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»Das kann er auch«, meinte Hickok. »Schließlich weiß er nicht, daß Cody zu General Ewing unterwegs ist. Quantrill glaubt, mit Gus Petersons Tod jede Gefahr, daß ihm jemand in den Rücken fallen könnte, ausgeschaltet zu haben.«

Der Arzt zeigte auf die Wagen. »Was haben die Bushwackers mit den Munitionswagen vor?«

»Etwas Schlimmes für die Leute in der Stadt, wenn es das ist, was ich vermute. Wir scheinen gerade noch rechtzeitig gekommen zu sein. Der Angriff steht kurz bevor.«

Hickok zog sein Fernglas aus der Satteltasche und beobachtete dadurch das Treiben von Quantrills Männern. Seine Vermutung wurde bestätigt.

Etwa zwei Drittel der erbeuteten Munition waren von den Wagen geladen worden. Das restliche Drittel an Munitionskisten und Pulverfässern war fest vertäut worden und wurde jetzt mit Reisig unterfüttert. Brennbares Material! Vier der insgesamt sechs Wagen wurden auf diese Weise hergerichtet. Vor jeden dieser vier Wagen wurden vier Zugpferde oder Maultiere gespannt.

Hickok steckte das Fernglas wieder ein und sah Hatfield an. »Brechen wir auf, Doc. Quantrill wartet nicht auf uns. Ich wünsche Ihnen Glück!«

Hatfield musterte den anderen mit einem langen Blick. Anfangs hatte er ihn und seinen Freund Cody für üble Raufbolde gehalten, die sich an ihm vergehen wollte. Aber es war nur ein Trick gewesen, um Quantrill über ihre wahren Absichten zu täuschen. Trotz seines Raubvogelgesichts, das ihm ein hartes, auf den ersten Blick furchteinflößendes Aussehen verlieh, hatte Hickok das Herz auf dem rechten Fleck. Hatfield hoffte, daß der Kundschafter diesen Teufelsritt überstand.

»Ich Ihnen auch«, sagte der Arzt und trieb sein Reitpferd an, das Packtier hinter sich herziehend.

Er und Hickok ritten nebeneinander den Hügel hinunter, ganz gemächlich auf Quantrills Lager zu. Auch als die ersten Guerillas durch das Hufgeräusch auf die beiden Reiter aufmerksam wurden, behielten sie die gemächliche Gangart ihrer Pferde bei. Je näher sie dem Lager kamen, bevor sie erkannt wurden, desto besser.

»He, das sind Hickok und der Quacksalber!« rief einer der Freischärler seinen Kameraden zu.

»Jetzt!« zischte Hickok und gab seinem Pferd im selben Augenblick die Sporen.

Hatfield tat es ihm nach, und sie sprengten auf Quantrills Männer zu. Zu ihrem Glück hatten sich letztere auf einen Kreis um die Stadt verteilt, so daß die Linie, die sie durchbrechen mußten, nur dünn war.

Nur noch etwa fünfzig Yards trennten sie von den Guerillas, als diesen bewußt wurde, daß Hickok nicht länger einer der ihren war und daß er und der Arzt nicht in freundlicher Absicht kamen. Die ersten Freischärler rissen ihre Revolver aus den Holstern.

Aber Hickok war schneller, hatte die Zügel seines Rappen in die Linke gewechselt und mit der Rechten einen seiner Navy Colts gezogen. Von vier abgefeuerten Kugeln fanden drei ihr Ziel, und drei Südstaatler brachen zusammen.

Der Mann, den er verfehlt hatte, erwiderte das Feuer, traf in seiner Hast aber nicht. Hickok riß sein Pferd herum und ritt ihn über den Haufen.

»Reiten Sie, Doc, reiten Sie!« schrie der Kundschafter dem Arzt nach, der seine beiden Pferde mitten durch die aufgeschreckten Guerillas trieb.

Hickok richtete seinen Colt auf den ihm am nächsten stehenden Munitionswagen und jagte die beiden letzten Kugeln aus dem Lauf. Sie trafen ihr Ziel, eins der Pulverfässer auf dem Wagen, der in einer gewaltigen Explosion verging. Die aufgeschreckten und verletzten Zugpferde liefen los und zogen den lichterloh brennenden Wagen, auf dem noch immer Munitionskisten explodierten, mit sich, dadurch weitere Unruhe unter den Guerillas stiftend.

Darauf hatte Hickok gehofft. Er trieb seinen Rappen wieder an, Doc Hatfield nach, und wechselte gleichzeitig den leergeschossenen Colt mit seiner zweiten Waffe aus.

Als eine Kugel dicht an seinem Ohr vorbeipfiff, drehte er sich mitten im Galopp um und sah den Mann, den er umgeritten hatte. Er kauerte mit schmerzverzerrtem Gesicht im Dreck, hatte seinen Revolver in beide Hände genommen und zielte erneut auf den fliehenden Scout.

