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Ein Durcheinander bei dem Gefangenen zog meine Aufmerksamkeit auf sich. Er hatte sein Fleisch aufgegessen, weigerte sich aber nun, aus dem Topf zu trinken, den man ihm gereicht hatte.

»Meinst du, ich bin ein Narr, Mädchen«, protestierte er. »Niemals wieder werde ich in diesem Lager irgend etwas trinken. Lieber verdurste ich.«

»Ich sehe keinen Grund für deine Weigerung«, entgegnete meine Kriegerin. »In diesem Topf ist nur frisches Quellwasser. «

»Und das soll ich glauben«, entgegnete der Gefangene lachend. »Einmal war ich so dumm, und habe meine Strafe bekommen. Diesmal legt ihr mich nicht herein. Laß mich in Ruhe!«

Die Kriegerin entfernte sich, und der Gefangene sah mich triumphierend an. Ich trank gelassen meinen Daru und rauchte eine Pfeife.

Die Droge wirkte diesmal noch schneller als beim erstenmal. Ich sah, wie er sich unruhig hin und her wälzte, als er eine Erektion bekam und schließlich begriff, was geschehen war. »Der Topf enthielt tatsächlich nur frisches Quellwasser«, sagte ich. »Die Droge war diesmal im Fleisch. Wie hat es dir geschmeckt?«

»Nein«, brüllte er. »Du kannst mir nicht noch einmal solch eine Behandlung angedeihen lassen. Ich bin ein Krieger. Ein Krieger, verstehst du?«

»Du bist bloß ein Sthuvad, ein ganz gewöhnlicher Sthuvad«, sagte ich. »Und ein Sthuvad ist lediglich zur Befriedigung der Kriegerinnen da. Oder wurdest du von einer Kriegerin geboren und bist lediglich in der Stadt aufgewachsen? Vielleicht behauptest du nur, du seist ein Krieger?« »Ich bin in der Stadt geboren«, entgegnete er. Seine Augen sprühten Feuer. »Nie zuvor habe ich etwas über euch Pack giftiger Vipern gehört, bis ich euch in die Hände fiel. Aber ich werde nie vergessen, was ihr mir angetan habt. Niemals!« »Wir haben erfahren«, bemerkte Rilas gelassen, »daß diejenigen, die wir gefangennahmen und später wieder freiließen, niemals über ihre Erlebnisse zu anderen gesprochen haben. Ich kenne den Grund dafür nicht, aber auf diese Weise bekommen wir immer wieder Nachschub. Würde irgendeiner unserer Gefangenen einmal plaudern, würde sich sehr wahrscheinlich niemand mehr trauen, durch unser Gebiet zu reisen. Auch du wirst den Mund halten, nehme ich an.« Der Gefangene warf ihr einen haßerfüllten Blick zu, aus dem zu entnehmen war, daß sie recht hatte. Bald erschienen Larid und einige andere, um ihn wieder ins Männerzelt zu bringen. Meine Kriegerinnen hatten sich gesättigt. Nun suchten sie Zerstreuung.

Rilas und ich saßen noch eine Weile zusammen und diskutierten über den Grund, warum man den Kristall gestohlen hatte. Wäre die Tat von feindlichen Midanna begangen worden, hätte der Grund auf der Hand gelegen. Aber uns war nicht klar, warum die Bewohner der Städte so begierig danach waren. Die Kristalle waren den Midanna von den Boten der Mida viele, viele Kalod früher zur Bewachung übergeben worden, bis zu dem Tag, an dem Mida selbst wieder davon Gebrauch machen wollte. Die Männer aus den Städten konnten überhaupt nichts damit anfangen. Niemand kannte die genaue Bedeutung der Kristalle, obwohl man glaubte, daß Mida selbst durch sie sprechen würde, um ihre Wünsche mitzuteilen. Ein Kristall wurde von den Hosta aufbewahrt, ein anderer von den feindlichen Silla. Aber es war keine Kunde gekommen, daß man auch jenen gestohlen hatte oder es versuchte.

Ich schlug vor, einige Kriegerinnen zu den Silla zu senden, um zu erfahren, was mit dem Kristall geschehen war, den sie bewachten. Rilas stimmte zu, bestand aber darauf, daß die Aufgabe von ihren Hüterinnen übernommen wurde. In diesem Sinn einigten wir uns.

Danach zog Rilas sich in ihr Zelt zurück. Da ich schmerzlich die Gegenwart von Fideran vermißte, begab ich mich nach draußen. Die Dunkelheit wurde vom Eingang zu Midas Königreich wohltuend erleuchtet, der öfter seine Stellung am Himmel wechselt. Zum Kummer der Midanna ist er nicht immer zusehen, aber zu solchen Zeiten trösten uns die glänzenden Splitter, die am Himmel zu sehen sind.

