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»Wow!«, rief Len begeistert und streckte eine Hand durch das Gitter, um ein Schwert mit einer langen und schmalen Klinge zu berühren. Doch seine Finger glitten durch die Schneide hindurch wie durch Nebel. Ruckartig zog er die Hand zurück und schaute sie skeptisch an. »Die sind ja alle unecht!«, maulte er enttäuscht. »Hier haben wir nichts verloren!«

»Das sind Muster«, erklärte jemand mit leiser Stimme hinter uns. »Solange ihr nicht bezahlt habt, bekommt ihr keine echten Stücke in die Hand.«

Wir wirbelten herum. Neben der geschlossenen Ladentür stand ein Mann. Wo er herkam, war ein Rätsel. Er sah absolut durchschnittlich aus. Mittlere Größe, nicht jung, nicht alt, gekleidet wie ein Händler, mit einem funkelnden Ring am Finger. Mich enttäuschte sein Äußeres. Der Besitzer eines Waffenladens sollte entweder ein buckliger Greis mit einem schwarzen Umhang und faltigem Gesicht sein oder das genaue Gegenteil davon, ein muskelbepackter Jüngling mit nacktem Oberkörper. Aber der hier…

»Flügelträger sind seltene Gäste in unserer Stadt«, meinte der Waffenhändler in diesem Moment. »Vermutlich glauben sie, allein ihre Flügel würden sie zuverlässig schützen. Aber da wäre ich mir nicht so sicher…«

Der Mann ging auf Len zu, fasste ihn entschlossen bei den Schultern, zog ihn etwas näher und knöpfte die Scheide von seinem Gürtel. Len, der normalerweise einen Wutanfall bekam, wenn man etwas mit ihm anstellte, ohne ihn vorher zu fragen, schien es die Sprache verschlagen zu haben.

»Äußerst bemerkenswert!«, konstatierte der Waffenhändler. »Schwarzer Stahl, im Flug gehärtet. Ihr habt nach wie vor gute Meister, mein Junge.«

Nachdem er dem verdutzten Len das Schwert zurückgegeben hatte, wandte er sich mir zu. Mein Schwert zog er allerdings nicht. Er betrachtete nur den Griff – und strahlte über beide Backen.

»Der Gnom Tuak tat schon immer zu viel des Guten«, meinte er, wobei er mich so ziemlich ignorierte. »Ein allzu reich verzierter Griff… viel zu weicher Stahl. Kaum zu glauben, dass dieses Schwert zweihundert Jahre überdauert hat. Offenbar ist es nur selten gebraucht worden.«

Der Mann richtete seinen Blick wieder auf Len, während ich über seine Worte nachgrübelte: Bewunderte er meine Waffe oder machte er sich über sie lustig? »Was führt euch zwei denn zu mir?«, fragte er. »Wollt ihr bessere Schwerter kaufen als die, die ihr habt? Dann werdet ihr bei uns nicht fündig, dafür bräuchtet ihr nämlich mehr Geld, als dieses Päckchen beinhalten dürfte.« Er wies mit einem kurzen Nicken auf den eingewickelten Spiegel. »Wollt ihr etwas verkaufen? Ich würde euch gutes Geld für das Schwert des Gnoms Tuak zahlen und auch für das luftgehärtete Schwert. Aber Flügelträger verkaufen ihre Waffe nicht. Oder hat sich alles von Grund auf geändert und die Welt ist nicht mehr die von einst?«

»Lasst mich mit ihm reden«, schaltete sich nun der Kater ein, der bisher bescheiden zu meinen Füßen gesessen hatte.

Der Waffenhändler schien sich darüber nicht zu wundern. »Jetzt kommen wir der Sache allmählich näher«, meinte er. »Wollen wir die Unterhaltung hier führen oder lieber in mein Zimmer gehen?«

»Vorerst können wir getrost hierbleiben«, antwortete der Kater. »Danach sehen wir, wohin wir gehen.«

»Gut. Was braucht ihr?«

»Ein Wahres Schwert.«

»Das kostet Geld – viel Geld, wie ihr euch denken könnt. Ich bin schließlich kein gutherziger Gönner junger Helden. Ich bin Händler. Ich brauche Geld, um mein Geschäft ausüben zu können.«

»Wertvoll sind nicht nur Geld und Schwerter.«

»Auch wieder wahr.« Der Händler schielte zu dem Paket, das ich trug. »Wie ich sehe, habt ihr etwas, das ihr mir zum Tausch anbieten könnt. Aber ob ich das überhaupt brauche?«

»Du hast das Wahre Schwert«, erwiderte der Kater bloß.

