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Aber trotz dieses Unbehagens waren alle Verantwortlichen offenbar erleichtert, daß es kein peinliches Gerichtsverfahren gegen Cynthia Ernst geben würde.

Einige Tage nach der Pressekonferenz teilte Ainslie Leo Newbold seinen Wunsch mit, aus der Mordkommission auszuscheiden. Newbold äußerte mitfühlendes Verständnis für seine Entscheidung. Viele Kriminalbeamte hatten die Mordkommission irgendwann verlassen, weil die dortige Arbeit emotionalen Streß bedeutete, der sogar dienstunfähig machen konnte. Bis feststand, welche neue Aufgabe Ainslie übernehmen würde, betraute Newbold ihn mit der Bearbeitung ungelöster Altfälle, die mit modernster Technologie neu aufgerollt wurden - ein produktives, aber nicht sehr streßerzeugendes Arbeitsgebiet.

Drei Wochen später blieb Newbold vor Ainslies Schreibtisch stehen und sagte: »Figueras möchte Sie jetzt sprechen.«

Mark Figueras stand auf, als Ainslie hereinkam. »Ah, unsere Berühmtheit!« sagte er grinsend. »Wie fühlt man sich so als Star?«

»Reichlich unwohl.« Ainslie verzog das Gesicht.

»Nun, das wird sich nicht so bald geben. Können Sie damit leben?«

»Ich nehm's an. Aber auch das Department, Sir?«

»Da könnte's Probleme geben.« Figueras machte eine wegwerfende Handbewegung. »Aber lassen wir die Formalitäten, Malcolm. Ich habe Anweisung, von Mann zu Mann mit Ihnen zu reden. Aber erst noch eine kleine Formalität: Sie sind ab sofort Lieutenant Ainslie.« Der Major streckte ihm seine Hand entgegen. »Glückwunsch! Vielleicht etwas spät, aber ein Schritt in die richtige Richtung.«

Ainslie fragte sich, was nun kommen würde. Er freute sich über die Beförderung und hätte am liebsten gleich Karen angerufen, um ihr davon zu erzählen. Aber er wartete ab, was Figueras noch sagen würde.

»Karrieremäßig sind Sie jetzt in guter Form, Malcolm, und haben die Wahl zwischen mehreren Möglichkeiten. Die erste wäre der Posten des Chefs der Mordkommission.« Als Ainslie ein überraschtes Gesicht machte, fuhr Figueras fort: »Leo Newbold wird zum Captain befördert und übernimmt eine neue Aufgabe. Sie würden normalerweise auch versetzt, aber Sie haben in der Mordkommission so hervorragende Arbeit geleistet, daß auf Ihren Wunsch eine Ausnahme gemacht werden könnte.«

»Nein, danke.« Ainslie schüttelte den Kopf. »Ich habe Leo schon gesagt, daß ich ausscheiden möchte.«

»Das ist mir inoffiziell zu Ohren gekommen, und ich habe volles Verständnis dafür. Wir wollen nur, daß Sie sämtliche Optionen kennen.«

Das »wir« war bedeutsam. Was Figueras sagte, kam also von ganz oben.

»Okay, wägen wir Ihre Zukunft im Department ab«, fuhr der Kommandeur der Abteilung Verbrechensbekämpfung nüchtern fort. »Sie sind mit neununddreißig Jahren Lieutenant geworden. In weiteren drei Jahren könnten Sie Captain sein und dann nach Ermessen des Chiefs zum Major befördert werden. Eine Garantie gibt's dafür natürlich nicht, und Sie wären im Vergleich zu anderen immer ein bißchen alt, weil Sie ziemlich spät zu uns gekommen sind. Nach fünfzehn Dienstjahren könnten Sie mit etwa vierundvierzig Jahren Major werden, und darüber gibt's bekanntlich wenige Jobs, und die Konkurrenz ist verdammt groß. Sie könnten höher hinaufkommen, aber ebensogut als Major pensioniert werden. Sie merken, ich rede ganz offen mit Ihnen, Malcolm.«

»Das ist mir nur recht.«

»Darüber hinaus gibt's eine weitere Tatsache zu beachten, die ich wirklich offen ansprechen will. In letzter Zeit haben Sie vermutlich mehr öffentliche Aufmerksamkeit erregt als jemals irgendeiner unserer Leute. Ein Grund dafür ist natürlich Ihre sehr erfolgreiche Arbeit bei der Mordkommission. Aber die Medien haben sich vor allem auf Ihre Vergangenheit als Priester und Wissenschaftler gestürzt, was mich zu einem weiteren Punkt bringt.«

Ainslie glaubte zu wissen, worauf Figueras hinauswollte.

