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In der Philosophie des Zen gibt es keinen Gott; das ist ihre Schönheit. Doch sie besitzt enormes Wissen über die Transformation des Bewusstseins, sie gibt einem so viel Bewusstheit, dass man nichts Böses mehr tun kann. Da bei handelt es sich nicht um ein Gebot von außen, sondern es kommt aus dem innersten Sein. Sobald man das Zentrum seines Wesens erkannt hat, sobald man weiß, dass man eins ist mit dem Kosmos – und der Kosmos wurde niemals erschaffen, er war schon immer da und wird immer da sein, von Ewigkeit zu Ewigkeit –, sobald man sein eigenes strahlendes Wesen erkannt hat, den verborgenen Gautama Buddha, ist es unmöglich, etwas Falsches zu tun, ist es unmöglich, etwas Böses zu tun, ist es unmöglich, eine Sünde zu begehen.

Friedrich Nietzsche wurde in der letzten Phase seines Lebens beinahe wahnsinnig. Er wurde institutionalisiert, verbrachte einige Zeit in einer psychiatrischen Anstalt. Solch ein Geistesgigant, was war mit ihm passiert? Er war zu dem Schluss gekommen: »Gott ist tot«, doch das ist eine negative Schlussfolgerung. Er wurde leer, doch seine Freiheit war ohne Bedeutung. Es war keine Freude in ihm, denn es war nur eine Freiheit von Gott, doch wofür? Die Freiheit besitzt zwei Seiten: von etwas und für etwas. Die andere Seite fehlte. Das machte ihn wahnsinnig.

Leere treibt Menschen immer in den Wahnsinn. Man braucht etwas Erdendes, etwas Zentrierendes, man braucht eine Verbindung zur Existenz. Wenn Gott tot ist, ist die Verbindung zur Existenz zerstört. Wenn Gott tot ist, ist man allein und ohne Wurzeln. Ein Baum kann ohne Wurzeln nicht leben, und der Mensch ebensowenig.

Gott existiert nicht, doch er war ein guter Trost. Er füllte das Innere der Menschen aus, auch wenn er eine Lüge war. Doch wenn eine Lüge jahrtausendelang tausendmal wiederholt wird, wird sie beinahe zu Wahrheit. Gott war für die Menschen in ihrer Angst, in ihrer Furcht, in ihrem Schrecken vor Alter und Tod und darüber hinaus – vor der unbekannten Finsternis – ein großer Trost. Gott war ein gewaltiger Trost, auch wenn er eine Lüge war. Lügen können einen trösten, das muss man verstehen. Tatsächlich sind Lügen süßer als die Wahrheit.

Gautama Buddha soll gesagt haben: »Die Wahrheit ist am Anfang bitter, doch am Ende süß, und Lügen sind am Anfang süß, doch am Ende bitter« – wenn sie als Lügen entlarvt werden. Dann taucht eine enorme Bitterkeit auf, darüber, dass man von den Eltern, von den Lehrern, von den Priestern, von allen sogenannten Führern, getäuscht und betrogen wurde. Ihr wurdet fortlaufend getäuscht und betrogen. Diese Frustration führt zu einem starken Misstrauen gegenüber allen. »Niemand ist vertrauenswürdig ... «

Das erzeugt ein Vakuum.

Nietzsche war also in dieser letzten Phase seines Lebens nicht wirklich wahnsinnig; es war einfach nur die unvermeidliche Folge seines negativen Zugangs. Der Intellekt kann nur negativ sein; er kann argumentieren und kritisieren und sarkastisch sein, doch er kann einem keine Nahrung geben. Ein negativer Standpunkt kann einem keine Nahrung geben. Er verlor also seinen Gott, und damit verlor er seinen Trost. Er wurde frei, doch nur, um wahnsinnig zu werden.

Und das gilt nicht nur für Friedrich Nietzsche, also kann man nicht sagen, dass es einfach nur ein Zufall war. Viele intellektuelle Giganten finden sich in Irrenhäusern wieder oder begehen Selbstmord, weil niemand in einer negativen Finsternis leben kann.

Man braucht Licht und eine positive Erfahrung von Wahrheit.

Nietzsche beseitigte das Licht und erzeugte ein Vakuum in sich selbst und in allen, die ihm folgten.

Wenn ihr in eurem tiefsten Innern ein Vakuum verspürt, absolute Leere ohne Sinn und Bedeutung, dann geht das auf Friedrich Nietzsche zurück. Eine ganze Philosophie ist im Westen daraus entstanden: Nietzsche war der Begründer dieses negativen Zugangs zum Leben.

Kierkegaard, Sartre, Marcel, Jaspers und Heidegger – all die großen Giganten der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts – sprachen nur über Sinnlosigkeit, Angst, Leiden, Furcht, Schrecken, Qual.

