Выбрать главу

Caderousse und seine Frau wechselten einen finsternBlick. Sie hatten, wie es schien, gleichzeitig einen furchtbaren Gedanken.

Dann glückliche Reise, sagte Caderousse.

Ich danke, erwiderte der Juwelier, nahm seinen Stock und wollte sich entfernen. In dem Augenblick, wo er die Tür öffnete, drang ein so heftiger Windstoß in die Stube, daß erbeinahe die Lampe ausgelöscht hätte.

Oh! oh! sagte er, ein schönes Wetter, und drei Stunden Wegbei einem solchen Sturme! — Bleiben Sie hier, schlafen Siebei uns! versetzte Caderousse. — Ja, bleiben Sie, sagte Carconte mit zitternder Stimme, wir sorgen für Sie. — Nein, ich muß inBeaucaire schlafen. Gottbefohlen.

Caderousse ging langsambis zur Schwelle.

Man sieht weder Himmel noch Erde, sagte der Juwelier, bereits halbaußer dem Hause. Muß ich mich links oder rechts halten? — Rechts, antwortete Caderousse, Sie können nicht fehlen, die Straße ist aufbeiden Seiten mitBäumenbesetzt. — Schließe doch die Tür! rief die Carconte, ich liebe offene Türen nicht, wenn es donnert! — Und wenn Geld im Hause ist, nicht wahr? entgegnete Caderousse, den Schlüssel zweimal im Schlosse drehend.

Er kam zurück, ging an den Schrank, nahm den Sack und das Portefeuille heraus, undbeide fingen an, zum dritten Male ihr Gold und ihre Scheine zu zählen. Ich habe nie einen Ausdruck gesehen, wie den dieser gierigen, von der spärlichen Lampebeleuchteten Gesichter. Die Fraubesonders war abscheulich, ihr gewöhnliches fiebriges Zittern hatte sich noch gesteigert. Ihr Gesicht war leichenfarbig geworden, ihre hohlen Augen flammten.

Warum hast du ihm ein Nachtlager hier angeboten? fragte sie mit dumpfem Tone. — Um… damit… antwortete Caderoussebebend, damit erbei dem Wetter nicht nachBeaucaire zurückzukehrenbrauchte. — Ah! sagte die Carconte mit einem Tone, der sich nichtbeschreiben läßt; ich glaubte, es geschehe aus einem andern Grunde. — Weib! Weib! rief Caderousse, warum hast du solche Gedanken, und warumbehältst du sie nicht für dich? — Gleichviel, sagte die Carconte, dubist kein Mann. — Warum? — Wärest du ein Mann, so würde er nicht von hier weg gekommen sein. — Weib! — Oder er würde wenigstensBeaucaire nicht erreichen. — Weib! — Die Straße macht eineBiegung, er muß der Straße folgen, während sich längs dem Kanal ein kürzerer Weg hinzieht. — Weib, dubeleidigst den guten Gott. Halt, horch!

Man hörte in der Tat einen furchtbaren Donnerschlag, während einBlitz die ganze Stube mit einerbläulichen Flamme übergoß, doch langsam abnehmend schien sich der Donner nur ungern von dem verfluchten Hause zu entfernen.

Jesus! rief die Carconte sichbekreuzend.

Beinahe in demselben Augenblicke hörte man mitten unter dem Stillschweigen des Schreckens, das gewöhnlich auf Donnerschläge folgt, an die Tür klopfen. Caderousse und seine Fraubebten und schauten sich ängstlich an.

Wer ist da? rief Caderousse aufstehend, schobdie auf dem Tische zerstreuten Goldstücke undBanknoten auf einen Haufen undbedeckte sie mit seinen Händen.

Ei, bei Gott, ich, der Juwelier.

Nun, was sagtest du, versetzte die Carconte mit einem furchtbaren Lächeln, ichbeleidige den guten Gott?… Gerade der gute Gott schickt ihn uns zurück.

Caderousse fielbleich und keuchend auf seinen Stuhl.

Die Carconte dagegen stand auf, ging festen Schrittes auf die Tür zu, öffnete und sagte: Kommen Sie herein, lieber Herr.

Meiner Treu, sagte der Juwelier, der, vom Regen triefend, eintrat, es scheint, der Teufel will nicht, daß ich heute abend nachBeaucaire zurückkehre. Sie haben mir Gastfreundschaft angeboten, ich nehme sie an und komme, um hier zu schlafen.

Caderousse stammelte einige Worte, während er den Schweiß abtrocknete, der von seiner Stirn floß. Die Carconte schloß die Tür doppelt hinter dem Juwelier.