»Der springende Punkt ist, Malcolm, daß die Medien wegen dieser ganzen Aufmerksamkeit Ihre zukünftige Arbeit im Police Department beobachten und vielleicht übertrieben herausstellen werden. Daran ist an sich nichts auszusetzen, aber das Department könnte sich dabei unbehaglich fühlen. Wie Sie wissen, stehen hier nur wenige Leute ständig im Blickpunkt der Öffentlichkeit, und das gilt sogar für den Chief - die Mehrheit der Einwohner Miamis dürfte nicht einmal seinen Namen kennen. Das ist schon immer so gewesen, und die meisten von uns möchten diesen Zustand beibehalten.«

»Lassen Sie mich etwas klarstellen«, sagte Ainslie. »Soll das heißen, daß es Ihnen trotz meiner Beförderung und so weiter am liebsten wäre, wenn ich den Polizeidienst quittieren würde?«

»Falls Sie diesen Eindruck gewonnen haben«, antwortete Figueras, »habe ich mich mißverständlich ausgedrückt, denn genau das wollen wir auf keinen Fall damit sagen. Aber die meisten von uns hier finden, Malcolm, daß die Aufstiegsmöglichkeiten, die das Department Ihnen noch zu bieten hat, einfach nicht Ihren Fähigkeiten entsprechen. Uns wäre es lieber, Sie ergriffen eine für Sie günstige Chance, Ihre besonderen Fähigkeiten und Kenntnisse besser zu nutzen.«

»Das Dumme ist nur«, meinte Ainslie, »daß ich in letzter Zeit nicht allzu viele Stellenangebote gelesen habe. Aber das sollte ich vielleicht tun.«

Major Figueras lächelte. »Die Mühe können Sie sich sparen, Malcolm. Tatsächlich - und damit kommen wir zum eigentlichen Thema dieses Gesprächs - gibt es eine Organisation außerhalb des Police Department, die sich an den Chief, den Oberbürgermeister und vielleicht auch an andere gewandt hat, um Sie für sich zu gewinnen - zu äußerst günstigen Bedingungen, wie man hört.«

Ainslie runzelte die Stirn. »Kenne ich diese geheimnisvolle Organisation?«

»Das glaube ich nicht. Diese Initiative geht vom Vorsitzenden des Kuratoriums der South Florida University aus.« Figueras warf einen Blick auf die vor ihm liegende Notiz. »Er heißt Dr. Hartley Allardyce. Würden Sie sich mit ihm treffen wollen?«

Das Leben ist voller Überraschungen, dachte Ainslie. Er antwortete: »Wie könnte ich dazu nein sagen?«

6

»Das mag Sie überraschen, Dr. Ainslie«, sagte Hartley Allardyce, »aber wir haben an unserer Universität viel von Ihnen gesprochen, seit Ihre Fähigkeiten und Ihr ursprünglicher Beruf weithin bekanntgeworden sind.«

»Ja, das überrascht mich«, bestätigte Ainslie. »In letzter Zeit überrascht mich fast alles.«

Seit dem Gespräch mit Major Figueras waren drei Tage vergangen. Jetzt saßen Ainslie und Allardyce beim Dinner im City Club in der Innenstadt Miamis. Ainslie fand es seltsam, mit »Doktor« angesprochen zu werden. Obwohl ihm dieser Titel zustand, hatte er ihn jahrelang nicht mehr gehört und zuvor als Geistlicher nie benutzt. Aber unter den gegenwärtigen Umständen...

Dr. Hartley Allardyce, der sich offenbar gern reden hörte, fuhr fort: »Die Öffentlichkeit liebt Lokalmatadore, hat sie schon immer geliebt, und Sie sind einer, seit Sie alle diese gräßlichen Verbrechen aufgeklärt haben. Das Besondere daran ist, daß Sie diese Fälle mit wissenschaftlichen Methoden intellektuell gelöst haben, wofür viele unserer Professoren - aber auch ich - Sie bewundern.«

Ainslie murmelte verlegen lächelnd einen Dank.

Sein Gesprächspartner winkte ab und fuhr fort: »Ihr Aufstieg zu einem in der Öffentlichkeit bekannten Mann hätte zu keinem günstigeren Zeitpunkt erfolgen können - für mich und andere, die ich vertrete. Und hoffentlich auch für Sie.«

Hartley Allardyce war eine so eindrucksvolle Erscheinung, wie sein Name suggerierte: gutaussehend, silberhaarig und braungebrannt, mit selbstbewußtem Auftreten und ansteckendem Lächeln. Er stammte aus einer reichen Familie und hatte sein ererbtes Vermögen als Gründer eines international tätigen Investmentfonds vermehrt. Außerdem interessierte er sich leidenschaftlich für höhere Bildung - daher seine Verbindung zur South Florida University.