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Culkelubi gab einem der Neger ein Zeichen.

Dieser brachte auf einem Ebenholztischchen ein in rotes Leder gebundenes Buch und schlug es vor dem Gefangenen auf.

»Lege deine Hand auf die Seite«, befahl Culkelubi, »und wiederhole meine Worte! Es ist der Koran, den du kennst!«

»Im Namen des alleinigen Gottes, denn es gibt keinen andern Gott neben ihm; im Namen Mohammeds, der sein einziger Prophet ist, denn es gibt keinen andern neben ihm, schwöre ich, ein wahrhaft Gläubiger zu sein und versichere es auf die Gefahr ewiger Verdammnis hin!«

Der Baron blieb stumm.

»Warum schwörst du nicht?« fragte der Generalkapitän, indem er Verwunderung heuchelte.

»Weil ich ein Edelmann bin!«

Culkelubi brach in ein satanisches Lachen aus.

»Aha, die Komödie ist zu Ende. Wärest du nicht Baron Sant’ Elmo, so hätte ich dir jetzt bewiesen, wie gefährlich es ist, Culkelubi täuschen zu wollen!«

»Ihr kennt mich?« fragte der Ritter überrascht.

»Ich wußte, wer du warst, noch ehe du eintratest, aber ich wollte dich auf die Probe stellen. Du bist kein Schwammhändler, sondern ein Malteserritter und hast meinen Galeeren schon viel zu schaffen gemacht! Schade, daß du kein Muselmann bist! Was könntest du bei deiner Jugend und Tapferkeit noch in zehn Jahren leisten. Du wirst sie nur nicht erleben!«

»Wenn ihr wißt, wer ich bin, so laßt mich umbringen! Die Sant’ Elmo sind Krieger!«

»Das hat Zeit«, meinte der Kommandant, »wenn du wolltest, könntest du dein Leben und auch die Freiheit gewinnen!«

»Auf welche Weise?«

»Wenn du mir den Schmuggler nennst, der dich hergebracht hat und den Ort, wo er sich befindet!«

»Rechnet darauf nicht, ein Edelmann übt nicht Verrat! Lieber laß ich mich töten!«

»Du bist ein tüchtiger Mann, und ich bewundere dich. Hinter einer mädchenhaften Erscheinung ein Löwenherz! Den Schmuggler werde ich schon ausfindig machen. Aber gestehe mir, was suchst du hier in Algerien?«

»Ich wollte mich überzeugen, ob ein vor Monaten gefangener Freund noch lebt.«

»Sollte es sich nicht um eine Freundin handeln?« Der Generalkapitän lächelte boshaft.

Sant’ Elmo erbebte. Nur mit äußerster Mühe bewahrte er seine Ruhe. Aber sein Erbleichen war Culkelubis scharfer Beobachtung nicht entgangen.

»Habe ich das Richtige getroffen?« Sein rohes Lachen durchdrang den Raum.

»Nein, es handelt sich um einen Mann!«

»Nenne nur den Namen, und in einigen Stunden werde ich dir Auskunft geben!«

»Ich kann ihn nicht nennen!«

»Leugne nicht weiter! Warum willst du mich täuschen! Es handelt sich um ein Christenmädchen, das du liebst!«

»Ihr kennt sie?« schrie der Ritter, außer sich vor Schrecken.

»Jetzt hast du dich verraten«, lachte Culkelubi teuflisch, »nur fehlt mir noch der Name!«

»Wozu braucht ihr ihn?«

»Mir ist er gleichgültig, aber ein anderer wünscht ihn zu wissen!«

»Wer?«

»Die maurische Prinzessin. Willst du mir sagen, wer die Christin ist und wo sie sich jetzt befindet?«

»Tötet mich! Ihr erfahrt es nicht von mir!«

»Nun, so rasch tötet man nicht!«

»Ich kenne eure Martern!«

»Vielleicht nicht alle! Aber meine Geduld ist jetzt zu Ende. Wüßte ich nicht, welch tapfern Helden ich vor mir habe, hätte ich mich nicht so lange mit dir aufgehalten!«

Mit einem Blick auf die Neger befahl er: »Ans Werk!« Diese hoben einen dem Diwan gegenüber befindlichen Vorhang, hinter dem sich eine viereckige Säule von grünem Marmor befand. Vorn waren verschiedene Metallringe an ihrer glatten Fläche befestigt. Und oben am Kopfende stand ein künstlerisch ziseliertes Kupfergefäß, das mit einer leicht gebogenen Röhre verbunden war.

Der Baron schaute dieses seltsame Torturgerät an, ohne zu verstehen, wozu es diente.

