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»Jetzt können wir reden«, sagte Tergard. »Du hast mich gerufen?«

»Spiele nicht den Narren, Mensch!« fauchte Dagon. »Du weißt sehr wohl, aus welchem Grund ich dich herbefohlen habe. Hast du unser Abkommen vergessen?«

»Keineswegs«, antwortete Tergard mit einem flüchtigen, fast abfällig wirkenden Lächeln. »Ich halte es, so gut ich kann.«

»Du hältst es?« Dagon schrie beinahe. »Versuche nicht, mich zum Narren zu machen, Tergard! Du hast versprochen, mir Sklaven zu schicken, aber meine...«

»Das habe ich getan«, unterbrach ihn Tergard. »Hunderte, Dagon, in den letzten zwei Jahren. Meine Männer bringen so viele, wie sie nur können.«

»Nicht genug!« fauchte Dagon. »Ich brauche mehr, Tergard, weit mehr. Noch heute.«

»Das ist unmöglich«, sagte Tergard bedauernd. »Sieh dich um. Das Lager ist leer. Du hast alle Männer bekommen, die ich dir geben kann.« Plötzlich wurde sein Stimme schärfer, nur eine Spur, aber doch so, daß Dagon die Drohung darin nicht überhören konnte. »Was verlangst du? Meine Männer haben Schiffe geentert und dir die Passagiere gebracht. Wir haben das Gerücht ausgestreut, daß es Gold und edle Metalle auf Krakatau gibt, um Abenteurer und anderes Gesindel anzulocken, und wir haben dir die Fischer gebracht, die allein auf das Meer hinausfuhren. Was verlangst du noch? Soll ich meine Männer die Städte überfallen und dir die Einwohner bringen lassen. Ich habe dir zahllose Opfer gebracht!«

»Es sind zu wenige!« beharrte Dagon. »Ihr Hunger ist unersättlich, und der Moment rückt heran, da ...«

»Ich kann dir nicht helfen«, unterbrach ihn Tergard kalt. »Es ist niemand mehr da, den ich dir bringen könnte. Ich habe schon mehr getan, als ich dürfte. Man beginnt bereits zu reden, Dagon. Es fällt auf, wenn auf einer Insel wie Krakatau Hunderte von Menschen verschwinden. Sie werden kommen und nachsehen, wenn wir nicht vorsichtig sind.«

»Bis dahin ist es zu spät!« sagte Dagon heftig. »Noch wenige Tage, und es ist vollbracht, Tergard. Dann können sie mit einer Armee kommen, und wir werden ihnen widerstehen. Aber ich brauche Opfer. Lebende Opfer.«

»Ich kann sie dir nicht geben«, beharrte Tergard. »Es tut mir leid.«

»Du betrügst mich!« behauptete Dagon.

»Dich? Einen Gott?« Tergards Stimme troff geradezu vor Hohn.

»Ich warne dich, Tergard«, sagte Dagon leise. »Versuche, mich zu hintergehen, und meine Rache wird furchtbar sein.« Tergard zog die linke Augenbraue hoch. »So?« fragte er lauernd. »Ich glaube nicht, daß du irgend etwas gegen mich unternehmen wirst, Dagon. Ich habe meinen Teil der Abmachung gehalten, so gut es mir möglich war. Und ich glaube auch nicht, daß du mir wirklich drohen solltest.«

»Ich kann dich vernichten.«

»Das könntest du«, korrigierte Tergard. »Wenn du Zeit dazu hättest. Und wenn es einen Mann namens Robert Craven nicht gäbe.« Er lachte leise. »Ich nehme an, er ist dir entkommen.«

Dagon antwortete nicht, sondern starrte ihn nur aus vor Haß lodernden Augen an, und nach einer Weile fuhr Tergard fort.

»Es tut mir leid, Dagon. Ich bin nicht in der Lage, dir zu helfen. Wenn du Futter für die Ungeheuer brauchst, die du dort unten züchtest, so mußt du es dir schon selbst besorgen. Und ich würde dir raten, es rasch zu tun. Bald wird die Sonne untergehen, und du hast es selbst gesagt: ihr Hunger ist unersättlich. Sie werden sich holen, was du ihnen nicht freiwillig gibst.«

»Dann brichst du unser Abkommen?«

Tergard schüttelte den Kopf. »Nein. Ich halte es, Dagon. Ich habe niemals versprochen, deine Arbeit zu tun, erinnere dich. Niemand wird diese Insel betreten oder verlassen, bis nicht der nächste Vollmond herangekommen ist, dafür garantiere ich. Mehr kann ich nicht tun.« Er starrte Dagon einen Moment lang herablassend an und machte dann eine spöttische Verbeugung. »Und nun entschuldige mich, Dagon«, sagte er. »Ich habe zu tun. Ich muß den Mann fangen, der dir und deinen Kreaturen entkommen ist. Und diesmal werde ich ihn selbst töten.«

