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Alle Welt! Was wurde da für Anstalten gemacht! Vier Verschnittene bereiteten flugs auf der Erde ein weiches Lager. Über große, von leichtem Flaum hochgeblähte Pfühle deckten sie ein mit Gold und tyrischem Purpur gesticktes Laken und legten Kissen von allerhand Größe darauf, womit das zärtliche Frauenzimmer teils die Wangen, teils den Nacken zu unterstützen pflegte. Dies getan, und das ganze Zimmer mit schimmernden Wachskerzen so hell wie bei Tage erleuchtet, verzögerten sie nun nicht länger die Wollust ihrer Gebieterin und begaben sich hinweg.

Nun entkleidete sich die Dame ganz und gar, legte auch die Binde ab, somit sie ihren schönen Busen eingeschnürt hatte, trat an das Licht und salbte sich aus einem zinnernen Gefäß sich und mich reichlich mit Balsam; vorzüglich aber badete sie damit meine Schenkel und Lenden samt den Werkzeugen der Wollust, welche sie vorher mit chiischem Rosenwasser gereinigt. Priapus[78], sofort durch ihre niedlichen Hände herbeigezaubert, winkte ihr gefällig mit starrem, erhobenem Zepter. Sobald sie die günstige Gegenwart des Gottes vernommen, umhalste sie mich aufs zärtlichste und küßte mich; aber nicht, wie in liederlichen Häusern feile Dirnen ihre kampflustigen Buhler zu küssen pflegen, sondern mit dem wärmsten, innigsten Gefühle der Seele. Sie liebkoste mich mit all den süßen Worten der Liebe, womit die Weiber ihre Zuneigung an den Tag legen, um die unsrige zu erwecken.

»Dich liebe ich!« rief sie, »nach dir sehnt mein Herz sich! Du, mein Einziger! Mein Auserwählter! Ohne dich kann ich nicht leben!« und so dergleichen.

Endlich faßte sie mich bei der Halfter und zog mich zu sich auf das Bette nieder. Ich machte ihr keine sonderliche Mühe; denn Behendigkeit hatte ich gelernt, und meine Begierde, nach so langer Zeit einmal wieder bei einem hübschen Weibe zu schlafen, war ganz rege, um so mehr, da ich mir vorher in gutem Weine gütlich getan und der wohlriechende Balsam meinen Kitzel auf äußerste gereizt hatte.

Angst und bange war ich aber dennoch, wie bei so langen Stakbeinen den Thron der Liebe zu besteigen? Wie so sanfte, zarte, glänzende, von lauter Milch und Honig geknetete Glieder mit eisernen Hufen zu umfassen? Wie so kleine ambrosiaduftende Purpurlippen küssen? Und wie endlich, möchte die Dame auch vor Lust bis in die äußersten Fingerspitzen glühen, ein so übergroßes Opfergefäß in das enge Heiligtum der Wollust hineinzubringen sei?

»Wehe dir«, dachte ich bei mir selbst, »wo du eine so vornehme Dame sprengst! Dann kannst du dich nur gefaßt machen, bei deines Herrn Kampfspielen mit zu fungieren und den reißenden Tieren vorgeworfen zu werden!«

Unterdessen verdoppelte die Dame ihre Liebkosungen, herzte, küßte mich und girrte und verdrehte im Taumel stechender Begierden die Augen. Zuletzt rief sie: »Ha, nun hab’ ich dich! Hab’ ich dich, mein Täubchen! Mein Vögelchen!« Und mit den Worten zeigte sie, daß alle meine Besorgnis und Furcht töricht und überflüssig war; denn sie umschlang mich und nahm mich ganz, ganz sage ich, auf!

So oft ich, ihrer schonend, mein Hinterteil zurückzog, so oft flog sie elastisch in jähem Schwung mir nach, und, je fester und fester mit ihren Armen mein Rückgrat umfassend, schloß, drückte, preßte, schmiegte sie sich brünstiger an mich an, so daß ich, beim Herkules! gar glaubte, es mangle mir noch etwas zur Befriedigung ihrer Üppigkeit, und im Ernst auf den Argwohn geriet: die Mutter des Minotaurs müsse sich wohl nicht ohne Grund lieber einen brüllenden Liebhaber zur Kurzweil erkoren haben.

Nachdem die Dame auf die Art die Nacht mit mir sehr geschäftig und des Schlafes uneingedenk hingebracht hatte, dingte sie von meinem Wärter für denselben Preis die folgende wieder und begab sich, um von niemand gesehen zu werden, noch vor Tage hinweg. Der Freigelassene vergönnte ihr um so williger, sich abermals nach ihrem Gefallen mit mir zu belustigen, weil er, ungerechnet, daß er reichlich dafür bezahlt wurde, auch seinem Patrone das Vergnügen dieses neuen Schauspiels geben wollte.

