter schlichen lautlos am Rand des Lagers entlang und gelangten so im Bogen auf die andere Seite. Der Nebel zog in Schwaden an ihnen vorüber, die sich fetzenartig aus der Wand gelöst hatten, die reglos über der weiten Fläche des Moors hing. Er war feucht und klebrig und unangenehm warm, wo er ihre Haut streifte. Brin wischte ihn angeekelt fort.

Wisper vor ihnen blieb stehen, und seine Kulleraugen schwenkten herum, um seine Herrin zu suchen. Brin, der nun der Schweiß in Strömen über ihren Körper floß, ließ den Blick umherschweifen und gab sich alle Mühe, nicht die Beherrschung zu verlieren. Die Dunkelheit lebte von Schatten und Bewegung, war erfüllt von der Hitze der Herbstnacht und dem Summen der Spinnengnomen, die am Moor sangen.

»Wir müssen ins Lager hinunter«, sagte Kimber, deren Stimme nur ein leises, erregtes Flüstern war.

»Jetzt könnt ihr sie mal laufen sehen!« gackerte Cogline frohlockend. »Aber gebt acht, daß ihr ihnen dabei nicht in die Quere kommt!«

Ein Wort von dem Mädchen, und Wisper wandte sich hinab zum Gnomenlager. Der riesenhafte Kater schlich lautlos durch den Nebel auf die nächste Ansammlung von Hütten und Unterschlupfen zu. Kimber, Cogline und Rone folgten ihm tief geduckt. Brin blieb etwas hinter ihnen zurück, und ihre Augen versuchten, die Nacht zu durchdringen.

Zu ihrer Linken bewegte sich etwas am Rand des Feuerscheins, kroch zwischen Steinen hindurch und verschwand im hohen Gras. Andere Wesen tauchten weiter entfernt rechts von ihnen auf und wankten auf die Töne des Gesangs und auf die Nebelwand zu. Rauch von den Feuern wurde Brin in die Augen getrieben und vermischte sich scharf und beißend mit den Nebelschwaden.

Und auf einmal konnte sie nichts mehr sehen. Wut und Angst stiegen in ihr auf. Ihre Augen tränten, und sie rieb sie mit den Händen...

Plötzlich brach ein schriller Schrei aus der Finsternis, übertönte den leiernden Gesang und ließ die Nacht ringsum erstarren. Vor ihnen sprang ein Spinnengnom zwischen den Schatten hervor und versuchte verzweifelt, der riesigen Moorkatze zu entkommen, die plötzlich auf seinem Weg auftauchte. Wisper sprang mit lautem Gebrüll auf ihn zu, schleuderte den fuchtelnden Gnomen beiseite, als wäre er ein Stückchen Reisig und verscheuchte ein Dutzend weitere, die ihnen den Weg versperrten. Kimber, dicht neben der Riesenkatze, war nur als schlanke, behende Gestalt in der Dunkelheit zu erkennen. Cogline und Rone, unmittelbar hinter den beiden, brüllten wie von Sinnen. Verzweifelt lief Brin hinter ihnen allen her und mußte sich alle Mühe geben, mit ihnen Schritt zu halten.

Unter der Führung der Moorkatze stürmten sie geradewegs ins Zentrum des Lagers. Spinnengnomen flüchteten als pelzige, geduckte, zwitschernde Schatten an ihnen vorüber, heulten auf und suchten sich zu verkriechen. Die Gruppe raste auf die nächste Feuerstelle zu. Cogline machte langsamer und faßte nach dem Inhalt des Lederbeutels an seinem Gürtel. Er zog eine Handvoll schwarzen Pulvers heraus und warf es direkt in die Flammen. Sogleich erschütterte eine Explosion das Tiefland, als das Feuer wie ein Geysir mit einem Schauer von Funken und brennenden Holzstückchen himmelwärts schoß. Der Singsang an der Nebelwand erstarb, als das Geschrei der Gnomen im Lager anschwoll. Die Vier stürzten an einem weiteren Feuerplatz vorüber, und wieder schleuderte Cogline das schwarze Pulver in die Flammen. Ein zweites Mal erbebte die Erde und erfüllte die Nacht mit grellem Lichtschein, so daß die Spinnengnomen in alle Richtungen davonstieben.

