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Mida stand hoch am Himmel, als wir Islat erreichten. Es liegt am Ufer des Dennin, der von Westen nach Osten durch das Gebiet der Hosta fließt. Dieser Fluß mußte später durchquert werden, wobei Brauch war, die Stirn mit seinem Wasser zu benetzen. Manche von uns glauben, daß sein Wasser blutende Wunden stillt.

Die Männer von Islat kamen aus ihren niedrigen Hütten und glotzten uns zusammen mit ihren Sklavinnen an, als wir durch das Dorf zur Hütte des Schulzen ritten. Waren die Hosta nicht erst am Tag zuvor zum Handel hiergewesen? Aber ihre Schilde und Speere verrieten, daß etwas Großes bevorstand. Die Sklavinnen wurden mit den Kindern in die Hütten geschickt, und die Männer begleiteten uns in achtungsvollem Abstand.

Maranu, der Dorfschulze, erwartete uns vor dem Eingang seiner Hütte. Er führte das Dorf nun schon viele Kalod und war merkwürdigerweise trotz seiner nachlassenden Kräfte noch immer Schulze geblieben. Vermutlich kam das daher, daß man keine Kämpfe zu führen hatte. Die Jugend meiner Kriegerinnen schützte das Alter in seinem Dorf. »Wir Leute von Islat heißen euch willkommen«, sagte er in einem Ton, der weder Freundschaft noch Feindschaft verriet. »Können wir euch zu Diensten sein?«

»Das könnt ihr«, erwiderte ich. »Die Kriegerinnen der Hosta reiten in die Schlacht, deshalb benötigen wir einige Kand.« »Wir fühlen uns geehrt, Handel mit den Hosta treiben zu können.« Er lächelte erleichtert, und auch den anderen Männern ringsum schien ein Stein vom Herzen zu fallen. »Würde Jalav mir die Freude machen, die Wärme meiner kargen Hütte zu genießen?«

Ich hatte es eilig, aber es wäre unhöflich gewesen, das Angebot zurückzuweisen. »Maranu ist wie immer sehr freundlich«, antwortete ich deshalb und übergab Larid, die neben mir ritt, Schild und Speer. »Ich bin erfreut, die Wärme seines Heimes genießen zu dürfen.«

Ich stieg ab und ging voraus in seine Hütte. Niemals sonst würde ich jemanden, der nicht von meinem Stamm ist, erlauben, hinter mir zu gehen, aber die Sitte in Islat erforderte dies. Um des lieben Friedens willen mußte ich ihr folgen. Die Hütte bestand aus roh behauenen Balken und war innen in mehrere Räume unterteilt. Zunächst betrat man einen Raum, in dem ein großes offenes Feuer brannte. Überall standen Töpfe und Krüge der verschiedensten Größen, mit Nahrungsmitteln und Getränken gefüllt. Ich ging zu einem breiten Podest, das sich unter einem Fenster befand, und ließ mich davor auf den schmutzigen Boden nieder, da ich wußte, daß man dies von mir erwartete.

Maranu ließ sich ebenfalls nieder und befahl dann seiner Sklavin : »Bring Daru für meinen Gast und mich, Yereh. Dies ist ein Handel, der besprochen werden muß.« Gehorsam brachte das Weib einen großen Topf mit Daru herbei. Sie trug ein Gewand, das sie ganz verhüllte, während Maranu selbst nur einen Lendenschurz trug, eine Bequemlichkeit, die die Dorfbewohner ihren Frauen nicht gestatteten. Ich trank höflich von dem Daru, obwohl er nicht so stark gebraut war, wie wir Hosta es gewöhnt sind. Wider Erwarten entfernte sich die Sklavin nicht, sondern blieb unruhig vor uns stehen. »Maranu, nicht schon wieder«, flüsterte sie. »Bitte, nicht schon wieder.«

»Yereh, Jalav ist unser Gast«, entgegnete Maranu freundlich. »Der Handel wird nur kurz sein, denn die Hosta reiten in den Krieg.« Sie kniete sich an seiner Seite nieder und umarmte ihn. »Maranu, sie ist die Anführerin. Hat man dich noch nicht genug beschämt? Mußt du auch dies noch erdulden?« »Meine liebe Yereh.« Maranu strich tröstend über ihr Haar. »Der Handel wird bald erledigt sein, und dann gehöre ich wieder dir alleine. Bitte, verlasse uns jetzt.« Yereh umarmte ihn noch einen Moment, dann verschwand sie hinter einem Vorhang zum Nebenraum. »Verzeih, Jalav«, sagte Maranu. »Sie hat sich nie an die Gebräuche des Handels gewöhnt. Wieviel Kand benötigst du ? »Sie hat mich als Anführerin erkannt«, sagte ich. »Wieso weiß sie, daß wir in den Krieg reiten?«

»Sie muß dein Schild erkannt haben, bevor du hereinkamst«, entgegnete Maranu. »Fünf Lengapelze für fünf Kand.« Ich lächelte. »Ist das nicht ein bißchen viel verlangt? Ein Lengapelz und sechs frisch getötete Milnod.« »Wir haben genug Fleisch Vorräte«, sagte er. »Vier Pelze.« »Zwei Pelze«, entgegnete ich, »und die Milnods behalten wir als Nahrung für die Reise. Von welcher Scham hat deine Sklavin gesprochen?«