Hickok sandte zwei Kugeln nach ihm aus, und beide trafen. Tot sackte der Freischärler über seiner Waffe in den schlammigen Boden.

Der Kundschafter holte den Arzt ein, als sie die letzte Hügelkette vor der Stadt überquerten und Quantrills Stellung hinter sich ließen.

Die Guerillas hatten sich von der Überraschung erholt, liefen den beiden Reitern hinterher und ließen einen regelrechten Kugelhagel auf sie niederprasseln. Wie durch ein Wunder blieben sie unverletzt.

Vor ihnen füllte die Stadt mit ihren verbarrikadierten Straßen fast den gesamten Horizont aus. Die Verteidiger schienen zu begreifen, um was es ging, und öffneten eine Lücke in den Barrikaden.

»Dorthin, Doc!« schrie Hickok und zeigte auf die Lücke am Ostende der Main Street.

Der Arzt nickte und lenkte sein Pferd auf den Durchlaß zu, als Hatfield plötzlich nach vorn zusammensackte. Eine Kugel hatte ihn getroffen. Sein Begleiter konnte nicht erkennen, wo. Jedenfalls hielt sich Hatfield noch im Sattel.

Hickok wollte sich an seine Seite begeben, um ihn nötigenfalls zu stützen. Da stieß sein Rappe ein langgezogenes Wiehern aus und überschlug sich mitten im Galopp. Hickok wurde im hohen Bogen aus dem Sattel geschleudert, schlug mit dem Rücken hart auf dem Boden auf und bekam keine Luft mehr.

Es dauerte unendlich lange Sekunden, bis er endlich wieder atmen konnte. Sein angeschossenes Pferd wälzte sich ein Stück entfernt unter Schmerzen im Schlamm. Hickok sah zur Stadt und registrierte, daß Hatfield gerade hinter den Barrikaden verschwand. Der Scout war noch fünfzig Yards von der Stellung der Verteidiger entfernt.

Als er die Reiter bemerkte, die von den Hügeln kamen, um ihm den Garaus zu machen, stand er ächzend auf, um sich zu Fuß in Sicherheit zu bringen. Aber er brach schon nach dem ersten Schritt wieder zusammen, als ein stechender Schmerz durch seinen rechten Fuß fuhr. Er mußte ihn sich bei seinem Sturz verstaucht haben.

Er sah ein, daß er den schnell näherkommenden Reitern ohne Pferd unmöglich entkommen konnte. Also mußte er sich verteidigen. Wahrscheinlich würde er es nicht überleben, aber er wollte seine Haut so teuer wie möglich verkaufen.

Der leergeschossene Colt steckte noch in seiner Schärpe. Aber den zweiten Revolver hatte er beim Sturz verloren. Als er hastig die Gegend absuchte, entdeckte er ihn nur ein paar Schritte entfernt.

Er kroch zu seiner Waffe, in deren Trommel noch vier Patronen steckten, nahm sie auf und erlöste mit dem ersten Schuß den Rappen von seinen Qualen. Die drei übrigen Kugeln schickte er den Reitern entgegen. Einer flog aus dem Sattel. Ein zweiter schrie auf und krümmte sich, sein Pferd zügelnd, getroffen zusammen. Die übrigen aber, ungefähr zwanzig, hielten entschlossen auf Hickok zu und begannen ihn unter Feuer zu nehmen.

Hinter den Barrikaden knatterte plötzlich Gewehrfeuer, und mehrere Guerillas wurden von ihren Pferden gerissen.

Die Verteidiger von Blue Springs gaben Hickok Feuerschutz. Aber was nützte es ihm? Die an sich lächerliche Entfernung von fünfzig Yards war viel zu weit für seinen verletzten Fuß. Wenn er sich mühevoll zur Stadt schleppte, würde ihn bestimmt eine Kugel in den Rücken treffen. Mindestens eine.

Also tat er das einzige, was ihm übrigblieb: Er steckte den leergeschossenen Colt zurück in die Schärpe, erhob sich mit fest zusammengebissenen Zähnen und humpelte Quantrills Männern entgegen.

Während die meisten von ihnen vor dem massiven Feuer der Verteidiger flohen, hielten drei Reiter weiter auf Hickok zu. Der vorderste hatte ihn fast erreicht, zügelte zwei Pferdelängen vor ihm seinen Grauschimmel und richtete seinen Revolver auf den Scout.

Für den Freischärler unvermittelt stieß Hickok laute, gellende Schreie aus, die er von Indianern gelernt hatte. Die schrille Tonfolge erschreckte das Pferd, das laut wiehernd auf die Hinterhufe stieg. Bei dem Versuch, den Grauschimmel zu bändigen, verlor der Reiter seinen Revolver.