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Caderoussebebte. Es kam mir vor, als spräche sie ganz leise zu ihm, doch der Schall ihrer Worte gelangte nichtbis zu mir. Ich sah nur noch wie durch einen Nebel und halbtraumbefangen. Endlich schlossen sich meine Augen, und ich verlor dasBewußtsein.

Ich lag im tiefsten Schlafe, als ich durch einen Pistolenschuß erweckt wurde, auf den ein furchtbarer Schrei folgte. Es erschollen ein paar wankende Tritte auf demBoden der Stube, und eine träge Masse stürzte auf der Treppe, gerade über meinem Haupte, nieder.

Ich war noch nicht ganz meiner Herr. Ich vernahm Seufzer und dann halberstickte Schreie, wie von einem Kampf. Ein letzter Schrei, der länger anhielt, als die andern, und sich endlich in ein Stöhnen verwandelte, entriß mich völlig meiner Erstarrung.

Ich erhobmich, öffnete die Augen, die in der Finsternis nichts sahen, und fuhr mit der Hand nach der Stirn, auf die, wie es mir vorkam, durch dieBretter der Treppe ein lauer Regen floß.

Das tiefste Schweigen war auf den furchtbaren Lärm gefolgt. Ich hörte sodann die Tritte eines Menschen über meinem Kopfe und auf der Treppe; dieser Mensch stieg in die untere Stube herabund zündete eine Kerze an. Ich erkannte Caderousse, sein Gesicht warbleich, und sein Hemd ganz mitBlut überzogen. Als das Licht angezündet war, stieg er rasch wieder die Treppe hinauf, und ich hörte von neuem seine raschen, unruhigen Tritte.

Einen Augenblick nachher kam er wieder herab; er hielt das Futteral in der Hand, wickelte es in sein rotes Tuch undband es um den Hals. Dann lief er nach dem Schranke, ergriff sein Geld, nahm ein paar Hemden, stürzte aus der Tür und verschwand in der Dunkelheit. Da wurde mir alles klar, und ich machte mir das Geschehene zum Vorwurf, als wäre ich selbst der wahre Schuldige. Es kam mir vor, als hörte ich ein Stöhnen. Der unglückliche Juwelier war nicht tot, vielleicht lag es in meiner Macht dadurch, daß ich ihm Hilfe leistete, einen Teil von dem Übel wieder gutzumachen, das ich zwar nicht selbst getan, wohl aber hatte tun lassen. Ich stemmte meine Schultern gegen die schlecht zusammengefügtenBretter, die den Schuppen, in dem ich michbefand, von der inneren Stube trennten. DieBretter gaben nach, und ichbefand mich im Hause.

Ich ergriff den Leuchter und eilte nach der Treppe; ein Körper versperrte mir den Weg, es war der Leichnam der Carconte. Der Pistolenschuß, den ich gehört, war auf sie abgefeuert; ihr Hals war völlig durchbohrt. Das Zimmerbot den Anblick der furchtbarsten Zerstörung. Alle Geräte waren umgeworfen; dieBettlaken, an die sich der unglückliche Juwelier ohne Zweifel angeklammert hatte, lagen auf demBoden; er selbst war auf der Erde ausgestreckt und schwamm, den Kopf an die Wand gestützt, in seinemBlute, das aus dreibreiten Wunden in seinerBrust hervorquoll. In einer vierten stak ein langes Küchenmesser, dasbis ans Heft hineingestoßen war.

Ich näherte mich dem Juwelier, er war nicht ganz tot. Bei dem Lärm, den ich machte, öffnete er seine stieren Augen; heftete sie eine Sekunde lang auf mich, bewegte seine Lippen, als wollte er sprechen, und verschied.

Dieses furchtbare Schauspiel machte mich fast wahnsinnig. Von dem Augenblick jedoch, wo ich nicht mehr helfen konnte, fühlte ich nur dasBedürfnis, zu fliehen. Michbei den Haaren fassend und ein Geschrei des Schreckens ausstoßend, stürzte ich nach der Treppe.

In der unteren Stube fand ich eine ganzebewaffnete Macht, bestehend aus fünfbis sechs Zollbeamten und mehreren Gendarmen. Manbemächtigte sich meiner. Ich versuchte es nicht einmal, Widerstand zu leisten;… ich war nicht mehr Herr meiner Sinne. Ich wollte sprechen, stieß aber nur unzusammenhängende Töne aus.

Ich sah, daß die Zöllner und Gendarmen mit dem Finger auf mich deuteten, denn ich war ganz mitBlutbedeckt. Der laue Regen, der durch dieBretter der Treppe auf mich gefallen, war dasBlut der Carconte.