»Ich habe viele Schwerter.«

»Gehen wir in dein Zimmer.«

»Soll mir recht sein.«

Ohne große Hast zogen der Händler und der Sonnenkater durch den Korridor ab. Len und mich hatten die beiden völlig vergessen. Unschlüssig folgten wir ihnen.

Wir saßen auf einem weichen Ledersofa, in dem wir halb versanken, und beobachteten den Kater und den Waffenhändler. Der Kater hockte mitten auf dem großen Holztisch und verhandelte mit dem Waffenhändler, der in einem Sessel Platz genommen hatte. Den Spiegel hatten sie schon ausgepackt, er lag zwischen ihnen.

»Ich verstehe selbst durchaus einiges von Waffen«, erwiderte der Händler gerade auf ein Argument des Katers.

»Aber das, was ein Wahrer Spiegel vermag, bringst du nicht fertig.«

»Das kann gut sein. Er zeigt dir, ob ein Schwert lange halten wird… oder ob es eine Fälschung ist. Mitunter bin ich mir in diesen Fragen nicht ganz sicher. Da würde mich der Spiegel vor einem Irrtum bewahren. Aber was verlangst du dafür?«

»Ein Wahres Schwert.«

»Ich habe viele Wahre Waffen!«, rief der Händler.

Er drehte sich in seinem Sessel um und öffnete eine Truhe, die vor der Wand stand. Ohne jede Anstrengung – als handle es sich lediglich um Angeln – holte er einen ganzen Packen Schwerter heraus. Aus einer der Scheiden, die ungewöhnlich dick und höckerig war, zog er ein schlankes Schwert.

»Das hier ist das Zauberschwert aus dem Königreich Tar. Am Griff gibt es einen Knopf, wenn du den drückst, zerhackt das Schwert alles.«

»Einen Knopf?«, fragte der Kater giftig. »Und womöglich auch Photonen, Protonen und Magnetfelder? Du scheinst vergessen zu haben, in welcher Welt du dich befindest, Händler!«

»Ist ja gut«, meinte der Händler, der sich nicht aus der Ruhe bringen ließ. »Hier habe ich ein anderes Schwert. Auch diese Klinge vermag einiges. Sie spaltet Stein…«

»Wir haben nicht vor, in einem Steinbruch unser Glück zu versuchen.«

»Schon in Ordnung. Dieses Schwert hier springt von selbst aus der Scheide, sobald Gefahr droht. Allerdings darf man es nicht gegen seinen Willen ziehen. Es ist einem großen Krieger abhanden gekommen…«

Der Kater kannte offenbar die Geschichte. »Du weißt, wie viele Unannehmlichkeiten dieses Schwert besagtem großem Krieger bereitet hat?«

»Daran war er selbst schuld. Der Junge hat einfach…«

»Und für wen suche ich wohl eine Waffe? Für einen weisen Greis?«

Daraufhin dachte der Händler länger nach, bevor er die nächste Entscheidung traf. Sein Blick wanderte zwischen mir und Len und den Schwertern hin und her. Schließlich zog er unschlüssig das nächste Schwert hervor. »Also…« Er präsentierte es äußerst behutsam, als fürchte er, es springe jeden Moment aus der Scheide. »Das ist eine schreckliche Waffe. Sie saugt den Feinden das Leben aus und überträgt auf ihren Besitzer die Kraft seiner Gegner.«

Der Kater machte einen Buckel. »Was fällt dir eigentlich ein?«, zischte er. »Du bietest uns ein Schwert der Finsternis an? Du wagst es, mir, einem Sonnenkater, ein solches Schwert zu empfehlen? Dabei weißt du ganz genau, welches Schicksal es gehabt hat!«

Mit angehaltenem Atem verfolgten wir die Szene. Natürlich war es unmöglich, aus alldem schlau zu werden, aber das Gefühl, dass beinahe ein großes Geheimnis gelüftet worden wäre, hielt uns gefangen.

»Hier habe ich ein weiteres Schwert«, fuhr der Händler rasch fort, während er die dunkle Klinge wieder wegsteckte. »Ein Schwert des Lichts, wie es in einer Schlacht gegen die Kräfte des Bösen unersetzlich ist.«

»Was der Herr nicht alles vom Krieg versteht«, brummte der Kater vor sich hin. »Wir brauchen weder Schwerter des Lichts noch Schwerter der Finsternis«, erklärte er dann mit müder Stimme. »Wir brauchen keine Lichtsäbel oder Atomschwerter. Wir brauchen ein Wahres Schwert. Ist das klar?«