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Nun! sagte Cucumetto, hast du deinen Auftragbesorgt?

Ja, Kapitän, antwortete Carlini; morgen vor neun Uhr wird Ritas Vater mit dem Gelde hier sein.

Vortrefflich. Inzwischen wollen wir die Nacht lustig zubringen. Das Mädchen ist reizend, und du hast wahrhaftig einen guten Geschmack, Carlini. Da ich nicht eigennützigbin, so wollen wir zu den Kameraden zurückkehren und das Los ziehen, wem sie nun gehören soll.

Ihr seid also entschlossen, sie allen zu überantworten? fragte Carlini.

Warum sollte manbei ihr eine Ausnahme machen? — Ich glaubte auf meineBitte… — Bist du etwa mehr, als die andern? — Das ist richtig. — Doch sei unbesorgt, früher oder später kommt ja auch die Reihe an dich.

Bei diesen Worten preßte Carlini krampfhaft die Zähne zusammen.

Nun vorwärts, sagte Cucumetto, einen Schritt nach den Genossen zu machend, kommst du?

Ich folge Euch.

Cucumetto entfernte sich, jedoch ohne Carlini aus dem Gesichte zu verlieren, denn er fürchtete ohne Zweifel, er könnte von hinten auf ihn schießen; doch nichts deutetebei demBanditen eine feindselige Absicht an. Er stand mit gekreuzten Armenbei der immer noch ohnmächtigen Rita. Einen Augenblick dachte Cucumetto, der junge Mann würde sie in seine Armen nehmen und mit ihr fliehen. Es war ihm nun auch wenig mehr daran gelegen, denn er hatte von Rita, was er haben wollte, und auch das geringe Lösegeld ließ ihn gleichgültig. Er setzte daher seinen Weg nach der Lichtung fort, ohne umzuschauen; doch zu seinem großen Erstaunen kam Carlinibeinahe mit ihm hier an. Das Los gezogen! riefen dieBanditen, als sie ihren Anführer erblickten. Man legte alle Namen, den Carlinis wie die der andern, in einen Hut, und der jüngste derBande zog ein Zettelchen aus der improvisierten Urne. Auf diesem Zettelchen stand der Name Diavolaccio. Es war derselbe, dem Carlini, als er ihm auf die Gesundheit des Anführers zutrank, das Glas im Gesichte zerschmettert hatte. Als Diavolaccio sich so vom Glückebegünstigt sah, brach er in ein schallendes Gelächter aus.

Alle glaubten, Carlini werde losbrechen; aber zum allgemeinen Erstaunen nahm er ein Glas und rief mit vollkommen ruhiger Stimme: Auf deine Gesundheit, Diavolaccio! und leerte das Glas, ohne daß seine Hand zitterte. Dann setzte er sich ans Feuer, aß und trank, als obnichts vorgefallen wäre, während sich Diavolaccio entfernte.

DieBanditen schauten ihn voll Erstaunen an, denn siebegriffen diese Unempfindlichkeit nicht, als sie hinter sich denBoden unter einem schweren Tritte erdröhnen hörten. Sie wandten sich um und sahen Diavolaccio, der Rita in seinen Armen hielt; ihr Kopf war zurückgeworfen und ihre langen Haare hingenbis zur Erde herab. Als Diavolaccio mehr in den Kreis des vom Feuer sich verbreitenden Lichtes trat, sah man, daß das Mädchen wie derBandit ausfallendbleich waren. Erstaunt undbeunruhigt standen alle auf mit Ausnahme von Carlini, der sitzenbliebund zu trinken und zu essen fortfuhr, als obihn alles nichts anginge. Diavolaccio näherte sich unter dem tiefsten Stillschweigen und legte Rita zu den Füßen des Kapitäns nieder.

Jetzt sahen alle, daß in Ritas linkerBrust ein Messer stak, bis ans Heft eingebohrt. Alle Augen richteten sich auf Carlini; die Scheide hing leer an seinem Gürtel.

Auch rohe Naturen sind imstande, eine kraftvolle Handlung zu würdigen; obgleich schwerlich ein anderer von denBanditen die gleiche Tat ausgeführt hätte, sobegriffen sie doch, was er getan.

Nun, sagte Carlini, ebenfalls aufstehend und dem Leichnam sich nähernd, während er die Hand an den Kolben einer Pistole legte, ist vielleicht noch einer hier, der mir diese Frau streitig machen will?

Nein, erwiderte der Anführer, sie gehört dir.

Carlini nahm sie nun in seine Arme und trug sie aus dem Lichtkreise fort.

Am Fuße einer alten Eiche fand ihn am Morgen Ritas Vater, der herbeigeeilt war, das Lösegeld zubringen.