Aus dem Männerzelt hörte ich das Lachen meiner Kriegerinnen. Ich lenkte meinen Schritt dorthin. Innen war es sehr warm, von den Körpern meiner Kriegerinnen und von einem Feuer, das man angezündet hatte, um daran Daru zu brauen. Die Kriegerinnen saßen um den Gefangenen herum, tranken Daru und gaben ihm oder der Gefährtin, die ihn gerade besaß, nützliche Ratschläge. Zwar waren sie zwecklos, aber der Gefangene spürte den Hohn, der in ihnen lag und machte erneut vergebliche Versuche, zu entkommen. Dies verursachte großes Gelächter.

Man hatte den Gefangenen diesmal hart herangenommen. Wäre er nicht so stark gewesen, hätte er wohl kaum überlebt. Bei seinen Fluchtversuchen hatte er sich die Gelenke blutig gescheuert. Aus seinem Gesicht war alle Farbe gewichen. Nur seine Augen waren dieselben geblieben, gefüllt mit unendlichem Zorn und Haß. Als ich vor ihm stand und der Kriegerin zusah, die sich seiner bediente, trafen sich unsere Blicke. Seine Augen ließen mich nicht mehr los.

Meine Kriegerin hatte bekommen, was sie wollte, und stand auf. Alle im Zelt sahen mich an, neugierig, ob ich ihm die Ehre erweisen würde. Ich sah, wie sich seine Brust hob und senkte, roch seinen Schweiß. In seinen Augen konnte ich das Verlangen lesen, das Verlangen nach mir, der Anführerin der Hosta, ein Verlangen, das noch stärker war als das durch die Droge erzeugte. Ich sah ihn einen Moment an, dann wandte ich mich ab und sagte: »Bindet ihn anständig fest und bewacht ihn gut. Ich möchte nicht, daß er uns gestohlen wird, nachdem er uns so gute Dienste leistet.«

Das Lachen meiner Kriegerinnen übertönte sein wütendes Schnauben und seine vergeblichen Versuche, sich zu befreien. Er war sich so sicher gewesen, daß ich ihm die Ehre geben würde, ihn zu demselben Zweck zu benützen wie meine Kriegerinnen. Aber ich war ihre Anführerin und konnte tun und lassen, was ich wollte. Und ich wollte nicht.

Ich kehrte in mein Zelt zurück, löschte die Kerzen und legte mich zum Schlafen nieder. Fideran fehlte mir. Mit dem Dolch fest in der Hand, wie es der Brauch ist, schlief ich ein.

2

Islat – und es wird von einer Stadt geredet

Bei Tagesanbruch saßen wir bereits im Sattel. Mehr als zwanzig Kriegerinnen waren wir, eine Streitmacht, groß genug für eine siegreiche Attacke, aber auch klein genug, um sich notfalls zu verstecken. Rilas war gekommen, um uns Lebewohl zu sagen. »Es wird ein schöner, warmer Tag werden«, sagte sie. »Mida segnet dein Vorhaben, Jalav. Wenn ich euch so ausreiten sehe, wünsche ich, ich wäre auch noch jung genug, um in den Kampf zu ziehen. Der Sieg sei mit euch, Jalav.« »Wir werden entweder mit dem Kristall zurückkommen, Rilas, oder gar nicht«, entgegnete ich.

Sie nickte und hob die Hand zum Abschiedsgruß. Ich sah noch einmal meine Kriegerinnen an, fühlte das stolze Gewicht meines Schildes am linken Arm, den glatten Schaft meines Speeres in der Rechten, dann nickte ich ihr zu, und trieb mein Gando mit dem Speer an.

Zunächst sollte es nach Bellinard gehen, weshalb wir den Weg nach Islat einschlugen. Dort wollte ich unsere Gandod in Kand umtauschen. Das Gando, obwohl ein gutes Reittier in der Schlacht, ist bekannt für sein Temperament und seine Widerspenstigkeit. Man wird es niemals innerhalb der Mauern von Städten finden.

Islat ist ein Dorf, das wesentlich größer ist als unser Lager. Es ist sicher vor uns, weil wir Handel mit ihm treiben. Zwar benötigen wir wenig für uns selbst, aber solche Dinge wie Tücher in den Stammesfarben, Kerzen, Pfeilspitzen und Messer beziehen wir von dort. Dafür liefern wir die Pelze der wilden Tiere, die in den Dörfern und Städten sehr begehrt sind. Es war weithin bekannt, daß Islat unter dem Schutz der Hosta stand. So hatten wir nur einmal einen Überfall rächen müssen. Eine kleine, wilde Bande von Harra hatte sich Männer von Islat geraubt. Es war nicht schwierig gewesen, sie aufzustöbern. Die sechs Harra wurden den übriggebliebenen Männern von Islat ausgeliefert. Dies war vor meiner Zeit, so daß ich nicht weiß, wie sich ihr weiteres Schicksal gestaltete. Tatsache ist, daß Islat seit dieser Zeit nie wieder überfallen wurde.