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Das Stimmengewirr murmelte zustimmend, Browork nickte. »So soll es sein.« Er sah sich schweigend in dem Saal um, sein Blick wanderte von einem Gesicht zum nächsten, suchend, wartend, daß einer die Herausforderung annähme.

»Ich werde mitgehen.«

Jair schaute sich langsam um. Garet Jax war einen einzigen Schritt nach vorn getreten, und seine grauen Augen wirkten ausdruckslos, als er sich dem Rat stellte.

»Der König vom Silberfluß hat dem Talbewohner versprochen, daß ich sein Beschützer sein würde«, sagte er leise. »Nun gut. Das Versprechen soll eingelöst werden.«

Browork nickte und schaute sich dann noch einmal im Raum um. »Wer von euch wird noch mitgehen?« fragte er.

Elb Foraker stemmte sich von der Wand ab, an der er gelehnt hatte, und kam herüber zu seinem Freund. Wieder ließ Browork den Blick über die Versammlung schweifen. Einen Augenblick später rührte sich jemand bei den Männern von Callahorn. Ein riesenhafter Grenzbewohner erhob sich; er hatte schwarzes Haar, und ein kurzgeschorener Bart umrahmte sein langes, eigentümlich sanftes Gesicht.

»Ich werde mitkommen«, brummte er und stellte sich zu den anderen.

Jair trat unwillkürlich einen Schritt zurück. Der Grenzbewohner war fast so ein Hüne wie Allanon.

»Halt«, sprach Browork ihn an. »Die Männer von Callahorn müssen diese Aufgabe nicht zu der ihren machen.«

Der große Mann zuckte mit den Schultern. »Wir kämpfen gegen denselben Feind, Ältester. Die Aufgabe reizt mich, und ich möchte dabeisein.«

Dann plötzlich stand Edain Elessedil auf. »Ich möchte auch mitgehen, Ältester.«

Browork zog die Stirn kraus. »Ihr seid ein Elfenprinz, junger Edain. Ihr seid mit den Elfen-Jägern hier, um Schulden zu begleichen, die nach Ansicht Eures Vaters aus der Zeit stammen, da die Zwerge in Arborlon an seiner Seite kämpften. Schön und gut. Doch ihr treibt die Höhe der Schuld zu hoch. Euer Vater würde das nicht gutheißen. Überlegt es Euch noch einmal.«

Der Elfenprinz lächelte. »Es gibt nichts mehr zu bedenken, Browork. Die Schuld besteht in diesem Falle nicht gegenüber den Zwergen, sondern gegenüber dem Talbewohner und seinem Vater. Vor zwanzig Jahren ging Wil Ohmsford mit einer Elfen-Erwählten auf die Suche nach einem Glücksbringer, der die Dämonen vernichten sollte, die sich aus der Verfemung befreit hatten. Er setzte für meinen Vater und für mein Volk sein Leben aufs Spiel. Nun habe ich die Gelegenheit, für Wil Ohmsford das gleiche zu tun — seinen Sohn zu begleiten und dafür zu sorgen, daß er findet, was er sucht. Ich bin so fähig wie jeder andere Mann hier und möchte mitgehen.«

Noch immer runzelte Browork die Stirn. Garet Jax schaute zu Foraker. Der Zwerg zuckte nur mit den Schultern. Der Waffenmeister sah einen Augenblick zu dem Elfenprinzen hinüber, als wollte er die Ernsthaftigkeit seines Engagements oder vielleicht auch nur seine Chance zu überleben ermessen, und nickte dann langsam.

»Nun gut«, willigte Browork ein. »Also fünf.«

»Sechs«, erklärte Garet Jax gelassen. »Genau ein halbes Dutzend, damit es Glück bringt.«

Browork schaute verwundert drein. »Wer ist der sechste?«

Garet Jax drehte sich langsam um und deutete auf Spinkser. »Der Gnom.«

»Was?« Spinkser fiel das Kinn herab. »Ihr könnt nicht über mich bestimmen!«

»Das habe ich bereits getan«, erwiderte der andere. »Ihr seid der einzige hier, der schon an dem Ort war, der sein Ziel ist. Ihr kennt den Weg, Gnom, und Ihr werdet ihn uns zeigen.«

»Nichts werde ich euch zeigen!« Spinkser war bleich, sein Gesicht von Wut verzerrt. »Dieser Junge... dieser Teufel... er hat Euch dazu gebracht! Na, Ihr habt keine Macht über mich! Ich werde euch alle den Wölfen vorwerfen, wenn Ihr mich zum Mitgehen zwingt!«

Garet Jax trat auf ihn zu, seine schrecklichen, grauen Augen waren kalt wie Eis. »Das wäre höchst unangenehm für Euch, Gnom, denn bei Euch wären die Wölfe zuerst. Nehmt Euch einen Augenblick Zeit und denkt darüber nach.«

In der Versammlung kehrte Totenstille ein. Waffenmeister und Gnom standen einander reglos Auge in Auge gegenüber. In den Augen des Mannes in Schwarz stand der Tod; in Spinksers Augen Zögern. Doch der Gnom wich nicht zurück. Er blieb an Ort und Stelle stehen, kochte vor Zorn und saß in der Falle, die er selbst geschmiedet hatte. Langsam wanderte sein Blick zu Jair und in diesem Augenblick empfand der Talbewohner unwillkürlich Mitleid für den Gnomen.