Elender! rief der Greis, was hast du getan?

Und erblickte voll Schrecken auf Rita, diebleich, unbeweglich, mit einemblutigen Messer in derBrust, da lag.

Cucumetto hatte deine Tochter geschändet, sagte derBandit, und da ich sie liebte, mußte ich sie töten, denn nach ihm hätte sie der ganzenBande zum Spielzeug gedient.

Der Greis sprach kein Wort, er wurde nurbleich wie ein Gespenst.

Räche sie nun, wenn ich unrecht gehabt habe, fügte Carlini hinzu.

Und er riß das Messer aus demBusen des Mädchens und reichte es dem Greise mit der einen Hand, während er mit der andern seine Weste auf die Seite schobund ihm seine nackteBrust darbot.

Du hast wohl getan, sprach der Greis mit dumpfer Stimme, umarme mich, mein Sohn!

Carlini warf sich schluchzend in die Arme des Vaters seiner Geliebten. Es waren die ersten Tränen, die dieserBlutmensch vergoß.

Dannbegruben sie das Mädchen, und Carlini schwurblutige Rache; doch er konnte seinen Schwur nicht halten, denn zwei Tage nachher wurde er in einem Kampfe von römischen Carabinieri getötet. Man wunderte sich nur, daß er, dem Feinde das Gesichtbietend, eine Kugel zwischen die Schulternbekommen hatte. Das Erstaunen hörte aber auf, als einer von denBanditen gegen seine Kameradenbemerkte, Cucumetto habe zehn Schritte hinter Carlini gestanden. Man erzählt sich von diesem Räuberhauptmann noch zehn andere, ebenso grauenvolle Geschichtchen, und es zitterte auch alles von Fondibis Perugia, wenn man nur Cucumettos Namen nannte.

Diese Geschichtenboten Luigi und Teresa oft Stoff zur Unterhaltung. Das Mädchen hörte immer diese Erzählungenbebend an, aber Vampaberuhigte sie mit einem Lächeln und schlug an seine nie fehlende Flinte. War sie dann noch nicht völligberuhigt, so zeigte er ihr auf hundert Schritte einen Raben, der auf einem dürren Aste saß, schlug an, drückte los, und das Tier fiel wohlgetroffen an dem Fuß desBaumes nieder.

Mittlerweile verlief die Zeit; die jungen Leute hattenbeschlossen, sich zu heiraten, wenn Vampa zwanzig Jahre alt wäre. Sie warenbeide Waisen und hatten nur ihre Herren um Erlaubnis zubitten; siebaten darum und erhielten auch die Einwilligung.

Als sie eines Tages von ihren Zukunftsplänen sprachen, vernahmen sie ein paar Schüsse; dann trat plötzlich ein Mann aus dem Gehölze hervor, bei dem die jungen Leute ihre Herden zu werden pflegten, lief auf sie zu und rief: Ich werde verfolgt, könnt ihr mich verbergen?

Die jungen Leute erkannten sogleich, daß der Flüchtige einBandit war; doch zwischen dem römischenBauern und dem römischenBanditen herrscht eine angeborene Sympathie, weshalbder erste immerbereit ist, dem zweiten Dienste zu leisten. Luigi lief, ohne ein Wort zu sagen, nach dem Steine, der den Eingang einer nahen Grotte verstopfte, entblößte diesen Eingang, hieß den Flüchtling durch ein Zeichen in dieses nur ihm und Teresabekannte Asyl schlüpfen, stieß den Stein wieder an seine vorige Stelle, kehrte zu Teresa zurück und setzte sich neben sie. Beinahe im selben Augenblick erschienen vier Carabinieri zu Pferde am Saume des Waldes. Sie gewahrten die jungen Leute, sprengten im Galopp auf sie zu undbefragten sie; doch diese gaben an, sie hätten nichts gesehen.

Das ist ärgerlich, sagte derBrigadier; denn der, den wir suchen, ist der Anführer.

Cucumetto? riefen Teresa und Luigi unwillkürlich.

Ja, antwortete derBrigadier, und da ein Preis von 1000 Talern auf seinen Kopf gesetzt ist, so wären 500 euch zugekommen, wenn ihr mir geholfen hättet, ihn aufzufinden.

Die jungen Leute wechselten einenBlick. DerBrigadier hatte eine Minute lang Hoffnung. 500 römische Taler sind ein Vermögen für arme Waisen, die sich heiraten wollen.

Ja, das ist schade, erwiderte Vampa, doch wir haben ihn nicht gesehen. Die Carabinieri durchstreiften nun die Gegend in verschiedenen Richtungen, aber vergebens; dann verschwanden sie allmählich. Vampa zog den Stein zurück, und Cucumetto trat hervor.