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„Wenn ja, dann muß ein Mann namens Cogline hier wohnen — oder zumindest hat er bis vor zwei Jahren hier gewohnt. Und davor muß er jahrelang hier gelebt haben, hat man uns erzählt. Wenn Ihr also schon einige Zeit hier draußen seid, müßt Ihr etwas über ihn wissen.“

Der alte Mann schwieg einen Augenblick und zog nachdenklich die buschigen Augenbrauen zusammen. Dann schüttelte er entschieden den zottigen Kopf. „Ich habe euch schon einmal erklärt, daß ich noch nie von ihm gehört habe. Hier gibt’s keinen mit diesem Namen, weder jetzt noch früher. Niemanden.“

Aber Brin hatte etwas in den Augen des alten Mannes beobachtet. Sie trat einen Schritt näher und blieb vor ihm stehen. „Ihr kennt den Namen, nicht wahr? Cogline — ihr kennt ihn.“

Der Alte gab nicht nach. „Vielleicht, vielleicht auch nicht. Jedenfalls muß ich dir das nicht auf die Nase binden!“

Brin deutete mit dem Zeigefinger auf seine Brust. „Ihr seid Cogline, stimmt’s?“

Der alte Mann brach in heftiges Gelächter aus. „Ich? Cogline? Ha, ha, das wäre ja witzig! Da hätte ich ja eine Menge Talent! Haha, das ist ja ein Witz!“

Das Talmädchen und der Hochländer beobachteten ihn fassungslos, wie er unter hysterischem Gelächter vornüberkippte und sich zu Boden fallen ließ. Rone nahm Brin am Arm und zog sie zu sich herum.

„Um der Katze willen. Brin — der Alte ist verrückt!“ flüsterte er.

„Was sagst du da? Verrückt bin ich?“ Der Greis war wieder auf den Beinen und sein faltiges Gesicht von Zorn gerötet. „Ich sollte dir zeigen, wie verrückt ich bin! Und jetzt raus aus meinem Haus! Ich wollte euch von Anfang an nicht hierhaben, und ich will euch immer noch nicht! Raus!“

„Wir wollten Euch nichts Böses“, versuchte ein verlegener Rone sich zu entschuldigen.

„Raus, raus, raus! Ich werde euch in Rauchwölkchen verwandeln! Ich werde euch in Brand stecken und zusehen, wie ihr verbrennt. Ich werde... ich werde...“

Er hüpfte in unbeherrschtem Zorn auf und ab, seine knochigen Hände ballten sich zu Fäusten, und sein zottiges, weißes Haar flog in alle Richtungen. Rone trat hinzu, um ihn zu beruhigen.

„Bleib mir vom Leib!“ kreischte der andere laut und streckte einen dünnen Arm wie eine Waffe aus. Der Hochländer blieb auf der Stelle stehen. „Bleib zurück! Oh, wo steckt nur dieser dumme...! Wisper!“

Rone schaute sich erwartungsvoll um, doch niemand erschien. Der alte Mann war inzwischen außer sich vor Wut, wirbelte herum, brüllte in den dunklen Wald und ruderte mit den Armen wie mit Windmühlenflügeln.

„Wisper! Wisper! Komm sofort hierher und beschütze mich vor diesen Unruhestiftern! Wisper, zum Teufel mit dir! Willst du zulassen, daß sie mich umbringen? Muß ich mich ihnen einfach widerstandslos ergeben? Wozu bist du eigentlich nutze, du Dummkopf...! Ich hätte nie meine Zeit mit dir vergeuden sollen! Komm heraus! Auf der Stelle!“

Das Talmädchen und der Hochländer beobachteten die Possen des Alten mit einer Mischung aus Argwohn und Erheiterung. Wer immer Wisper war, offenbar hatte er vor einiger Zeit beschlossen, daß er mit alledem nichts zu tun haben wollte. Doch der alte Mann war nicht bereit aufzugeben. Er hüpfte weiter hysterisch herum und brüllte in die Leere. Schließlich drehte Rone sich wieder zu Brin um.

„So kommen wir nicht weiter“, erklärte er und sprach bewußt leise. „Machen wir uns auf den Weg und sehen zu, wie wir uns auf eigene Faust durchschlagen. Der alte Mann hat offensichtlich den Verstand verloren.“

Aber Brin schüttelte den Kopf, als sie an die Worte des Holzfällers Jeft über Cogline denken mußte: ein merkwürdiger Kauz, verrückter als ein Esel auf dem Eis. „Laß es mich noch einmal versuchen“, entgegnete sie.

Sie ging auf den alten Mann zu, doch der fuhr sie sogleich an. „Du willst nicht auf mich hören, wie? Ich warne dich zum letzten Mal. Wisper! Wo steckst du? Komm hier heraus. Komm her! Komm her!“

Brin blieb unwillkürlich stehen und schaute sich um. Es war noch immer nichts zu sehen. Dann stapfte Rone an ihr vorbei und winkte ungeduldig.