Spinksers Nicken war kaum wahrzunehmen. »Wie es scheint, habe ich keine Wahl«, murmelte er. »Ich bringe euch hin.«

Garet Jax drehte sich wieder zu Browork um. »Sechs.«

Der Zwergenälteste zögerte und seufzte dann resignierend. »Also sechs«, verkündete er leise. »Das Glück stehe euch bei.«

15

Als spät am nächsten Vormittag ihre Vorbereitungen abgeschlossen waren, brach die kleine Gesellschaft aus Culhaven zum unteren Anar auf. Jair, Spinkser, Garet Jax, Elb Foraker, Edain Elessedil und der Grenzbewohner Helt schlüpften bewaffnet und mit Proviant versehen ruhig aus dem Dorf und waren fort, fast ohne daß jemand es bemerkt hätte. Nur Browork war da, um ihnen Lebewohl zu wünschen, sein betagtes Antlitz widerspiegelte eine Mischung von Überzeugung und Zweifel. Jair versprach er, daß er den Ohmsford-Eltern eine Warnung vor den Mordgeistern zukommen ließe, ehe die nach Shady Vale zurückkehrten. Alle anderen verabschiedete er mit einem kräftigen Händedruck und einem Wort der Ermutigung. Nur Spinkser zeigte sich verständlicherweise nicht besonders erbaut über die guten Wünsche. Ansonsten begleiteten keine weiteren großen Worte ihren Aufbruch; der Ältestenrat und die anderen Anführer, sowohl der Zwerge wie der Ausländer, die an der Versammlung des vorangegangenen Abends teilgenommen hatten, blieben in ihrer Meinung über die Klugheit des Unterfangens gespalten. Und wäre die Wahrheit ausgesprochen worden, befürchtete die Mehrheit, daß das Unternehmen von Anbeginn an dem Untergang geweiht war.

Doch der Beschluß war nun einmal gefaßt, also brach die Gruppe auf. Sie gingen ohne Eskorte trotz großer Einwände der Elfen-Jäger, die Edain Elessedil von seiner Heimatstadt Arborlon in den Osten begleitet hätten und sich in hohem Maß für die Sicherheit ihres Prinzen verantwortlich fühlten. Sie stellten freilich nur eine symbolische Streitmacht dar, die von Andor Elessedil eilends zusammengestellt worden war, sobald ihn der Hilferuf von Browork erreicht hatte, bis eine größere Truppe mobilisiert und angesichts der Verpflichtung gegenüber den Zwergen für ihren Beistand im Dämonen-Elfen-Krieg vor zwanzig Jahren abgestellt werden könnte. Edain Elessedil war als Stellvertreter seines Vaters geschickt worden, doch ohne eine wirkliche Erwartung, daß er in die Schlacht ziehen müßte, wenn nicht gerade die Gnomen-Heere auf Culhaven vorrückten. Sein Angebot, sich der Gruppe bei ihrer Mission ins Feindesland anzuschließen, war völlig unerwartet gekommen. Doch die Elfen-Jäger konnten kaum etwas dagegen unternehmen — denn der Prinz mochte in der Angelegenheit schließlich frei entscheiden — so daß sie schließlich nur darauf drängen konnten, ebenfalls mitzugehen. Auch andere Zwerge oder Grenzleute wären noch gerne mit aufgebrochen, doch sie wurden alle abgewiesen. Garet Jax traf die Entscheidung und die anderen der Sechsergruppe einschließlich Spinkser gaben ihm recht. Je kleiner der Trupp, um so größer seine Mobilität und Unauffälligkeit und um so größer seine Chancen, ungesehen die Wälder des Anar zu durchstreifen. Mit der unvermeidlichen Ausnahme von Jair — und er besaß den Zauber, der ihn beschützen konnte, wie er sie erinnerte — waren alle im Überleben trainiert, geschickte Profis. Sogar Edain Elessedil war von Mitgliedern der königlichen Bürgerwehr in den Jahren bis zum Mannesalter unterwiesen worden. Je weniger sie waren, desto besser wäre es für sie.

Also machten sich nur die sechs — zu Fuß, da die Waldwildnis jede andere Reisemöglichkeit verbot — in die dunklen Wälder ostwärts von dem Zwergendorf auf ihren Weg und folgten dem Lauf des Silberflusses. Browork sah ihnen nach, bis sie zwischen den Bäumen verschwunden waren, und kehrte dann wieder nach Culhaven und an die Arbeit, die ihn dort erwartete, zurück.