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Herein! Herein! Furchtbare Feder! rief Albert, aufstehend und dem jungen Manne entgegengehend, hier ist Debray, der Ihr Gegner ist, ohne Sie zu lesen… so sagt er wenigstens.

Er hat recht, erwiderteBeauchamp, es geht ihm wie mir, ich kritisiere ihn, ohne zu wissen, was er tut. Doch sage mir, lieber Albert: Frühstücken wir oder speisen wir zu Mittag? Die Deputiertenkammer nimmt mich in Anspruch. Es ist, wie Sie sehen, nicht alles rosa in unsermBerufe.

Wir frühstücken nur; wir erwarten noch zwei Personen und setzen uns zu Tische, sobald sie gekommen sind.

Ich werde also zum Nachtisch zurückkehren. Heben Sie mir Erdbeeren, Kaffee und Zigarren auf. Ich esse mein Kotelett in der Kammer.

Tun Sie das nicht, Beauchamp, denn wir frühstücken Punkt elf Uhr; mittlerweile machen Sie es wie Debray, kosten Sie meinen Xeres und meine Zwiebacke.

Gut, ichbleibe; ich muß mich heute unbedingt zerstreuen.

Sie machen's gerade wie Debray, doch mir scheint, wenn das Ministerium traurig ist, sollte die Opposition heiter sein.

Ah! sehen Sie, lieber Freund, sagte Debray, Sie wissen nicht, was mir droht. Ich werde heute in der Deputiertenkammer eine Rede von Herrn Danglars hören. Der Teufel hole die konstitutionelle Regierung!

Ichbegreife, Siebedürfen eines Vorrats an Heiterkeit.

Machen Sie Herrn Danglars' Reden nicht schlecht, sagte Albert zuBeauchamp, wenn er auch zur Opposition gehört. Erinnern Sie sich doch, daß die Pariser Chronik von einer Heirat zwischen mir und Fräulein Eugenie Danglars spricht. Ich kann Sie also nicht mit gutem Gewissen dieBeredsamkeit eines Mannes anzweifeln lassen, der mir eines Tages sagen solclass="underline" Herr Vicomte, Sie wissen, daß ich meiner Tochter zwei Millionen mitgebe.

Still doch! sagteBeauchamp, diese Heirat wird nie stattfinden. Der König konnte ihn zum Grafen machen, er kann ihn zum Pair ernennen, aber er wird ihn nie zum Edelmann machen, und der Graf von Morcerf ist ein viel zu aristokratischer Degen, um gegen zwei armselige Millionen in eine Mesalliance zu willigen. Der Vicomte von Morcerf darf nur eine Marquise heiraten.

Lassen Sie ihn reden, Morcerf, versetzte Debray nachlässig, und heiraten Sie! Sie heiraten die Etikette eines gewissen Sacks, nicht wahr? Wohl, was liegt Ihnen daran? Es istbesser, ein Wappenschild wenigerbei dieser Etikette und eine Null mehr; Sie haben sieben Amseln in Ihrem Wappen, Sie geben Ihrer Frau drei, und esbleiben Ihnen immer noch vier; das ist eine mehr, als Herr von Guise gehabt hat, derbeinahe König von Frankreich geworden wäre, und dessen Vetter Kaiser von Deutschland war.

Meiner Treu, ich glaube, Sie haben recht, erwiderte Albert zerstreut.

Herr von Chateau‑Renaud! Herr Maximilian Morel, sagte der Kammerdiener, zwei neue Gäste meldend.

Vollzählig also! riefBeauchamp, denn wenn ich mich nicht täusche, erwarteten Sie nur noch zwei Personen, Albert?

Morel! murmelte Albert erstaunt; Morel, wer ist das?

Doch ehe er vollendet hatte, nahm Herr von Chateau‑Renaud, ein junger Mann von etwa dreißig Jahren, ein Edelmann vom Scheitelbis zur Zehe, Albertbei der Hand und sagte zu ihm: Erlauben Sie mir, mein Lieber, Ihnen den Spahi‑Kapitän, Herrn Maximilian Morel, meinen Freund und meinen Retter, vorzustellen, obgleich ein solcher Mann wohl keiner Vorstellungbedarf. Begrüßen Sie meinen Helden, Vicomte.

Und er trat auf die Seite, um den großen, edeln, jungen Mann mit derbreiten Stirne, mit dem durchdringenden Auge, mit dem schwarzen Schnurrbart vorzustellen, den unsere Leserbereits in Marseille unter so dramatischen Umständen kennen gelernt haben. Eine reiche, halbfranzösische, halborientalische, stolz getragene Uniform ließ seinebreite, mit dem Kreuze der Ehrenlegion geschmückteBrust und die kühnen Linien seines Wuchses nochbesser hervortreten.

Der junge Mann verbeugte sich mit anmutreicher Höflichkeit.

