Als ich ihn so sprechen hörte, wolle ich sogleich wie besessen springen und setzen, damit er vom Kaufe abstehen möchte, wenn er mich so wild sähe; allein er war zu hitzig. Er kam meiner Absicht zuvor und bezahlte flugs die verlangten siebzehn Denar an meinen Herrn. Dieser freute sich herzlich, mich loszuwerden, und säumt nicht, an einem Ginstseile mich meinem neuen Eigentümer, der Philebus hieß, zu übergeben. Er zog mich nach Hause.
Kaum hatte er die Hausschwelle betreten, so schrie er schon: »Schaut, Mädchen! Schaut doch den allerliebsten Sklaven, den ich euch vom Markte mitbringe!«
Diese seine Mädchen waren nichts anderes als ein Schwarm Verschnittener, die voller Freuden herbeistürzten und mit feinen, grellen Weiberstimmchen in höchst unangenehmes Gekreisch erhoben. Sie dachten wirklich, Philebus habe irgendein junges, artiges Kerlchen von Sklaven zu ihrem Dienste gekauft. Als sie sich aber betrogen fanden und nicht eine Hindin für eine Jungfrau, sondern statt eines Kerls einen Esel untergeschoben sahen, zogen sie verzweifelte Gesichter und höhnten ihren Herrn aus.
»Nicht also!« riefen sie, »wo wäre das ein Sklave für uns? Ein Buhle für Euch ist es! Aber Ihr werdet ihn doch nicht lediglich auf Euren Leib Euch halten, sondern auch zuweilen uns damit ergötzen?«
Unter diesem und dergleichen Geschnatter führten sie mich an eine Krippe und banden mich an.
Es war bei ihnen ein junger, ziemlich vierschrötiger Kerl, ein geschickter Zinkenist, der für das Geld, das sie ihrem Maule abgespart hatten, war angeschafft worden. Bei den Umzügen mit der Göttin mußte er auf der Zinke blasen; zu Hause bedienten sie sich desselben um die Wette zu ihren Lüsten. Sobald dieser mich sah, brachte er mir von freien Stücken reichlich zu essen und sprach erfreut zu mir:
»Herzlich willkommen, teurer lieber Vicarius[72] des allerschmutzigsten Dienstes in der Welt! Oh, möchtest du recht lange leben und unseren Herren gar wohlgefallen, damit ich nicht völlig ausgemergelt werde und wieder ein wenig zu Kräften komme!«
Als ich das hörte, ging mir über meine künftige Bestimmung heißes Grauen an.
Anderntags legte die gesamte Priesterbande Gewänder von allerlei Farben an, putzte sich aufs lächerlichste heraus, schminkte sich zierlich das Gesicht, malte die Augenbrauen und zog in Prozession aus. Einige von ihnen mit safrangelben, leinenen, auch seidenen Binden, weiß und purpurn gestreiften Kleidern, von einer Schärpe umgürtet, und mit braunen Schuhen, setzten die Göttin, in einen seidenen Mantel gehüllt, auf meinen Rücken. Die Arme entblößt bis an die Schultern, große Schwerter und Äxte schwingend, hüpften sie jauchzend einher; von dem Geflüster der Flöten mehr und mehr zu ihrem ekstatischen Tanze ermuntert.
Nachdem sie vor vielen schlechten Hütten vorübergezogen, kamen sie zum stolzen Landsitze eines vornehmen Reichen. Mit dem ersten Fuß, den sie hineinsetzten, gerieten sie in fanatische Wut, erhoben ein mißtönendes Geheul und machten das seltsamste Getümmel. Sie wirbelten lange mit gesenktem Haupte, den Hals aufs sonderbarste biegend und wendend und das lose Haar schüttelnd, im Kreise herum. Zuweilen bissen sie sich in die aufgeschwollenen Muskeln und zuletzt zerritzten sie sich gar die Arme mit ihren zweischneidigen Schwertern.
Einer unter ihnen raste noch toller als die übrigen; er rollte fürchterlich die Augen, schnaufte, brauste, schäumte, stellte sich wahnsinnig: und das zum Beweis, daß er ganz göttlichen Geistes voll sei, gerade als müsse die Gegenwart der Götter den Menschen nicht stärken und erheben, sondern schwächen und niederdrücken. Aber hört, was die göttliche Vorsehung ihm dafür zum Lohne gab!