Der Blutregen

Der Juwelier schautebei seinem Eintritt forschend umher; aber nichts schien einen Verdacht in ihm zu erregen. Caderousse hielt sein Gold und seineBanknoten immer noch mitbeiden Händen. Die Carconte lächelte ihrem Gaste so freundlich zu, als sie nur immer konnte. Dann setzte sie auf eine Ecke des Tisches die magern Überreste eines Mittagsessens, denen sie einige frische Eier hinzufügte.

Caderousse hatte seine Geldscheine wieder in sein Portefeuille, das Gold in einen Sack getan und das Ganze in seinem Schrank verschlossen. Er ging düster und nachdenkend in der Stube auf und abund schaute von Zeit zu Zeit den Juwelier an, der dampfend vor dem Herde stand und, als eine Seite trocken war, sich auf die andere wandte.

Mein Herr, sagte die Carconte, eine Flasche Wein auf den Tisch stellend, es ist allesbereit, wenn Sie zu Nacht essen wollen.

Und Sie? fragte der Gast.

Ich esse nicht zu Nacht, antwortete Caderousse.

Wir haben sehr spät zu Mittag gegessen und werden Siebedienen, erwiderte die Carconte mit einembei ihr, selbst gegen zahlende Gäste, ungewöhnlichen Eifer.

Caderousse warf von Zeit zu Zeit einen raschenBlick auf sie. Der Sturm wütete fort.

Es ist der Mistral, und der wirdbis morgen fortdauern, sagte Caderousse, den Kopf schüttelnd, und stieß einen Seufzer aus.

Desto schlimmer für die, welche draußen sind, sagte der Juwelier, sich an den Tisch setzend.

Ja, die haben eineböse Nacht durchzumachen, versetzte die Carconte.

Der Juwelier fing an zu essen, und die Carconte erwies ihm fortwährend alle die kleinen Rücksichten einer aufmerksamen Wirtin; sonst so wunderlich und widerwärtig, war sie ein Muster von Zuvorkommenheit und Höflichkeit geworden. Hätte sie der Juwelier vorher gekannt, so würde ihm diese Veränderung sicherlich aufgefallen sein und Verdacht eingeflößt haben. Als das Abendessenbeendet war, ging Caderousse selbst an die Tür, öffnete sie und sagte: Ich glaube, der Sturm legt sich.

Aber als sollte er Lügen gestraft werden, erschütterte in diesem Augenblick ein furchtbarer Donnerschlag das Haus, ein Windstoß, vermischt mit Regen, drang in die Tür und löschte die Lampe aus. Caderousse schloß die Tür wieder, und seine Frau zündete ein Licht an der ersterbenden Glut au.

Mein Herr, sagte sie, Sie müssen müde sein, ich habe dasBett frisch überzogen, gehen Sie hinauf und schlafen!

Der Juwelierbliebnoch einen Augenblick, dann wünschte er seiner Wirtin gute Nacht und stieg die Treppe hinauf. Ich hörte ihn über mir gehen, jede Stufe krachte unter seinen Tritten. Die Carcounte folgte ihm mit gierigemBlick, während ihm Caderousse den Rücken zuwandte.

Alle diese einzelnen Umstände, welche seitdem in meinem Geiste mit der Frische des ersten Momentes Platz gegriffen haben, fielen nur zur Zeit, wo sie unter meinen Augen vorgingen, nicht auf; in allem, was geschah, lag im ganzen nichts Unnatürliches, und abgesehen von der Diamantengeschichte, die mir etwas unwahrscheinlich vorkam, konnte nichts einen Argwohn in mir rege machen.

Von Müdigkeit überwältigt und entschlossen, die erste Frist zubenutzen, die der Sturm den Elementen gönnen würde, wollte ich ein paar Stunden schlafen und um Mitternacht weggehen. Ich hörte im obern Zimmer den Juwelier alle Vorkehrungen treffen, um die Nacht sobehaglich als möglich zuzubringen. Baldbemerkte ich an dem Krachen seinesBettes, daß er sich niedergelegt hatte.

Ich fühlte, wie sich meine Augen unwillkürlich schlossen, und da ich keinen Verdacht geschöpft hatte, so suchte ich nicht gegen den Schlaf zu kämpfen und warf nur noch einenBlick in das Innere. Caderousse saß an einem langen Tische auf einer von den hölzernenBänken, die in den Dorfwirtshäusern die Stühle ersetzen; er wandte mir den Rücken zu und hielt seinen Kopf aufbeide Hände gestützt.

Die Carconte schaute ihn eine Zeit lang an, zuckte die Achseln und setzte sich ihm gegenüber. In diesem Augenblick flackerte die Flamme zufällig auf, und ein etwas hellerer Schimmer erleuchtete die düstere Stube. Die Carconte schaute ihren Mann starr an, und da dieser stets in derselben Stellung verharrte, sah ich sie ihre gekrümmte Hand nach ihm ausstrecken und seine Stirnberühren.