Mein Herr, sagte Albert mit zuvorkommender Freundlichkeit, Herr von Chateau‑Renaud wußte zum voraus, welches Vergnügen er mir durch IhreBekanntschaftbereiten würde; Sie gehören zu seinen Freunden, lassen Sie sich auch zu den unsern zählen.

Sehr gut, rief Chateau‑Renaud, Sie können nur wünschen, daß er eintretendenfalls für Sie tun möge, was er für mich getan hat.

Und was hat er denn getan? fragte Albert.

Oh! es ist nicht der Mühe wert, davon zu reden, sagte Morel; der Herr übertreibt.

Wie? entgegnete Chateau‑Renaud, es ist nicht der Mühe wert, davon zu reden? Das Leben ist nicht wert, daß man davon spricht…? In der Tat, was Sie da sagen, ist zu philosophisch, mein lieber Herr Morel. Gut für Sie, der Sie Ihr Leben jeden Tag aufs Spiel setzen, aber nicht für mich, der es zufällig einmal in Gefahrbrachte.

Aus Ihren Worten entnehme ich, daß Ihnen Kapitän Morel das Leben gerettet hat, unterbrach ihn Albert.

Ja, es ist so, erwiderte Chateau‑Renaud.

Bei welcher Gelegenheit? fragteBeauchamp.

Sie wissen alle, daß mir der Gedanke kam, nach Afrika zu gehen.

Das ist ein Weg, den Ihnen Ihre Ahnen, die Kreuzfahrer, vorgezeichnet haben, mein lieber Chateau‑Renaud, bemerkte Morcerf höflich.

Ja, doch ich zweifle, daß esbei Ihnen auch dieBefreiung des Grabes Christi galt, warfBeauchamp ein.

Sie haben recht, Beauchamp, versetzte der junge Aristokrat. Ich ging nur, um mich im Pistolenschießen zu üben. Das Duell widerstrebt mir, wie Sie wissen, seitdem zwei Zeugen, die ich gewählt, um eine Sachebeizulegen, mich zwangen, einem meinerbesten Freunde den Arm zu zerschmettern… oh! bei Gott, dem armen Franz d'Epinay, den ihr alle kennt.

Ah! ja, es ist wahr, ihr habt euch geschlagen, sagte Debray. Aus welcher Veranlassung?

Der Teufel soll mich holen, wenn ich mich dessen erinnere, erwiderte Chateau‑Renaud; ich weiß nur noch, daß ich mich schämte, ein Talent wie das meinige ruhen zu lassen, und daß ich an den Arabern die Pistolen versuchen wollte, die ich zum Geschenkebekommen habe. Demzufolge schiffte ich mich nach Oran ein undbegabmich nach Constantine, wo ich gerade ankam, als dieBelagerung aufgehoben wurde. Ich zog mich daher zurück wie die andern. 48 Stunden lang ertrug ich den Regenbei Tage, den Schneebei Nacht, am dritten Morgen endlich starbmein Pferd vor Kälte. Armes Tier! Als es tot war, mußte ich zu Fuß zurückgehen. Da sprengten sechs Araber im Galopp herbei, mir den Kopf abzuhauen. Ich schoß zwei mit der Flinte, zwei mit meinen Pistolen nieder; aber esblieben noch zwei übrig, und ich hatte keine Waffe mehr. Der eine nahm michbei den Haaren, weshalbich sie jetzt kurz trage, denn man kann nicht wissen, was wieder geschieht; der andere zielte mit seinem Yatagan nach meinem Halse, und ich fühltebereits das kalte Eisen, als dieser Herr, den Sie hier sehen, ebenfalls auf sie eindrang, den, welcher michbei den Haaren hielt, mit einem Pistolenschuß niederstreckte und dem andern, der mir mit einem Säbelhiebden Hals abschlagen wollte, den Schädel spaltete. Der Herr hatte sich die Aufgabe gestellt, an diesem Tage einen Menschen zu retten, der Zufall wollte, daß ich dies war; wenn ich einmal reichbin, lasse ich dem Zufall eine Statue errichten.

Ja, sagte Morel lächelnd, es war am 5. September, am Jahrestage einer wunderbaren Rettung meines Vaters, ich feiere daher auch, soviel in meinen Kräften liegt, diesen Tag jedes Jahr durch irgend eine Handlung.

Durch eine heldenmütige, nicht wahr? unterbrach ihn Chateau‑Renaud; kurz ich war der Auserwählte, doch das ist noch nicht alles. Nachdem er mich vom Eisen errettet, rettete er mich vor der Kälte, indem er mir seinen Mantel gab; dann schützte er mich vor dem Hunger dadurch, daß er sein kostbares Pferd, von dem wir, vom Hunger getrieben, jeder ein Stück mit großem Appetit verzehrten, mit mir teilte.