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»Schau durchs Mikroskop!« bat Ben. Kai folgte und sah ein Gewimmel von zitternden grünen Stäbchen.

»Bakterien«, erklärte Ben.

Sie fuhren nun zum zweiten Krater. Als sie auf einem Platz hielten und ausstiegen, begann der Geigerzähler zu ticken. Sie gingen der Strahlung nach und stellten fest, daß sie von einem der schirmartigen Körper ausging, der wie ein überdimensionaler Schwamm auf dem Weg saß.

Während Ben mit seinen Messungen begann, drang Kai wieder in einige Häuser ein. Auch hier stieß er auf keine Spuren von etwas Lebendigem.

»... hast du gefunden?« fragte er, als er wieder bei Ben anlangte.

»Radioaktives Strontium«, erklärte dieser, »allerdings hat die Strahlung ganz schwache Intensität.« Sie betraten das Raumschiff und stiegen auf.

»Vielleicht sind die Wesen sehr empfindlich gegen Radioaktivität«, vermutete Kai. »... nehme an, wir sind in einen Krieg hineingekommen, und sie haben sich in unterirdische Schutzräume zurückgezogen.«

»Es gibt eine bessere Erklärung«, sagte Ben. »... du weißt, geht der Zerfall von radioaktiver Substanz unaufhaltsam vor sich. Strontium verwandelt sich dabei in Yttrium. Aus dem Mengenverhältnis zwischen dem unverbrauchten strahlenden Stoff und dem Endprodukt kann man berechnen, wie alt die radioaktive Probe ist. Ich bin auf ein Alter von 2 600 Jahren gekommen. Das erklärt, warum die Strahlung so schwach ist. Die radioaktiven Ladungen sind seit dieser Zeit nicht erneuert worden.«

»Wahrscheinlich gibt es also hier seit zweitausendsechshundert Jahren keine Lebewesen mehr!« sagte Kai. »... kam es aber zu den Kampfhandlungen?«

»... selbst haben sie ausgelöst, als wir das Netz zerrissen. Ein automatisches System schickte die radioaktiven Ladungen gegen den einzig als möglich erachteten Feind, gegen die Stadt im zweiten Krater. Auch dort gab es eine Alarmanlage, die mit einem Bakterienangriff antwortete.«

»... bin froh, daß wir nicht zweitausendsechshundert Jahre früher kamen«, meinte Kai.

»... auch«, antwortete Ben und sah noch einmal zu den beiden Krateraugen zurück, die wie vorher einsam in der glitzernden Fläche des Meeres lagen. Über einem von ihnen lag nun ein grüngrauer Schimmer.

3

Flucht und Zuflucht

Die Erde ist nicht den Menschen, sondern der Mensch der Erde angepaßt. Stets und überall richtet sich das Lebewesen nach der biologisch bestimmenden Umwelt, nach dem Biotop, wie der Naturwissenschaftler sich ausdrückt. Je mehr diese Umgebung vom Gewohnten abweicht, um so mehr unterscheidet sich die Lebensform von denen der Erde, die – trotz ihrer augenfälligen Unterschiedlichkeit – doch Wesentliches gemeinsam haben. Es sind kohlenstoffchemische Bildungen, die ihre Energie direkt oder indirekt der Sonne entnehmen. Denkbar sind aber noch andere Systeme, etwa solche auf elektrischer oder nuklearer Basis. Und weiter werden wahrscheinlich noch andere existieren, deren Eigenarten wir uns nicht einmal erträumen können.

Das Raumschiff tauchte in eine Wolke von hellbraunem Nebel, der die Sicht auf den Planeten unterband. Er wogte und brandete vor dem Kuppelfenster des Navigationsraums. Noch handelte es sich um Schwaden, Augenblicke der Düsternis wechselten mit Sekunden voll grünlichen Lichts, doch dann wurde es rasch finster.

Kai drückte auf die Lichtregeltaste, und die Leuchtstäbe glommen auf.

»Verfolgen sie uns noch?« fragte er.

Ben beobachtete den Radarschirm. Ein Lichtstreifen drehte sich darüber hinweg, einem Uhrzeiger ähnlich. An einer Stelle hellte er drei leuchtende Punkte auf.

»Da sind sie«, antwortete Ben, »... lassen sich nicht so leicht abschütteln.«

»Werden uns die Wesen dieses Planeten schützen?«

»... haben es versprochen.«

»Werden sie Wort halten?« fragte Kai, doch er bekam keine Antwort.