Sobald wir die Szene aufs neue eröffnet, rief er diesen unverzüglich herbei. Thyasus machte ihm ein großes Geschenk dafür und bestimmte mich sogleich, bei seiner Lustbarkeit dieselbe Komödie öffentlich vor dem Volke zu spielen. Da aber weder meine holdselige Dame, ihres Standes wegen, noch sonst jemand anders eine Mitaktrice abgeben mochte, so mußte man für vieles Geld eine Missetäterin dazu nehmen, die vom Statthalter der Provinz verurteilt war, den wilden Tieren vorgeworfen zu werden. Wie ich hörte, war ihre Geschichte ungefähr diese:

Der Vater des Mannes, den sie gehabt, hatte vormals bei einer vorhabenden Reise seinem Weib, die er gesegneten Leibes zurückließ, befohlen, daß, wenn sie eine Tochter zur Welt brächte, sie dieselbe gleich umbringen sollte[79]. Die Frau war in der Abwesenheit desselben wirklich von einer Tochter entbunden worden; aus natürlicher mütterlicher Zärtlichkeit aber hatte sie’s nicht über ihr Herz bringen können, den Befehl des Mannes zu erfüllen, sondern hatte das Kind ihrer Nachbarschaft zum Erziehen gegeben, und als ihr Mann wieder zurückkam, sagte sie, sie habe eine Tochter geboren und sie, seinem Willen gemäß, getötet.

Das Mädchen wuchs heran. Als es nun mannbar und, ohne Wissen des Vaters, die Mutter es nicht standesgemäß aussteuern konnte, entdeckte sich dieselbe in dieser Verlegenheit ihrem Sohne; um so mehr, da sie auch zu verhüten hatte, daß Bruder und Schwester nicht, aus Jugend und Unwissenheit, zu genau miteinander bekannt würden.

Der Jüngling, von dem besten Herzen, tat, was die Pflicht gegen seine Mutter und Schwester ihm auferlegte. Er verschwieg das ihm anvertraute Geheimnis aufs heiligste, und unter dem Scheine eines allgemeinen Mitleids gegen eine arme verlassene Waise übte er die zärtlichste Bruderliebe gegen das Mädchen. Er nahm sie zu sich in sein Haus, bestimmte ihr von seinem eigenen Vermögen eine ansehnliche Mitgift, und eben wollte er sie an seinen vertrautesten Freund verheiraten, als das Glück diese so löbliche, so großmütige Absicht auf die grausamste Weise vereitelte.

Von höllischer Eifersucht war diese Missetäterin, dieses edeln Jünglings Gattin, besessen. Sie sah das Mädchen für ihre Nebenbuhlerin, für eine Beischläferin ihres Mannes an, ward derselben von Tag zu Tag gehässiger und trachtete ihr endlich mit schrecklicher Mordlust nach dem Leben. Sie ging dabei folgendermaßen zu Werke:

Sie bemächtige sich heimlich des Ringes ihres Gemahls, begab sich aufs Land und sandte von dort aus einen mit ihr einverstandenen, aber aller Treue und Redlichkeit abgeneigten Sklaven an das Mädchen. Dieser mußte sagen: Der junge Herr, der eben nach dem Landhause gekommen, schicke ihn, sie möchte ihm doch unverzüglich dahin folgen: aber allein, ohne alle Begleitung. Zum Kreditiv seiner Gesandtschaft mußte er den gestohlenen Ring produzieren.

Auf dieses Merkmal stand das Mädchen um so weniger an, dem Befehle ihres Bruders Gehorsam zu leisten. Ohne Verzug und Begleitung, wie es verlangt worden, machte sie sich auf und fing sich in der ihr in so hinterlistiger Weise gelegten Schlinge.

Das vor Eifersucht rasende Weib versicherte sich derselben sogleich, ließ sie nackend ausziehen und zerpeitschte sie halbtot. Das Mädchen schrie und beteuerte, was die Wahrheit war: nicht Beischläferin, sondern die Schwester ihres Mannes sei sie! Mit Unrecht hege man Eifersucht gegen sie. Doch anstatt die wilde Furie zu besänftigen, brachten sie diese Worte nur noch mehr auf; sie hielt sie für nichts als Unwahrheit und Arglist. Sie nahm einen glühenden Feuerbrand und fuhr damit ihrer Schwägerin zwischen die Lenden. So mußte das beste, harmloseste Mädchen des entsetzlichsten Todes sterben!

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78

Gott der Fruchtbarkeit.

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79

Es ist bekannt, daß es bei den Griechen und Römern den Vätern freistand, ob sie ihre neugeborenen Kinder wollten am Leben lassen oder nicht.