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Oh! ein Mann wie Sie, rief Albert.

Sie sind sehr gütig. Doch da ich eben kein anderes Verdienst von mir kenne, als daß ich mit Ihren reichstenBankiers in die Schranken zu treten imstandebin, und da ich nicht nach Paris gehe, um an derBörse zu spielen, so hielt mich dieser kleine Umstand zurück. Ihr Anerbieten hat aber nunmehr meinen Entschluß zur Reife gebracht. Machen Sie sich anheischig, mein lieber Herr von Morcerf, — der Grafbegleitete diese Worte mit einem seltsamen Lächeln, — wenn ich nach Frankreich komme, mir die Türen dieser Welt zu öffnen, in der ich so fremd sein werde, wie ein Hurone oder ein Cochinchinese?

Oh! Herr Graf, mit der größten Freude, um so mehr, als ich nach Paris durch einen mir soeben zugekommenenBrief zurückgerufen werde, worin für mich von einer Verbindung mit einem sehr angenehmen Hause die Rede ist, das in denbesten Verhältnissen zu der ganzen Pariser Welt steht.

Verbindung durch Heirat? versetzte Franz lachend.

Oh! mein Gott, ja. Wenn Sie nach Paris kommen, finden Sie mich als einen gesetzten Mann und vielleicht als Familienvater. Nicht wahr, das wird sich zu meinem natürlichen Ernste gut machen? In jedem Falle wiederhole ich Ihnen, ich und die Meinigen gehören Ihnen mit Leibund Seele.

Ich nehme es an, sagte der Graf, denn ich schwöre Ihnen, es fehlte mir nur eine solche Gelegenheit, um Pläne zu verwirklichen, mit denen ich mich seit geraumer Zeit trage.

Franz zweifelte keinen Augenblick, diese Pläne seien die, welche der Graf in der Grotte von Monte Christo angedeutet hatte, und er schaute den Grafen, während er sprach, fest an, um auf seinem Gesichte irgend eine Enthüllung der Entwürfe, die ihn nach Paris führten, zu erhaschen; aber es war sehr schwierig, in das Innere dieses Mannes zu dringen, besonders wenn er es mit einem Lächeln verschleierte.

Wann werden Sie selbst dort sein? fragte der Graf Albert.

In vierzehn Tagen oder spätestens drei Wochen, gerade soviel ich Zeit zur Rückkehrbrauche.

Wohl! ich gebe Ihnen drei Monate; Sie sehen, ich mache das Maß lang. Und in drei Monaten werden Sie an meine Tür klopfen? rief Albert vor Freude.

Wollen Sie ein Wiedersehen auf Tag und Stunde? Ich sage Ihnen, daß ich von einer verzweifelten Pünktlichkeitbin.

Auf Tag und Stunde! sagte Albert, das ist mir äußerst angenehm.

Wohl, es sei!

Und er streckte die Hand nach einem in der Nähe des Spiegels hängenden Kalender aus und fuhr dann fort: Wir haben heute den 21. Februar, es ist halbelf Uhr morgens. Wollen Sie mich am 21. Mai um halbelf Uhr morgens erwarten?

Vortrefflich! Das Frühstück wirdbereit sein.

Wo wohnen Sie?

In der Rue du Helder, Nr. 27. Ich wohne im Hotel meines Vaters, aber in einem völlig abgesonderten Hintergebäude.

Der Graf nahm seine Schreibtafel und schrieb: Rue du Helder, Nr. 27 am 21. Mai um halbelf Uhr morgens.

Und nun seien Sie unbesorgt, sagte der Graf, ich werde pünktlich sein.

Ich sehe Sie noch vor meiner Abreise? fragte Albert.

Je nachdem, wann reisen Sie?

Morgen abend um fünf Uhr.

Dann sage ich Ihnen Lebewohl. Ich habe Geschäfte in Neapel und werde erst Samstag oder Sonntag früh zurückkommen. Und Sie, fragte der Graf Franz, reisen Sie ebenfalls, HerrBaron?

Ja, nach Venedig. Ichbleibe noch in Italien.

Wir werden uns also in Paris nicht sehen?

Ichbefürchte, nicht die Ehre zu haben.

Meine Herren, glückliche Reise, sagte der Graf zu den Freunden und reichte jedem eine Hand. Es war das erstemal, daß Franz die Hand dieses Mannesberührte; erbebte, denn sie war eisig wie die Hand eines Toten. Also, auf Wiedersehen, am 21. Mai um halbelf Uhr morgens, Rue du Helder, Nr. 27, sagte Albert.

Hierauf grüßten die jungen Männer den Grafen und entfernten sich.

Was haben Sie denn? sagte Albert, in sein Zimmer zurückkehrend, zu Franz, Sie sehen ja ganz sorgenvoll aus?

