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Es ging zu schnell, um Einzelheiten zu erkennen. Braunes, zähflüssiges Wasser spritzte bis unter die Gangdecke und besudelte die Soldaten, stinkender Schaum schoß wie eine Fontäne in die Höhe, und inmitten des Chaos war plötzlich etwas Dunkles, Formloses, einer riesigen schwarzen Qualle gleich und mit dünnen Ärmchen und Tentakeln das Wasser peitschend. Das Krachen der Schüsse, die entsetzten Schreie der Männer und das Klatschen und Rauschen des auseinanderspritzenden Wassers vermischten sich zu einer höllischen Melodie.

Die Bestie war größer als ein Mensch, aber ihre Form war auch jetzt noch nicht wirklich zu erkennen. Sie ähnelte einer ins Groteske überzeichneten Kaulquappe, hatte weder Augen noch andere sichtbare Sinnesorgane, dafür aber ein Maul, an dem jeder Mörderhai seine helle Freude gehabt hätte. Ein langer, stachelbesetzter Drachenschwanz peitschte aus dem Wasser und riß vier oder fünf der Männer von den Füßen.

Eine ganze Salve von Schüssen krachte. Trotz der großen Entfernung konnte ich sehen, wie die Kugeln in den schwammigen Balg der Bestie schlugen - und ohne Wirkung blieben!

Das Ungeheuer fuhr mit einem zornigen, blubbernden Laut herum. Sein gewaltiges Maul klaffte auf, und ein dünner, fadenähnlicher Tentakel peitschte in die Höhe, wickelte sich wie ein Seil um den Arm eines Soldaten und riß ihn nach vorn. Der Mann fiel auf die Knie und ließ sein Gewehr fallen. Verzweifelt versuchte er, sich irgendwo festzuklammern, aber so dünn der Tentakel war, so kräftig schien er zu sein. Unaufhaltsam wurde der Mann nach vorn gezogen, bis sein Oberkörper halbwegs im Wasser hing.

Spears war mit einem Schrei bei ihm. In seinen Händen blitzte ein Messer. Ungeachtet der Gefahr, in der er sich selbst befand, riß er den Mann mit aller Gewalt zurück und ließ die Klinge auf den dünnen, ölig glänzenden Strang niedersausen.

Sie federte zurück, als hätte er auf ein Stahlseil geschlagen, wurde ihm aus der Hand geprellt und klatschte ins Wasser. Spears fluchte, warf sich mit aller Gewalt zurück und zerrte den Soldaten dabei mit sich.

Aber nur für einen Moment. Die Riesenqualle bäumte sich auf, schlug ärgerlich mit den kleinen verkrüppelten Händchen in die Luft und sank mit einem Klatschen zurück. Der unglückselige Soldat wurde mitgezerrt, fiel vollends ins Wasser und versank.

Als sich Spears keuchend wieder aufrichtete, war ich neben ihm. Alles war so furchtbar schnell gegangen, daß ich noch kaum richtig begriff, was geschehen war. Seit dem Augenblick, in dem der erste Schuß gefallen war, war wenig mehr als eine Minute vergangen, und doch war - daran zweifelte niemand - jetzt einer der Männer tot, und eine Anzahl weiterer blutete aus Wunden, die sie beim Angriff des Monsters davongetragen hatten.

Spears kam fluchend hoch und zog seine Pistole, obwohl er sehr gut wissen mußte, wie wenig die Waffe gegen den unheim lichen Angreifer nutzte.

Ein Schrei aus einem Dutzend Kehlen warnte uns. Spears und ich fuhren herum, gerade noch rechtzeitig, um den schwarzen Schatten erneut wie einen lebenden Torpedo durch das schlammige Wasser auf uns zuschießen zu sehen. Spears hob seine Pistole und feuerte, und gleichzeitig begannen auch seine Männer wieder zu schießen.

Es nutzte so wenig wie beim erstenmal. Das Ungeheuer jagte heran, bäumte sich auf und schoß mit einem grotesken Sprung aus dem Wasser.

Direkt in meinen Degen hinein.

Ich hatte die Waffe im selben Augenblick hochgerissen, in dem das Monstrum aus dem Wasser schnellte. Die Klinge durchstieß die schwarze Haut der Bestie ohne fühlbaren Widerstand, schnitt eine armlange Wunde in ihre Flanke und trennte eines der kleinen Ärmchen ab, ohne daß ich auch nur einen Ruck gefühlt hatte. Aus dem wütenden Glucksen und Schnat tern des Ungeheuers wurde mit einem Male ein lautes Schmerzgebrüll. Wie ein Sack voll nassem Leder klatschte es zwischen Spears und mir auf den Stein.

Dann starb es.