Damit wandte er sich um und ging, ohne der Gestalt des Fischgottes auch nur noch einen einzigen Blick zu widmen. Roosfelds Gesicht war grau vor Furcht, als er zu ihm zurückkam. »Nun?« fragte der Leutnant. »Was... was hat er gesagt?«

»Er hat mir gedroht«, antwortete Tergard, »aber damit habe ich gerechnet.«

»Aber er glaubt Ihnen?«

Tergard zuckte mit den Schultern. »Ich weiß es nicht«, gestand er. »Aber so wie die Dinge liegen, hat er kaum genügend Zeit, herauszufinden, ob ich ihn belüge oder nicht.« Plötzlich lachte er. »Wir werden siegen, Roosfeld. Dieser Craven war jeden einzelnen Hieb wert, den er dir versetzt hat.«

Roosfelds Gesicht verdüsterte sich bei Tergards Worten, was diesen zu einem noch zufriedeneren Lächeln veranlaßte. »Vergiß es, Roosfeld«, sagte er. »Du hast diesen Mann unterschätzt, und du hast dafür bezahlt.«

»Ich werde ihn umbringen!« versprach Roosfeld. »Wenn ich ihn das nächste Mal in die Finger bekomme...«

»Wirst du ihn schön in Ruhe lassen«, unterbrach ihn Tergard. »Ich brauche ihn noch; mehr als dieser Narr auch nur ahnt. Und nun komm. Die Zeit wird knapp. Wir müssen Craven finden, ehe Dagon es tut.«

Der Ort lag unter uns, nicht mehr als vier oder allerhöchstem fünf Meilen entfernt, aber der Dschungel hatte seine Lichter schon nach wenigen Schritten verschlungen, und seit die Sonne untergegangen war, hatte ich das Gefühl, durch eine Welt zu marschieren - genauer gesagt, mich hindurchzutasten -, die nur noch aus Dunkelheit und wechselweise reißenden wie schlagenden oder stolpernlassenden Schatten bestand. Shannon hatte mir ein halbes dutzendmal aufhelfen müssen, weil ich gestürzt war, und einmal war ich geradewegs vor einen Baum gerannt und hatte mir den Schädel blutig geschlagen. Wie Shannon das Kunststück fertigbrachte, bei der herrschenden Dunkelheit nicht die Orientierung zu verlieren, war mir ein Rätsel.

»Sie kommen«, erklang die Stimme des jungen Magiers links von mir, und ich schrak abrupt aus meinen düsteren Überlegungen hoch. Vorsichtig richtete ich mich hinter dem stacheligen Busch auf, den ich mir sinnigerweise als Deckung auserkoren hatte und der mir seit einer Viertelstunde das Gesicht und die Hände zerkratzte, und lugte aus zusammengekniffenen Augen über die Lichtung.

Ich sah absolut nichts, aber das war auch nicht weiter verwunderlich: Was Shannon in einem Anfall von mir unverständlichem Humor als Lichtung bezeichnet hatte, war nichts als ein runder Platz von vielleicht dreißig Schritten Durchmesser, auf dem keine Bäume und kaum Unterholz wuchsen; was die Urwaldriesen nicht daran hinderte, ihre Kronen über unseren Köpfen wie laubbewachsene Finger ineinanderzukrallen, so daß es hier unten so pechschwarz war wie im eigentlichen Dschungel.

Nun, zumindest wußte ich, worauf wir warteten. Shannon hatte mir seinen Plan erklärt. Und er war so einfach wie verzweifelt. Wir beide allein hätten in hundert Jahren keine vernünftige Chance, Dagon aufzuhalten, geschweige denn, ihn zu besiegen. Wir brauchten Unterstützung. Und die einzige Hilfe, auf die wir hoffen konnten, waren die Eingeborenen Krakataus. Das hieß, wenn sie uns nicht kurzerhand die Köpfe abschnitten oder andere unerfreuliche Dinge mit uns taten. Auf der anderen Seite der »Lichtung« raschelte etwas im Unterholz, und einen Moment später glaubte ich einen kleinen, gedrungenen Körper zu erkennen, der sich behutsam durch das Dornengestrüpp schob. Instinktiv senkte ich die Hand zum Gürtel und umklammerte den Griff des Buschmessers, das ich in Eldekerks Haus gefunden und mitgenommen hatte.

»Das würde ich nicht tun, Robert«, sagte Shannon ruhig. »Sie sind sehr mißtrauisch. Du darfst sie nicht reizen.«