Und diese Philosophie wurde im Westen als Existentialismus bezeichnet. Das ist sie aber nicht. Sie ist einfach Nicht-Existentialismus. Sie zerstört alles, was euch getröstet hatte.

Ich stimme der Zerstörung zu, denn das, was den Menschen getröstet hatte, waren nur Lügen. Gott, Himmel und Hölle – all das waren Fiktionen, die nur dazu erschaffen worden waren, um den Menschen zu trösten. Es ist gut, dass sie zerstört wurden, doch damit lässt man den Menschen in einem vollkommenen Vakuum zurück. Aus diesem Vakuum heraus wurde der Existentialismus geboren, und das ist der Grund, warum er nur über Sinnlosigkeit spricht: »Das Leben hat keinen Sinn.« Er spricht über Bedeutungslosigkeit:

»Du bist nur Zufall. Ob du hier bist oder nicht, ist für die Existenz nicht von Bedeutung. « Und diese Menschen nennen ihre Philosophie Existentialismus. Sie sollten sie Akzidentalismus nennen. Du wirst nicht gebraucht; du bist nur durch einen bedeutungslosen Zufall in Erscheinung getreten. Gott machte euch zu Marionetten, und die Philosophen von Nietzsche bis Sartre machen euch zu einem Zufall.

Doch der Mensch hat in seinem Innern ein enormes Bedürfnis, mit der Existenz verbunden zu sein. Er braucht Wurzeln in der Existenz, denn nur wenn seine Wurzeln tief in die Existenz reichen, wird er zu einem Buddha erblühen , wird er sich zu Millionen von Blüten öffnen, wird sein Leben nicht bedeutungslos sein. Dann wird sein Leben von Bedeutung, Sinn und Segen überfließen; sein Leben wird ein einziges Feiern sein.

Doch die Schlussfolgerung der sogenannten Existentialisten ist, dass wir unnötig sind, dass unser Leben keinen Sinn, keine Bedeutung hat. Die Existenz braucht uns nicht!

Daher möchte ich Friedrich Nietzsches Werk zu Ende bringen, denn es ist unvollständig. Es wird die ganze Menschheit in den Wahnsinn treiben – nicht nur Friedrich Nietzsche selbst, sondern die ganze Menschheit. Ohne Gott seid ihr natürlich frei, doch wozu? Ihr steht mit leeren Händen da. Auch vorher waren eure Hände leer, denn das, womit sie gefüllt waren, waren lauter Lügen.

Doch nun ist euch vollkommen bewusst, dass eure Hände leer sind und ihr nirgendwo hingehen könnt.

Ich habe einmal von einem berühmten Atheisten gehört. Er starb, und seine Frau zog ihm seine besten Kleider an, seine besten Schuhe, bevor er in den Sarg gelegt wurde – die beste Krawatte, das Allerteuerste. Sie wollte ihm eine schöne Abschiedsveranstaltung geben, ein schönes Lebewohl. Er war so gut angezogen wie noch nie zuvor in seinem ganzen Leben.

Dann kamen die Freunde und Nachbarn. Und eine Frau meinte:

»Oje! Nun ist er so ausgehfein und wird doch nirgendwo mehr hingehen!« Das ist der Zustand, in dem jede negative Philosophie den Menschen hinterlässt: in Schale geworfen, ausgehfein, und er kann nirgendwo hingehen! Solch ein Zustand erzeugt Wahnsinn.

Es war kein Zufall, dass Friedrich Nietzsche wahnsinnig wurde, es war das Ergebnis seiner negativen Philosophie. Daher nenne ich diese Serie von Vorträgen: »Gott ist tot, und Zen ist nun die einzige lebendige Wahrheit.«

Ich stimme vollkommen mit Friedrich Nietzsche überein, was Gott betrifft, doch ich möchte seine Aussage vervollständigen, was er nicht tun konnte. Er war kein Erwachter, er war kein Erleuchteter.

Auch Gautama Buddha hatte keinen Gott, auch Mahavira hatte keinen Gott, doch sie wurden niemals wahnsinnig. Alle Zen-Meister und alle großen taoistischen Meister – Laotse, Chuang-Tse, Lieh-Tse – keiner von ihnen wurde verrückt, und sie alle hatten keinen Gott. Sie hatten keinen Himmel und keine Hölle. Worin besteht der Unterschied? Warum wurde Gautama Buddha nicht verrückt?

Und das gilt nicht nur für Gautama Buddha. In zweitausendfünfhundert Jahren wurden Hunderte seiner Schüler erleuchtet, und sie sprechen niemals von einem Gott. Sie sagen nicht einmal, dass es keinen Gott gibt, weil es dazu keine Veranlassung gibt. Sie sind keine Atheisten. Auch ich bin kein Atheist, und ich bin auch kein Theist. Es gibt ganz einfach keinen Gott, also gibt es auch keine Frage von Atheismus oder Theismus.