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»Jetzt können wir hier drin ruhig auch rauchen«, sagte Lebie und fischte ein dünnes Zigarillo aus seiner Tasche, »Asche auf den Teppich streuen und dicke Fußspuren im Flur hinterlassen. Hat jemand Feuer?«

Harry holte eine Schachtel Streichhölzer aus seiner Jacke und gab ihm Feuer. Er blieb sitzen und betrachtete die Streichholzschachtel mit offensichtlich steigendem Interesse.

»Wißt ihr, was das Besondere an diesen Streichhölzern hier ist?« fragte er.

Die anderen schüttelten pflichtbewußt die Köpfe.

»Hier steht, daß die wasserfest sind. ›Für alle, die sich am Meer oder in den Bergen aufhalten.‹ Hat jemand von euch wasserfeste Streichhölzer?«

Erneutes Kopfschütteln.

»Täusche ich mich, oder muß man in Spezialgeschäfte gehen, um so etwas zu kaufen, und daß die wohl etwas mehr als gewöhnlich kosten?«

Die anderen zuckten mit den Schultern.

»Auf jeden Fall sind das nicht normale, ich habe solche Streichhölzer noch nie gesehen«, sagte Lebie.

Wadkins schaute sich die Schachtel genauer an.

»Ich glaube, mein Schwager hat solche Streichhölzer auf seinem Boot«, sagte er.

»Die hab ich von Toowoomba«, sagte Harry, »er hat sie mir auf der Beerdigung gegeben.«

Es entstand eine Pause. Yong räusperte sich.

»Draußen im Gang hängt ein Bild von einem Segelboot«, sagte er zögernd.

Es war ein Uhr.

»Vielen Dank für deine Hilfe, Liz«, sagte Yong und legte das Handy zur Seite. »Wir haben es! Es liegt im Hafen der Lady Bay und ist auf einen Gert van Hoos registriert.«

»Okay«, sagte Wadkins. »Yong, du bleibst mit den zwei Beamten hier, falls Toowoomba doch noch auftaucht. Lebie, Harry und ich nehmen den Wagen und fahren da jetzt sofort hin.«

Es war wenig Verkehr, und Lebies neuer Toyota summte mit 120 vergnügt über die New South Head Road.

»No backup, Sir?« fragte Lebie.

»Wenn er dort ist, sind drei Mann mehr als genug«, sagte Wadkins. »Nach Aussage von Yong hat er keinen Waffenschein, und ich glaube auch nicht, daß er ein Typ ist, der gleich rumballert.«

Harry konnte sich nicht mehr beherrschen.

»Was ist das für ein Gefühl, Sir? Ist es das gleiche, das Ihnen gesagt hat, daß es eine gute Idee ist, in seine Wohnung einzubrechen? Oder den Sender in ihrer Tasche zu verstecken?«

»Holy, ich …«

»Ich frage ja nur, Sir. Wenn wir uns auf Ihr Gefühl verlassen sollen, dann müssen wir ja wohl, in Anbetracht all dessen, was geschehen ist, davon ausgehen, daß er sofort die Knarre zieht. Nicht daß …«

Harry spürte, daß er laut geworden war, und senkte ein wenig seine Stimme. Jetzt nicht, sagte er zu sich selbst. Noch nicht. Und dann vollendete er deutlich leiser seinen begonnenen Satz.

»Nicht daß ich etwas dagegen hätte, das heißt nur, daß ich ihn dann ja mit Blei vollpumpen darf.«

Wadkins zog es vor, nicht zu antworten, sondern statt dessen mit saurer Miene aus dem Fenster zu starren, während sie schweigend dahinfuhren. Im Rückspiegel sah Harry Lebies vorsichtiges, unergründliches Lächeln.

Es war halb zwei.

»Lady Bay Beach«, sagte Lebie und zeigte nach vorne. »Übrigens ein passender Name. Das ist nämlich Sydneys Schwulenstrand Nummer eins.«

Sie entschlossen sich, den Wagen außerhalb des Hafengeländes abzustellen, und gingen über eine Grasfläche zu dem kleinen Yachthafen hinunter. Die Masten der Boote ragten an beiden Seiten des schwimmenden Anlegers in die Höhe.

Am Eingang des Geländes saß eine schläfrige Aufsicht in einer sonnengebleichten, blauen Uniformjacke. Der alte Mann lebte auf, als Wadkins ihm die Polizeimarke unter die Nase hielt, und beschrieb ihnen sofort, wo das Boot von Gert van Hoos lag.

»Ist jemand an Bord?« fragte Harry.