„Nun hört mal her, alter Mann. Was genug ist, ist genug. Hier gibt es niemanden außer Euch und uns, also hör auf mit diesem...“

„Ha, niemanden außer mir, glaubt ihr?“ Der Alte sprang triumphierend in die Höhe und landete in geduckter Haltung. „Ich werde euch zeigen, wer hier ist, ihr... ihr Eindringlinge! Kommt nur mit zu mir, ja? Ich werde es euch schon zeigen! Wisper! Wisper! Verdammter...“

Rone schüttelte hoffnungslos den Kopf und grinste, als plötzlich wie aus dem Nichts keine zehn Meter vor ihm der größte Kater auftauchte, den er jemals in seinem Leben gesehen hatte. Er war von dunkelgrauer Grundfarbe mit schwarzen Streifen an den Flanken, die nach oben über seinen schräg abfallenden Rücken liefen, mit schwarzem Gesicht, schwarzen Ohren, schwarzem Schwanz und breiten, fast schwerfällig wirkenden schwarzen Pfoten; das Tier maß gut über drei Meter und sein massiger, zottiger Kopf befand sich in gleicher Höhe zu dem seinen. Geballte Muskeln zuckten unter dem seidigen Fell, als er sich träge schüttelte und Hochländer und Talmädchen aus funkelnden, zusammengekniffenen, leuchtenden, tiefblauen Augen musterte. Er schien sie einen Augenblick lang abzuschätzen und öffnete dann den Rachen zu einem lautlosen Gähnen, das blitzende, rasiermesserscharfe Zähne entblößte.

Rone Leah schluckte schwer und blieb reglos stehen.

„Aha, das findest du nicht so witzig, möchte ich wetten!“ prahlte der alte Mann hämisch und begann fröhlich zu kichern, während er auf mageren Beinen umhertanzte. „Dachtest, ich wäre verrückt, wie? Dachtest, ich spräche mit mir selbst, wie? Na, und was denkst du jetzt?“

„Keiner hat Euch etwas Böses gewollt“, wiederholte Brin, als die riesige Katze Rone neugierig betrachtete.

Der Alte schob sich einen Schritt nach vorn; seine Augen funkelten unter dem buschigen Haar, das ihm über die runzlige Stirn fiel.

„Denkst du, er würde dich gern verspeisen? Ist es das, was dir durch den Kopf geht? Ja, er wird hungrig, der alte Wisper. Ihr beide gäbet ein leckeres Betthupferl für ihn ab. Ha! Na, was ist? Ihr seht ein bißchen blaß aus, als ob euch nicht so gut wäre. Zu schade, zu schade das. Vielleicht solltet ihr...“

Das Grinsen wich plötzlich aus seinem Gesicht. „Wisper, nein! Wisper, nein, warte, laß das sein...“

Und bei diesen Worten verschwand die Katze einfach und war fort, fast so, als hätte sie sich in Luft aufgelöst. Einen Augenblick lang starrten sie alle drei auf die Stelle, wo sie eben noch gesessen hatte. Dann stampfte der alte Mann ärgerlich mit dem Fuß auf und trat in die leere Luft vor sich.

„Zum Teufel mit dir! Hör sofort damit auf, verstanden! Zeig dich, du dummes Tier, oder ich...“ Er verstummte zornig und musterte dann Brin und Rone. „Verschwindet aus meinem Haus. Raus hier!“

Rone Leah hatte nun genug. Ein verrückter alter Kerl und ein Kater, der sich in Luft auflöste, waren einfach zuviel für ihn. Er wirbelte wortlos herum, stapfte an Brin vorbei und knurrte ihr zu, daß sie ihm folgen sollte. Aber Brin zauderte und wollte noch immer nicht aufgeben.

„Ihr versteht einfach nicht, wie wichtig das ist!“ rief sie aufgeregt. Der Greis erstarrte. „Ihr könnt uns nicht einfach so abwimmeln. Wir brauchen Eure Hilfe! Bitte, sagt uns, wo wir den alten Mann namens Cogline finden.“

Der Alte sah sie schweigend an; sein dürrer Körper war gekrümmt, die zottigen Augenbrauen mürrisch zusammengezogen. Dann warf er unvermittelt die Hände in die Luft und schüttelte resigniert das weiße Haupt.

„Nun gut — was ihr wollt, wenn ich euch damit nur loswerde!“ Er seufzte tief und gab sich alle Mühe, niedergeschlagen zu wirken. „Versteht ihr, es wird euch keinen Deut weiterhelfen — keinen Deut!“

Das Talmädchen wartete wortlos. Rone hinter ihr hatte sich wieder umgedreht. Der Greis legte nachdenklich den Kopf zur Seite. Eine magere Hand fuhr rasch durch sein zerzaustes Haar.

„Der alte Cogline liegt dort drüben direkt am Fuß des großen Felsens.“ Er wedelte mit der Hand fast beiläufig in Richtung des Kamins. „Wo ich ihn vor über einem Jahr begraben habe.“