Es ging ganz schnell. Ausgehend von der Stelle, an der mein Degen sie berührt hatte, verlor seine Haut ihren feuchten Glanz, wurde trocken und rissig wie altes Leder und zerfiel zu grauem Staub. Ein pestilenzartiger Gestank nahm uns den Atem, und plötzlich klang ein Zischen auf, als streue man Schießpulver ins Feuer. Weniger als dreißig Sekunden nach dem Angriff war von dem Ungeheuer nur ein Häufchen grauer Asche übrig.

Es zerstob, als Spears mit dem Fuß hineinstieß.

»Mein Gott, Craven«, murmelte er. »Was... was war das? Was war das für eine Kreatur und was... was haben Sie getan?«

Seine Augen wurden rund, während er abwechselnd mich, meine Waffe und den schmierigen grauen Fleck auf dem Boden anstarrte, zu dem die Bestie zerfallen war.

Das Ding, von dem ich nun wußte, daß es nichts anderes als eine Shoggote gewesen war, ein Dienerwesen der GROSSEN ALTEN...

»Es würde zu lange dauern, Ihnen alles zu erklären«, sagte ich hastig, »später, Spears. Jetzt müssen wir hier weg.«

Spears schluckte nervös. Sein Blick huschte unstet über die quirlende Wasseroberfläche. »Sie... Sie glauben, es wären noch mehr von diesen... Dingern hier?« flüsterte er.

Ich wollte antworten, aber dann gewahrte ich eine Bewegung aus dem Augenwinkel, fuhr herum und deutete statt dessen stumm in die Richtung, aus der wir gekommen waren.

Auch Spears hatte das Geräusch gehört. Eine Sekunde lang starrte er aus schreckgeweiteten Augen in die Schwärze des Ganges, dann bückte er sich, hob seine Lampe auf, ließ den Strahl wie eine bleiche einf ingrige Hand über das Wasser tasten und richtete ihn schließlich in den Gang.

Oder - genauer gesagt - dorthin, wo vor Augenblicken noch nichts anderes als der Abwasserkanal gewesen war.

Natürlich war das Wasser noch immer da.

Aber es war kaum mehr zu erkennen, zwischen der Flut braunschwarzer, augenloser Kaulquappenmonster, die sich auf uns zuwälzten wie eine lebende Lawine!

»Um Gottes willen!« keuchte Spears. Seine Hände begannen zu zittern, so stark, daß der Lichtstrahl über den Kanal und den Fluß zu hüpfen begann. Eine Sekunde lang sah es so aus, als würde er nun vollends die Kontrolle über sich verlieren, dann hatte er sich wieder in der Gewalt.

»Zurück!« brüllte er. »Alles zurück! Schießen hat keinen Sinn! Lauft!«

Sein Befehl wäre kaum mehr nötig gewesen, denn der schreckliche Anblick allein hatte gereicht, unter den Männern beinahe eine Panik ausbrechen zu lassen. Einige vereinzelte Schüsse krachten noch, und zwischen der Phalanx der heranschießenden Ungeheuer stob das Wasser hoch wie unter Faustschlägen, aber die meisten Männer taten instinktiv das einzige, was überhaupt Sinn hatte - sie liefen, als wäre der Teufel höchstpersönlich hinter ihnen her.

Auch Spears und ich setzten uns in Bewegung, wenn auch als letzte und in gehörigem Abstand. Der Degen in meiner Hand verlieh mir ein Gefühl trügerischer Sicherheit, wenngleich ich mir vollends darüber im klaren war, daß mich auch diese Waffe nicht gegen eine solche erdrückende Übermacht schützen würde.

Verzweifelt sah ich mich im Laufen um. Wir rannten wie von Sinnen, aber die Bestien holten unbarmherzig auf. Trotz ihres plumpen Äußeren bewegten sie sich elegant wie Fische im Wasser. Und es waren viele, sehr viele. Ich schätzte, daß auf jeden unserer Männer gut drei oder vier der schwarzen Bestien kamen.

Mir blieb keine Zeit, weiter über unsere Chancen nachzudenken, denn die erste Riesenquappe war bereits heran. Ein augenund nasenloser Schädel brach schäumend aus der braunen Brühe hervor. Im Laufen versetzte ich ihm einen Hieb mit dem Degen, verlor dadurch fast den Boden unter den Füßen und nickte Spears dankbar zu, als er mich im letzten Moment zurückriß. Das Ungeheuer zerfloß unter Wasser zu einer Wolke aus grauem Schlamm, aber schon nahm ein neues seinen Platz ein; ein dünner, ölig glänzender Strang zuckte nach Spears, wickelte sich wie eine Peitschenschnur um seinen Hals und schnappte zurück, als ich ihn mit dem Degen durchtrennte. Blitzschnell wirbelte ich herum, tötete einen dritten Shoggoten mit einem raschen Hieb und brachte mich mit einem verzweifelten Sprung in Sicherheit, als eine der schwarzen Riesenkreaturen aus dem Wasser schnellte und mit einem widerlichen Platschen neben mir auf den Sims fiel.