Eine Viertelstunde lang lag der Nebel wie eine braune Wand am Fenster, dann machte er einer tintigen Schwärze Platz. Nur vor ihnen war ein wenig Licht. Ben hatte den Photonenschauer schon lange in die Fahrtrichtung gelenkt – tief unter ihnen breitete sich eine unübersehbare Ebene. Noch waren keine Einzelheiten zu erkennen.

»... nähern uns genau dem angegebenen Areal«, bemerkte Ben. Kaum merklich korrigierte er die Steuerung. Durch Radarlotung beobachtete er die schwindende Höhe. Im diffusen Lichtkegel der Photonen hoben sich nun Details von der Oberfläche ab, Punkte schienen vom angesteuerten Punkt zuerst schnell, dann immer langsamer dem Horizont zuzulaufen.

»... ist es!« rief Ben. Er deutete auf ein dunkles Rechteck am Boden, das schnell größer wurde. Vorsichtig verlangsamte er die Fahrt und setzte dann sanft wie eine Feder auf. Neben ihnen erhob sich vielleicht 200 m hoch ein Komplex, einem Gebäude ähnlich. Als Wand besaß es ein Gewirr von Streben, Röhren, Drähten, Leitungen und spindelförmigen Gebilden, dazwischen gähnten dunkle Öffnungen.

Kai und Ben legten die Schutzanzüge an und traten an das Bauwerk. Weit und breit war nichts Lebendiges zu sehen. Sie drangen in eine der Öffnungen. Kai ging mit einer Lampe voran, Ben trug das Kästchen mit Sender und Meßaggregat.

Der Weg war nicht bequem. Zwischen Wand, Boden und Decke gab es keinen Unterschied, sie bestanden aus fachwerkähnlichen Gerüsten, mit Röhren, Leitungen und unbekannten Formen überladen; allerdings fehlte der gewohnte metallische Schimmer. »Silikate«, sagte Ben. Mühsam balancierten die beiden Eindringlinge über abschüssige Platten, sie zwängten sich zwischen gespannten Fäden durch, sie kletterten über reihenweise angeordnete zylindrische Körper.

Wieder standen sie vor mehreren Fortsetzungen, die nicht nur horizontal, sondern auch vertikal verliefen. Ben warf einen Blick auf die Skalen seines Meßgerätes.

»Minus sechzig Grad Celsius, dünne Heliumatmosphäre, keine Radioaktivität, aber langsam bewegte magnetische Felder. Seltsam, daß nirgends ein Wesen zu bemerken ist. Man sollte uns doch erwarten!«

»Wo sind wir eigentlich?« fragte Kai.

»... habe die Orientierung verloren. Das ist kein vernünftiger Weg. Ich komme mir vor wie in einer riesigen Maschine.« Ben hantierte an seinem Meßgerät und beobachtete einige Zeigerausschläge. »Dort liegt unser Raumschiff«, er deutete schräg nach hinten, »... dorthin erstreckt sich das Gebäude noch achthundertsechzig Meter weit.« Er wies mit der Hand nach vorn.

»... müssen uns doch irgendwie bemerkbar machen!« verlangte Kai. »Frage doch die Unbekannten, wie wir sie finden!«

»Du weißt, daß die Verständigung schwierig ist. Am besten geht es noch mit Zahlen. Ich werde noch mal um genaue Ortsangabe bitten.« Ben beugte sich zu seinem Kästchen und stellte den Sender ein. In Intervallen drückte er die Morsetaste und stellte dann auf Empfang. Prompt kam die Antwort. Wortlos sah er den Kontrollstreifen an. Kai blickte ihm ungeduldig über die Schulter.

»... ist ja wieder die Fläche des ganzen Gebäudes! Können die sich nicht genauer ausdrücken?«

Ben sah blinzelnd zu ihm auf. »... glaube nein«, antwortete er.

»... das heißt?«

»... haben einen Fehler gemacht«, antwortete Ben. »... haben organisches Leben erwartet. Das gibt es hier nicht. Ich hätte es den Meßdaten entnehmen sollen. Hier hat sich eine Intelligenzform gebildet, die der unseren so unähnlich ist wie nur irgend etwas. Man könnte darüber streiten, ob man das noch Leben nennen kann. Es ist ein System von Drähten, Leitungen und Stützen, das wahrscheinlich magnetisch gesteuert wird. Das heißt...«

»... wir befinden uns im Innern eines Lebewesens?«

»Ja«, bestätigte Ben, »du hast mich selbst darauf gebracht – du sagtest doch, dir schiene, wir seien in einer Maschine. So ähnlich ist das auch.«

»... was folgt daraus?« fragte Kai.

»Daraus folgt, daß wir uns in Sicherheit befinden – wenn das Ding sein Versprechen hält.«