Weit vorn setzte Wisper wie ein riesiges Gespenst durch den Feuerschein und sprang auf eine hohe, grob gezimmerte Plattform, die sich in der Nähe der Nebelwand erhob. Die Plattform splitterte und brach unter dem Gewicht des Tiers mit lautem Krachen zusammen, und eine Sammlung von Gefäßen, geschnitzten Holzgegenständen und blitzender Waffen übersäte den Boden.

»Das Schwert!« schrie Rone über das Getöse der kreischenden Gnomen hinweg. Er stieß die pelzigen Gestalten, die sich ihm in den Weg stellen wollten, beiseite und stürmte nach vorn. Einen Augenblick später stand er neben Wisper und fischte aus den herabgefallenen Schätzen eine schlanke, ebenholzschwarze Klinge.

»Leah! Leah!« brüllte er, schwenkte triumphierend das Schwert von Leah über seinen Kopf und drängte eine Handvoll Gnomen zurück, die auf ihn zustürzten.

Rund um sie her brachen nun Explosionen aus, wo Cogline das Schwarzpulver in die Gnomenfeuer warf. Das ganze Tiefland war in gelben Schein getaucht, der von der geschwärzten, verkohlten Erde himmelwärts schoß. Überall hatte das Gras Feuer gefangen. Rauch und Nebel verdichteten sich und zogen über das Lager, so daß allmählich alles darin verschwand. Brin lief weiter hinter den anderen her, die sie im Eifer des Gefechts völlig vergessen hatten, und der Abstand zwischen ihnen wurde immer größer. Sie hatten nun die umgestürzte Plattform hinter sich gelassen und wandten sich der Bergkette zu. Sie waren kaum mehr als verschwommene Gestalten im Dunst von Rauch und Nebel und nur noch ganz undeutlich zu sehen.

»Rone, warte!« rief Brin verzweifelt.

Spinnengnomen liefen von überall her an ihr vorüber und schnatterten besessen. Ein paar wollten mit ihren behaarten Gliedmaßen nach ihr greifen, hakten ihre verwachsenen Finger in ihre Kleider und zerrten daran. Sie schlug heftig nach ihnen, riß sich los und lief weiter, um die anderen einzuholen. Aber es waren zu viele. Sie bedrängten sie von allen Seiten. In ihrer Verzweiflung setzte sie das Wünschlied ein; der seltsame, betäubende Schrei schleuderte sie unter entsetztem Aufheulen von ihr fort.

Dann stürzte sie mit dem Gesicht nach unten ins hohe Gras, daß ihr Schmutz in Augen und Mund drang. Etwas Schweres hatte sie angesprungen, und eine Masse von Sehnen und Haar schlang sich dicht um sie. In diesem Augenblick verlor sie die Beherrschung über sich, und Angst und Ekel bemächtigten sich ihrer so stark, daß sie nicht mehr vernünftig denken konnte. Sie taumelte auf Hände und Knie hoch, doch das Ding, das sie nicht sehen konnte, hielt sie immer noch umklammert. Sie setzte das Wünschlied mit aller Raserei ein, die sie aufbieten konnte. Es brach wie eine Explosion von ihren Lippen, und das Wesen auf ihrem Rücken wurde in Stücke gerissen, zerfetzt von der Macht des Zaubers.

Dann fuhr Brin herum und sah, was sie getan hatte. Ein Spinnengnom lag zerschlagen und tot auf den Felsen hinter ihr, und wirkte im Tode eigentümlich klein und zerbrechlich. Sie starrte die zerschmetterte Gestalt an und empfand für einen kurzen Augenblick ein seltsames, furchterregendes Gefühl von Triumph.