»Nicht daß ich wüßte«, sagte die Aufsicht. »Aber es ist jetzt im Sommer ein bißchen schwierig, die Übersicht zu behalten. Ich glaube aber, daß schon seit ein paar Tagen niemand mehr auf dem Boot war.«

»Und davor?«

»Ja, wenn ich mich nicht täusche, war Herr van Hoos am späten Samstagabend hier. Er parkt seinen Wagen immer ganz unten am Wasser. Im Laufe der Nacht ist er dann wieder gefahren.«

»Und seitdem war niemand auf seinem Boot?« fragte Wadkins.

»Nicht während meiner Schicht. Aber ich bin hier ja zum Glück nicht alleine.«

»War er allein?«

»Soweit ich weiß, ja.«

»Hat er etwas an Bord gebracht? Hat er etwas getragen?«

»Bestimmt. Ich weiß nicht mehr. Die meisten bringen aber irgend etwas mit.«

»Können Sie uns Mr. van Hoos kurz beschreiben?« fragte Harry.

Die Aufsicht kratzte sich am Kopf. »Nein, eigentlich nicht.«

»Warum nicht?« fragte Wadkins überrascht.

Die Aufsicht druckste herum. »Nun, äh, um ehrlich zu sein, für mich sehen alle Aborigines gleich aus.«

Die Sonne glitzerte auf dem ruhigen Wasser zwischen den Anlegern, aber weiter hinten rollten große schwere Wellen auf den Strand zu. Als sie langsam über den schwimmenden Anleger gingen, bemerkte Harry, daß der Wind hier draußen kräftiger blies. Sie erkannten das Boot an dem Namen »Adelaide« und der Registrierungsnummer wieder, die seitlich auf den Rumpf geschrieben waren. Die »Adelaide« gehörte nicht zu den größten Booten des Yachtclubs, aber sie sah sehr gepflegt aus. Yong hatte ihnen erklärt, daß Segelboote mit Hilfsmotor erst ab einer bestimmten Größe registrierungspflichtig waren, daß sie also eine gehörige Portion Glück gehabt hätten. So viel, daß Harry das unbehagliche Gefühl hatte, es könne schon aufgebraucht sein. Der Gedanke, daß Birgitta vielleicht an Bord sein könnte, ließ sein Herz hart und heftig schlagen.

Wadkins signalisierte Lebie, als erster an Bord zu gehen. Harry entsicherte seine Pistole und zielte auf die Kabinenluke, während Lebie vorsichtig seine Füße auf das Achterdeck stellte. Wadkins stolperte bei dem Versuch, an Bord zu gehen, über das Ankerseil und knallte mit seinem Fuß hart auf das Kabinendeck. Sie hielten inne und lauschten, doch außer dem Wind und den Wellen, die sachte an der Seite des Bootes schmatzten und plätscherten, war nichts zu hören. Sowohl die Luke zum Salon als auch die zur Achterkabine waren mit Vorhängeschlössern verriegelt. Lebie kramte die Dietriche heraus und begann zu arbeiten, und nach wenigen Minuten war das Problem aus der Welt.

Lebie öffnete die Luke zum Salon, und Harry kletterte als erster hinein. Es war dunkel dort unten, und Harry hockte sich mit gezückter Pistole hin, bis Wadkins unten war und die Vorhänge zur Seite gezogen hatte. Das Boot war einfach, aber geschmackvoll eingerichtet. Der Salon war aus Mahagoni, ansonsten jedoch gab es keinen Überfluß. Eine Seekarte lag ausgebreitet auf dem Salontisch. Über dem Tisch hing ein Bild von einem jungen Boxer.

»Birgitta!« rief Harry. »Birgitta!«

Wadkins berührte seine Schulter.

»Sie ist nicht hier«, stellte Lebie fest, nachdem sie das Boot von der Achterkabine bis zur Bugspitze durchsucht hatten. Wadkins hatte seinen Kopf in einer der Kisten unter den Sitzen des Achterdecks vergraben.

»Vielleicht war sie hier«, sagte Harry und blickte über das Meer. Der Wind hatte aufgefrischt, und die Wellenberge weiter draußen hatten weiße Schaumkronen bekommen.

»Wir bestellen die Jungs von der Spurensicherung her, mal sehen, was die finden«, sagte Wadkins und richtete sich auf. »Das heißt dann aber, daß er noch ein Versteck hat, von dem wir keine Ahnung haben.«

»Oder …«, sagte Harry.

»Blödsinn! Er hat sie irgendwo versteckt, wir müssen sie bloß finden!«

Harry hockte sich hin. Der Wind spielte mit seinen Haaren. Lebie versuchte, sich ein Zigarillo anzustecken, gab aber schließlich nach ein paar ergebnislosen Versuchen auf.

»Was machen wir jetzt?« fragte er.

»Wir sollten auf jeden Fall hier vom Boot verschwinden«, sagte Wadkins. »Er kann uns oben vom Weg sehen, wenn er kommt.«