Ja, ich gestehe, der Graf ist ein seltsamer Mann, antwortete Franz, und nur mit Unruhe sehe ich seinem Pariser Aufenthalt entgegen.

Mit Unruhe? Ah! Sie sindbefangen, lieber Franz! rief Albert.

Obbefangen, obnicht, es ist einmal so.

Hören Sie, und es ist mir sehr lieb, daß sich eine Gelegenheitbietet, Ihnen dies zu sagen, ich habe Sie sehr kalt gegen den Grafen gefunden, während mir seinBenehmen gegen Sie tadellos, ja sogar höchst zuvorkommend erschien. Haben Sie etwasBesonderes gegen ihn einzuwenden?

Vielleicht.

Haben Sie ihn etwa schon irgendwo gesehen, ehe Sie ihm hierbegegneten?

Allerdings.

Wo?

Versprechen Sie mir, nicht ein Wort von dem zu sagen, was ich Ihnen mitteilen werde?

Ich verspreche es Ihnen.

Gut. Hören Sie.

Hierauf erzählte Franz seinem Freunde den ganzen Verlauf seines Ausflugs nach der Insel Monte Christo, wie er dort mehrere Schmuggler gefunden und unter diesen Schmugglern einigeBanditen. Er verweiltebei allen einzelnen Umständen der feenhaften Gastfreundschaft, die ihm der Graf in seiner Grotte hatte angedeihen lassen; er sprach vom Abendessen, vom Haschisch, von den Statuen, von Wirklichkeit und Traum, und wie am Morgen alsBeweis und als Erinnerung an all diese Ereignisse nichts mehr übrig geblieben sei, als eine kleine Jacht, die er am Horizont nach Porto Vecchio segeln sah. Dann ging er auf Rom über, auf die Nacht im Kolosseum, auf das Gespräch über Peppino, das er zwischen dem Grafen undBampabelauscht und wobei der Graf versprochen habe, dieBegnadigung desBanditen zu erlangen.

Endlich gelangte er zu dem Abenteuer der vorhergehenden Nacht, zu seiner Verlegenheit, als er gesehen, daß ihm 6bis 700 Piaster fehlten, um die erforderliche Summe vollständig zu machen, und endlich zu dem Eintreten des Grafen. Albert hörte mit größter Aufmerksamkeit zu.

Nun, sagte er, als sein Freund geendigt hatte, was finden Sie daran auszusetzen? Der Graf hat ein eigenes Schiff, weil er reich ist. Gehen Sie nach Portsmouth oder Southampton, und Sie werden die Häfen voll von Jachten sehen, die reichen Engländern gehören, die dieselbe Neigung haben. Um zu wissen, wo erbei seinen Ausflügen anhalten soll, um nicht aus der abscheulichen Küche zu essen, die mich seit vier Monaten vergiftet, um nicht in den niederträchtigenBetten zu liegen, in denen man nicht schlafen kann, läßt er sich ein Absteigequartier auf Monte Christo einrichten. Nachdem er sein Absteigequartier eingerichtet hat, befürchtet er, die toskanische Regierung könnte ihm die Sache verleiden, und er seiner Aufwendungen verlustig gehen; er kauft daher die Insel und nimmt deren Namen an.

Aber dieBanditen, die sichbei seiner Mannschaftbefanden? Was sagen Sie zu dem Einfluß des Grafen auf dergleichen Leute?

Ich sage, mein Lieber: Insofern ich aller Wahrscheinlichkeit nach diesem Einfluß das Leben zu verdanken habe, ist es nicht meine Sache, hierüber zu scharf zu urteilen. Statt ihm, wie Sie, ein Hauptverbrechen daraus zu machen, werden Siebegreifen, daß ich ihn entschuldige, nicht weil er mir das Leben gerettet, was vielleicht übertrieben ist, sondern weil er mir 4000 Piaster erspart hat, eine Summe, die gerade 20 000 Franken unseres Geldes gleichkommt, eine Summe, zu der man mich sicherlich in Frankreich nicht angeschlagen hätte, was zumBeweise dient, fügte er lachendbei, daß der Prophet in seinem Vaterlande nie etwas gilt.

Wohl! gerade das ist es. Aus welchem Lande ist der Graf? Welche Sprache spricht er? Welches sind seine Existenzmittel? Woher kommt sein ungeheures Vermögen? Wie war der erste Teil seines Lebensbeschaffen? Was hat über den zweiten den düsteren, menschenfeindlichen Schatten geworfen? Das wünschte ich an Ihrer Stelle zu wissen.

Mein lieber Franz, erwiderte Albert, als Siebeim Empfang meinesBriefes sahen, daß Sie seines Einflussesbedurften, sagten Sie zu dem Grafen: Albert von Morcerf, mein Freund, ist in Gefahr; helfen Sie mir, ihn dieser Gefahr entziehen! Nicht wahr? — Ja.