»Sie ist keine Sklavin«, fuhr er auf, dann senkte er wieder seinen Blick und sagte: »Drei Pelze, und der Handel ist perfekt. Unsere Kand sind vorzüglich.«

Wieder störte mich mein Unvermögen, die Männer zu verstehen. Einen Moment lang hatte es den Anschein gehabt, daß Maranu, hätte er eine Waffe besessen, diese gezogen hätte. Sein Ärger schien völlig grundlos. Ich wollte wissen, warum. »Maranu«, sagte ich, »ich hatte nicht die Absicht, dich zu beleidigen. Ich wollte nur wissen, warum sie von Scham sprach.«

Er trank seinen Daru mit einem Zug aus, dann sagte er abrupt: »Nun gut, ich werde es dir sagen, aber ich muß dich daran erinnern, daß ich nicht zuerst davon gesprochen habe. Ich werde immer beschämt, wenn ich mit den Hosta handeln muß, denn mit meinen Waren wird mir auch mein männlicher Stolz genommen. Jedesmal, wenn die Hosta kommen, fordern sie meinen und den Körper meiner Männer, würden wir uns weigern, müßten unsere Frauen und Kinder es büßen. Wir sind aber Männer, Jalav, und wir schätzen es nicht, von Frauen mißbraucht zu werden.«

Ich mußte eine Weile darüber nachdenken. Warum liebten die Männer von Islat es nicht, von den Hosta gebraucht zu werden ? Alle hatten doch Sklavinnen, also konnte der Akt ihnen doch nicht fremd sein.

»Benehmen die Hosta sich häßlich gegenüber den Männern von Islat?« fragte ich. »Fühlt ihr euch von ihnen abgestoßen?«

»Nein, nein.« Er lachte verwundert. »Die Hosta sind alles andere als häßlich, und die Männer von Islat haben großes Verlangen nach ihnen, wenn sie sie ansehen. Aber es ist nicht nur eine Frage des Verlangens. Es ist mehr...« Er unterbrach sich, suchte nach den richtigen Worten, dann lächelte er und schüttelte den Kopf. »Du bist noch sehr jung, Anführerin der Hosta«, sagte er höflich. »Vielleicht wirst du die Männer verstehen, wenn du älter bist. Drei Lengapelze, und wir sind einig.«

»Zwei Lengapelze«, sagte ich. Ich fühlte mich gar nicht jünger als er. Auch ich mußte für meinen Stamm einstehen. Keine seiner Anführerinnen hatte bisher so lange gelebt wie Maranu. »Zahlbar, wenn wir die Kand wieder abliefern.« »Oh«, sagte er, »die Kand werden wieder zurückgegeben? Dann sind sie also nicht für den Krieg bestimmt.« Er überlegte kurz, dann sagte er: »Einverstanden. Zwei Lengapelze, wenn die Kand zurückgegeben werden.« Wir besiegelten den Handel, indem wir auf die Rücken unserer rechten Hand spuckten und sie gegeneinander rieben. Maranus Faust war größer als meine, wohlgeformt zum Halten einer Waffe, was so selten vorkam. Wenn Verständnis allein eine Frage des Alters war, dann würde ich schon lange an der Seite von Mida sitzen, bevor ich ihn verstehen würde. Maranu zog seine Faust zurück, dann stand er auf. »Der Handel ist abgeschlossen«, sagte er mit einem merkwürdigen Blick, »jetzt bleibt nur noch eins zu tun. Es würde mich nicht so sehr beschämen, wenn du nicht die Anführerin wärst, Jalav. Komm zur Matte, ich werde gleich bereit sein.« Er ging zu einer gewobenen Matte, die vor dem Feuer lag, während ich sitzen blieb. In der Tat schien ihn der Gedanke an meine Berührung nicht zu beschämen, dennoch konnte ich ihn verstehen. Eine Kriegerin der Midanna kann von einem Mann empfangen oder auch nicht, ganz wie sie es will, aber einer Anführerin ist es verboten. Sie kann einen Mann nur benutzen, und dies schien Maranu nicht zu gefallen. Seine Frau hatte sofort gewußt, daß er benutzt werden würde, und jeder, der Augen hatte zu sehen, konnte merken, daß sie damit nicht einverstanden war. Obwohl ich ihre Gefühle nicht ganz verstand, war ich selbst nicht ohne Gefühle. Maranu war kein Sthuvad, den man zur vorübergehenden Befriedigung benutzte. Ich sah keinen Sinn darin, einen Brauch zu bewahren, der den Schulzen des Dorfes in seiner eigenen Hütte beleidigen würde. Deswegen erhob ich mich und sagte nur: »Ich danke dir für dein Anerbieten, Maranu, aber leider muß ich es ablehnen. Wir haben noch eine weite Reise vor uns und sind in Eile. Vielleicht werde ich ein andermal davon Gebrauch machen, sofern Mida mir im Kampf beisteht.«