Sie ließ ihn überlaut weissagen; gleisnerisch sich selbst anklagen, als habe er sich gegen die heilige Religion einer Sünde schuldig gemacht, und zur Buße für sein schweres Verbrechen eigenhändige Kasteiung von sich selbst fordern. Nun nahm er eine Geißel, welche dergleichen dies Halbmannsgesindel immer führt, mit einer wollenen Schnur, die unten weit aufgefasert und mit vielen spitzen Schafknöchelchen versehen ist, und zerpeitschte sich damit gottserbärmlich, ohne jedoch die allergeringste Empfindlichkeit gegen den Schmerz erblicken zu lassen.
Der Boden schwamm vom Blute, das aus den Schnitten und Hieben dieses Weiblings floß. Ich geriet über solch ein Blutvergießen in die größte Angst. Ich fürchtete, die fremde Göttin möchte endlich auch noch auf Eselsblut (wie manche Leute auf Eselsmilch) Appetit bekommen. Sie wurden inzwischen endlich müde oder vielmehr sie hatten es satt, sich weiter zu zerfleischen, und machten der Schinderei ein Ende. Die Leute drängten nun herbei und schenkten ihnen reichlich eherne, ja auch silberne Münzen, die sie mit aufgehaltenem Schoße einsammelten; auch gab man ihnen ein Faß Wein, Milch, Käse und Roggen- und Weizenmehl; ja sogar Gerste für den Träger der Göttin.
Sie rafften alles sehr gierig zusammen, taten es in Säcke, welche sie mit Fleiß dazu eingerichtet hatten, und hingen es mir über den Rücken, so daß ich doppelt schwer zu tragen hatte und zu gleicher Zeit als Magazin und als Tempel einherging. Solchergestalt zogen sie beständig umher und setzten die ganze umliegende Gegend in Kontribution.
Erfreut über ihrer gesegnete Ernte, wollten sie sich nun einmal traktieren. Was haben sie zu tun? Als sie nach einer Burg kommen, wird ein Orakel geschmiedet: »Es hungere die syrische Göttin, der Pächter solle ihr einen fetten Hammel zum Opfer bringen.«
Das geschieht. Nun richten sie die leckerste Mahlzeit zu, gehen ins Bad, waschen sich und lesen sich da einen recht stammhaften, wohlversehenen Bauernkerl aus, den nehmen sie mit zu Gaste.
Kaum ist die Vorkost berührt, als schon das ausgelassene Gesindel sich der abscheulichsten Unzucht überläßt. Nackend wird der arme Bauer ausgezogen, und alle sind zugleich über ihm her und muten ihm die allerschändlichsten Dinge zu.
Ich konnte diese Greuel nicht mit ansehen. »O ihr Bürger, Hilfe!« wollte ich rufen; allein nichts als O und keine Silbe weiter kam heraus, doch laut und so stark; daß sich dessen kein Esel zu schämen gehabt hätte.
Ich hätt’ es nicht besser treffen können; denn in verwichener Nacht hatte man aus dem nächsten Dorf einen Esel gestohlen. Die Eigentümer desselben hatten schon vergeblich danach in allen Herbergen umhergesucht. Sie hörten mein Iah im Innern des Hauses, dachten, man halte ihr Tier in irgendeinem Schlupfwinkel verborgen, und stürmten, desselbigen wieder habhaft zu werden, Knall und Fall zu uns in die Stube herein, wo sei denn die Unfläter bei ihrem heillosen Spiele überrumpelten. Augenblicklich riefen sie die Nachbarn zusammen und eröffneten ihnen diesen schmutzigen Auftritt, nicht ohne den bittersten Spott über die keusche Zucht der hochehrwürdigen Herren. Im Nu wußte es alle Welt.
Die Priester wußten sich vor Schimpf und Schande nicht zu bergen. Hurtig packten sie alles zusammen und machten sich bei Nacht und Nebel aus dem Staube.
Nachdem wir noch vor Sonnenaufgang ein großes Stück Weges gemacht, befanden wir uns mit Tagesanbruch in einer abgelegenen einsamen Gegend. Da steckten sie eine Weile die Köpfe zusammen, und das Ende vom Liede war, mir vollständig den Garaus zu machen.
Sie nahmen mir die Göttin vom Rücken und setzten sie auf die Erde, zogen mir alle Decken ab; und somit mich an eine Eiche gebunden und mit den zusammengekettelten, mit Tierknöchelchen bewaffneten Geißel schier zu Tode gehauen! Einer wollte mir sogar mit der Axt die Hessen abhacken, daß ich so öffentlich seine unbescholtene Tugend befleckt hätte; doch die übrigen widersetzten sich, zwar nicht um meinetwillen, sondern wegen der am Boden liegenden Göttin. Also kam ich noch mit dem Leben davon. Sie packten mir alles wieder auf, und mit flachen Degen mich vor sich hertreibend, gelangten wir zu einer ansehnlichen Stadt.