Выбрать главу

Dann zischte es noch einmal aus der Grube, und diesmal erbebte der Turm selbst von diesem rätselhaften Geräusch.

»Schaut in seinen Schlund hinab!« Allanons Stimme klang heiser.

Der Hochländer und das Mädchen aus dem Tal spähten vom Rand des Absatzes in die Grube. Tief drunten schlug brodelnder grüner Nebel wie flüssiges Feuer gegen die Wände des Turmes. Das Zischen, das er von sich gab, klang wie eine unheimliche, haßerfüllte Stimme. Langsam heftete sich der Nebel an die Mauern und zog durchs Gestein, als wäre es Wasser. Und dann begann er gemächlich höherzusteigen.

»Er kommt heraus!« wisperte Rone.

Der Nebel zog sich wie ein Lebewesen an den Felsquadern der Mauern empor. Meter um Meter krallte er sich höher zu der Stelle, wo sie standen.

Nun war Allanon wieder neben ihnen, zerrte sie vom Rand des Absatzes zurück und zog ihre Gesichter nah an sein eigenes. Seine dunklen Augen blitzten wie Feuer.

»Flieht jetzt!« befahl er. »Blickt nicht zurück. Wendet euch weder nach rechts noch nach links um. Flieht aus der Festung und von diesem Berg!«

Dann stieß er die Turmtüren mit großer Wucht auf und trat hinaus in die Säle der Festung. Es wimmelte überall von Gnomen-Jägern; sie fuhren herum, als er erschien, und ihre derben, gelben Züge waren vor Überraschung wie erstarrt. Blaues Feuer loderte von den ausgestreckten Händen des Druiden und brannte sich in sie hinein, daß sie wie Blätter von einem plötzlichen Wind zurückgeschleudert wurden. Schreie brachen aus ihren Kehlen, als das Feuer sie traf, und sie liefen entsetzt vor diesem finsteren Rächer davon. Einer der Mordgeister tauchte auf, ein schwarzes, in seinen Gewändern gesichtslosen Ding. Blaues Feuer schoß mit erstaunlicher Macht in dieses Wesen, als der Druide zu ihm herumwirbelte, und einen Augenblick später war es zu Asche zerfallen.

»Lauft!« rief Allanon zum leeren Türrahmen zurück, wo Brin und Rone wie versteinert standen.

Sie folgten schnell seinem Befehl, liefen an Gnomen vorbei, die tot im Weg lagen und rasten durch das rauchige Fackellicht auf die Gänge zu, durch welche sie hergekommen waren. Die Hallen blieben nur einen Moment lang leer, dann tauchten die Gnomen wieder auf und gingen zum Gegenangriff über; sie bildeten einen massiven Keil gepanzerter, gelber Gestalten, die vor Wut heulten und an deren Gürtel Speere und Kurzschwerter blitzten. Allanon brach die Schlachtenreihe mit einem einzigen Stoß Druidenfeuer auf und machte ihnen den Weg frei. Eine zweite Gruppe wogte aus einem Seitenkorridor auf sie zu, als sie versuchten, daran vorbeizuhasten, und Rone drehte sich um und hob das Schwert von Leah. Er stieß den Schlachtruf seiner Heimat aus, als die Gnomen auf ihn eindrangen und stürzte sich mitten in sie hinein.

Hinter ihnen tauchte ein weiterer Mordgeist auf, und vor ihnen noch einer. Rotes Feuer schoß aus ihren schwarzen Händen auf Allanon zu, doch der Druide wehrte den Angriff mit seinem eigenen Feuer ab. Flammen prasselten rings umher in wildem Durcheinander, und Wände und Tapisserien gerieten in Brand, Brin wich an eine Wand zurück und legte schützend den Arm vor die Augen, und Rone und Allanon kämpften zu beiden Seiten der Stelle, an der sie sich niederkauerte. Gnomen strömten aus allen Richtungen auf sie zu, und nun waren auch mehr Mordgeister zu sehen — schweigsame, schwarze Ungeheuer, die aus dem Dunkel auftauchten und sie angriffen. Rone Leah löste sich aus dem Kampf mit den Gnomen und sprang zu einem, der sich ganz nahe herangewagt hatte. Schon sauste die ebenholzschwarze Klinge des Schwertes von Leah herab und zerschlug den Geist in Aschepartikel. Flammen loderten von den Angriffen ringsum gegen seinen Körper, doch er tat sie mit einem Achselzucken ab, da die schwarze Klinge die Wucht ihrer Feuerkraft wirkungslos machte. Mit wütendem Geheul bahnte er sich den Rückzug bis zu der Stelle, wo Brin zusammengesunken an der Wand kauerte. Gewaltige Hochstimmung ließ sein Gesicht strahlen, und Linien verwaschenen Grüns zogen wilde Kreise im schwarzen Metall des Schwertes. Er packte sie am Arm, riß sie hoch und schob sie vor sich her. Dort kämpfte Allanon den Weg zur Tür frei, durch welche sie von den unterirdischen Gewölben gekommen waren, und seine schwarze Gestalt ragte hoch aus Rauch, Feuer und ringsum ringenden Leibern wie ein zu Leben erwachter Schatten des Todes.