Die beiden Athleten bemächtigten sich jetzt des Gefangenen und banden ihn mit dem Rücken an die Säule, indem sie Arme und Beine mit den Eisenringen umschlossen, um die geringste Bewegung zu verhindern. Dann legten sie ihm einen Riemen um die Stirn, um den Kopf fester an die Säule zu schnüren, und schnitten in der Mitte des Schädels einige seiner langen blonden Locken ab, so daß ein Fleck unbedeckt blieb, nicht größer als eine Zechine.

»Wirst du nun sprechen?« fragte Culkelubi, der sich in seinen Diwan zurückgelehnt hatte.

»Nein!« entgegnete der Baron so bestimmt wie zuvor.

»Weißt du, daß steter Tropfen den Stein höhlt?«

»Ich verstehe nicht, was ihr meint!«

»Du wirst es gleich sehen!«

Nachdem er wieder einige Züge aus der NargilehPfeife getan, gab der Gewaltige ein Zeichen.

Plötzlich fühlte der Baron einen dicken, eisig kalten Wassertropfen auf seinen Kopf fallen. Nun begriff er.

Ein Schrecken befiel ihn wie nie zuvor. Wollte man ihm mit den langsam fallenden Tropfen den Schädel durchbohren? Was für eine grauenhafte Marter hatte die höllische Intelligenz dieses Barbaren erfunden!

Voll Entsetzen starrte er den ruhig rauchenden Culkelubi an. Dieser schenkte ihm keine Beachtung mehr. Er sah zerstreut den Rauchwolken nach und leerte von Zeit zu Zeit einen Becher Wein. Schweigend, auf ihre Säbel gestützt, standen die Neger wieder zu beiden Seiten des Diwans.

Die Tropfen folgten sich langsam, ohne Unterbrechung. Immer auf denselben Punkt fielen sie. Der Baron konnte wegen des Riemens auf der Stirn nicht die leiseste Bewegung machen.

Anfangs war die Empfindung des Eiswassers, das vom Kopfe aus über den ganzen Körper rieselte, nicht so unangenehm, da in der sonnenbeschienenen Galerie große Hitze herrschte. Nach einer Viertelstunde aber fühlte er einen Schauder, wachsende Nervosität und Sausen in den Ohren.

Von Minute zu Minute schien der Tropfen schwerer. Der Kopf schmerzte ihm, die Gedanken verwirrten sich.

Wenn diese Marter noch lange andauert, werde ich wahnsinnig, dachte er. Idas Name aber erfährt Culkelubi nicht. Der Prinzessin Eifersucht würde sie umbringen.

Die Stille im Raume wurde nur von dem monotonen Fallen der Tropfen unterbrochen.

Wieder verging eine Viertelstunde. Die Kleider des Gemarterten trieften von Wasser. Er stand auf dem Teppich inmitten einer Pfütze. Der Schmerz wurde immer unerträglicher. Er fühlte wahre Keulenschläge auf dem Haupte. Die Schläfen schlugen fieberhaft, die Ohren sausten immer ärger; unaufhörliche Schauer überfielen ihn. – Zuletzt schwindelte ihm –

Da entrang sich ein Seufzer seinen Lippen.

»Nun, willst du sprechen?« fragte Culkelubi. »Wie gefällt dir meine Erfindung? Ich glaube, die Inquisitoren in Spanien haben keine schönere gemacht. Willst du dein Herz erleichtern?«

»Nein.«

»Ich sage dir, du wirst die Marter nicht aushalten können!«

»Töte mich!«

»Das kann ich nicht tun. Dein Leben gehört mir nicht!«

»So sei Verflucht!«

Culkelubi zuckte mit den Achseln und fing wieder an zu rauchen.

»Ich kann warten, denn ich habe keine Eile.«

Er war seines Erfolges sicher.

Noch war keine Stunde verflossen, als der Baron ohnmächtig wurde. Er wäre zur Erde gesunken, hätten ihn nicht seine Fesseln gehalten.

Als er wieder erwachte, sprach er im Fieberwahn. Abgerissene Worte entflohen seinen Lippen. Er sprach von Galeeren, von Zuleik, Malte San Pietro ...

Culkelubi hatte sich aufgerichtet und lauschte aufmerksam seinen Worten.

Plötzlich entfuhr dem Baron ein verzweifelter Schrei:

»Ida ... Ida ... !«

»Sollte dies der Name der Dame sein? Das wird aber Amina nicht genügen! Warten wir weiter!«

Der im Delirium Redende stammelte immer neue Worte, bis ihm der Name »Ida di Santafiora« entschlüpfte.

Diesmal fuhr Culkelubi auf. Der Name war ihm nicht unbekannt. Er erinnerte sich des kühnen Malteserritters, der vor Jahren gewagt hatte, die Stadt Algier zu bombardieren.