Ich deutete mit dem Finger auf den Ort, wo ich verborgen gewesen war.

Was will er sagen? fragte ein Gendarm.

Ein Zöllner sah nach und sagte: Er will sagen, daß er hier durchgeschlüpft ist, und zeigte das Loch, durch das ich wirklich geschlüpft war.

Nunbegriff ich, daß man mich für den Mörder hielt. Ich fand meine Sinne wieder, ich fand meine Kräfte wieder, befreite mich von den Händen zweier Männer, die mich hielten, und rief: Ichbin es nicht.

Zwei Gendarmen schlugen mit ihren Karabinern auf mich an.

Wenn du dich rührst, sagten sie, bist du des Todes.

Aber ich wiederhole, daß ich es nichtbin, rief ich.

Du kannst deine Geschichten den Richtern von Nimes erzählen, erwiderten sie. Inzwischen folge uns; und wenn wir dir raten sollen, leiste keinen Widerstand!

Das war nicht meine Absicht; ich fühlte mich durch Erstaunen und Schrecken gelähmt. Man legte mir Handschellen an, band mich an den Schweif eines Pferdes und führte mich nach Nimes.

Es war mir auf meinem Wege durch den Kanal ein Zöllner gefolgt; als er mich in der Gegend des Hauses aus dem Gesichte verlor, vermutete er, ich würde die Nacht hier zubringen. Erbenachrichtigte seine Kameraden und kam mit ihnen gerade, um den Pistolenschuß zu hören und mich inmitten von Schuldbeweisen festzunehmen, deren Widerlegung mir, wie ich wohl einsah, kaum gelingen konnte.

Ich verließ mich auch nur auf eines undbat den Untersuchungsrichter sogleich, überall einen gewissen AbbéBusoni suchen zu lassen, der im Verlaufe des Tages im Wirtshause zum Pont du Gard gewesen sei. Hatte Caderousse gelogen, gabes keinen AbbéBusoni, so war ich offenbar verloren, wenn nicht Caderousse ebenfalls gefangen wurde und alles gestand.

Es vergingen zwei Monate, während deren, ich muß es zum Lobe meines Richters sagen, alle Nachforschungen angestellt wurden, um den aufzusuchen, nach dem ich verlangte. Ich hatte jede Hoffnung verloren, Caderousse war nicht festgenommen worden. In der nächsten Sitzung sollte ich gerichtet werden, als am 8. September, das heißt drei Monate und fünf Tage nach dem Vorfall, der AbbéBusoni, auf den ich nicht mehr rechnete, sichbei dem Kerkermeister einfand und sagte, er habe erfahren, ein Gefangener wünsche ihn zu sprechen. Er habe in Marseille davon gehört, gaber an, undbeeile sich, dem Wunsche zu entsprechen.

Sie können sich denken, mit welcher Freude ich ihn empfing ich erzählte ihm das ganze Ereignis, dessen Zeuge ich gewesen, sprach aber nicht ohne Unruhe von der Geschichte mit dem Diamanten. Gegen mein Erwarten war sie Punkt für Punkt wahr; ebenfalls gegen mein Erwarten maß er allem, was ich sagte, Glaubenbei. Von seinem Wohlwollen und seiner tiefen Einsicht ergriffen, beichtete ich ihm, was in Auteuil geschehen, und erhielt von ihm den Trost der Absolution. Er verließ mich, indem er mir versprach, er würde alles tun, was in seiner Macht liege, meine Richter von meiner Unschuld zu überzeugen.

DenBeweis, daß er sich wirklich mit mirbeschäftigte, fand ich darin, daß meine Haft allmählich milder wurde. In der Zwischenzeit wurde Caderousse im Ausland verhaftet und nach Frankreich zurückgebracht. Er gestand alles und warf die Schuld des Vorbedachts undbesonders der Anstiftung auf seine Frau. Er wurde zu lebenslänglicher Galeerenstrafe verurteilt und mich setzte man in Freiheit.

Damals geschah es, daß Sie sich mit einemBriefe des AbbésBusonibei mir einfanden? fragte Monte Christo.

Ja, Exzellenz; er nahm sichtbar Anteil an mir, riet mir, mein Schmugglerhandwerk aufzugeben, und wollte mich an einenBekannten empfehlen.

Oh, mein Vater, rief ich, wieviel Güte! — Doch Sie schwören mir, daß ich es nie zubereuen haben werde?

Ich streckte die Hand aus, um zu schwören.

Unnötig, sagte er, ich kenne und liebe die Korsen; hier ist meine Empfehlung.