»Durch die Tür, Hochländer!« brüllte der Druide und schleuderte die Angreifer fort, die versuchten, ihn von der Seite zu Boden zu reißen.

Ein plötzlicher Ausbruch roten Feuers umhüllte sie alle, so daß sie von seiner Wucht für einen Augenblick wie gelähmt waren. Allanon hatte sich umgedreht und von seinen Händen strömte Druidenfeuer und errichtete eine massive, blaue Wand, die sie sogleich vor ihren Verfolgern schützte. Irgendwie hatten sie dann das Feuer der Mordgeister hinter sich gelassen, rasten an ein paar verstreuten Gnomen vorüber, die vergeblich versuchten, sie bei ihrer Flucht aufzuhalten. Schreie und Rufe hallten durch die Druidenfestung, als sie bei der Tür anlangten, welche sie suchten. Einen Augenblick später hatten sie sie geöffnet und kamen unbeschadet hindurch.

Plötzliche Dunkelheit hüllte sie ein wie ein Leichentuch. Das Heulen ihrer Gegner verstummte augenblicklich hinter dem Tor, durch welches sie gekommen waren. Allanon hob rasch die abgelegten Fackeln auf, entzündete sie wieder, und die drei Gefährten rannten zurück durch die Katakomben. Sie liefen hinab durch Gänge und Treppenschächte. Hinter ihnen erschallten noch einmal grell die Schreie der Verfolger, aber der Weg vor ihnen war nun frei. Sie stürzten hinab in den Heizungsraum, vorbei an Erdfeuer und Maschinengetöse zu der Stelle, wo die Stufen sie tief in den Kern des Berges führten. Noch immer versperrte ihnen niemand den Weg.

Dann drang plötzlich ein neues Geräusch an ihre Ohren, es war noch fern, gellte aber vor Entsetzen. Es erreichte sie als einziges, endloses Klagen, aus dem das nackte Grauen sprach.

»Es geht los!« rief Allanon zu ihnen zurück. »Nun aber schnell!«

Sie liefen wie von Sinnen, als das Jammern hinter ihnen rasend wurde. Etwas Unaussprechliches widerfuhr jenen, die sich in der Festung befanden.

Ach, der Nebel! schrie Brin in das Schweigen.

Sie flohen die Stufen hinab, die zum Fuß des Berges führten, folgten den Biegungen und Kurven des Ganges und hörten die ganze Zeit über das Kreischen derer, die hinter ihnen in der Falle saßen. Es kamen Treppen in endloser Zahl und blieben hinter ihnen zurück, und sie rannten immer weiter.

Dann endlich waren die Treppen zu Ende, und der im Gestein der Felswand verborgene Eingang ragte plötzlich vor ihnen in die Höhe. Allanon stürzte eilends hindurch und führte sie fort, vom Berg weg ins kühle Dunkel des dahinterliegenden Waldes.

Und die Schreie schallten immer noch hinter ihnen her.

Die Nacht verflog. Es war kurz vor Tagesanbruch, als sie ihre Pferde aus dem Tal von Paranor führten. Erschöpft und zerlumpt machten sie an einem Felsüberhang auf höher liegendem Gelände östlich von der Bergspitze der Burg halt und schauten dorthin zurück, wo grüner Nebel unheilvoll die alte Festung umwaberte und sie vor ihrem Blick verdeckte. Der Himmel wurde heller, und der Nebel verflüchtigte sich schließlich mit der Zeit, wie ein gelüftetes Leichentuch. Schweigsam sahen sie zu, wie er sich auflöste.

Dann brach die Dämmerung an, und der Nebel war fort.

»Es ist vorüber«, flüsterte Allanon in die Stille.

Brin und Rone Leah starrten fassungslos. Unter ihnen erhob sich der Berggipfel, auf dem einst die Druiden-Festung gestanden hatte, ins Licht der Morgensonne — kahl und leer bis auf eine Gruppe verfallender Nebengebäude. Die Burg der Druiden war verschwunden.

»So war es in den Geschichtsbüchern zu lesen; so war es vorhergesagt«, fuhr Allanon ruhig fort. »Brimens Geist kannte die Wahrheit. Älter als die Zeit der Feste war die Magie, erdacht, sie wieder fortzuschließen. Nun ist sie dahin zurückgekehrt in das Gestein des Berges und mit ihr all jene, die in ihr eingeschlossen waren.« In seinem dunklen Gesicht stand schreckliche Traurigkeit. »So geht es zu Ende. Paranor ist dahin.«