Выбрать главу

»Ein Falltraum«, sagte Luet.

»Ich bin nicht gefallen«, sagte Schedemei. »Ich bin einfach von der Wolke getreten und stand auf dem Boden. Und als ich durch die Wälder und über die Wiesen wanderte, wurde mir klar, daß viele der Pflanzen aus meinem Garten doch benötigt werden. Also streckte ich die Hand aus, und die Pflanzen, die ich brauchte, regneten als Keimlinge auf mich hinab. Ich pflanzte sie, und sie wuchsen vor meinen Augen. Und dann begriff ich, daß auch viele Tiere benötigt wurden. Diese Welt hatte ihre Vögel verloren. Es gab überhaupt keine Vögel, und nur wenige Reptilien und keine Lasttiere oder Haustiere, die Fleisch liefern. Und doch gab es Milliarden von Insekten, die von den Vögeln und Reptilien gefressen werden konnten, und Weiden und Wiesen, die die Wiederkäuer ernähren konnten. Also hob ich erneut die Hände in die Wolken, und aus den Wolken regneten die Embryos der Tiere hinab, die ich benötigte, und ich fügte Wasser hinzu, und sie wuchsen schnell und wurden groß und stark. Die Vögel flogen in den Himmel, das Vieh und die Schafe wanderten zu den Bächen und Weiden, und die Schlangen und Echsen glitten und huschten davon. Und ich hörte die Worte, als hätte jemand mir sie ins Ohr gesprochen: »Niemand hat jemals einen Garten wie den deinen gehabt, Schedemei, meine Tochter«. Aber es war nicht die Stimme meiner Mutter oder meines Vaters. Und ich wußte nicht genau, ob die Stimme von meinem Garten in den Wolken sprach oder von dieser neuen Welt, deren Flora und Fauna ich wiederhergestellt hatte, nachdem sie sie vor so vielen Jahren verloren hatte.«

Das war der Traum, alles, woran sie sich erinnern konnte.

Zuerst sagten sie nichts. Dann ergriff Luet das Wort. »Ich frage mich, woher du wußtest, daß die Pflanzen und Tiere, die du aus den Wolken hinabgerufen hast, die Fauna und Flora darstellten, die es einst dort gegeben hatte.«

»Keine Ahnung«, sagte Schedemei. »Aber ich hatte dieses Gefühl. Ich wußte es einfach. Diese Pflanzen und Tiere kamen nicht neu auf diese Welt, sie wurden wiederhergestellt.«

»Und du kannst nicht sagen, ob es die Stimme eines Mannes oder einer Frau war«, sagte Huschidh.

»Diese Frage hat sich mir gar nicht gestellt. Die Stimme erinnerte mich an meine Eltern, bis ich dann merkte, daß es weder die meiner Mutter noch die meines Vaters war. Aber ich habe nicht darauf geachtet, ob sie männlich oder weiblich war. Das könnte ich nicht einmal jetzt sagen.«

Luet, Huschidh und Nafai beratschlagten untereinander, sprachen jedoch so laut, daß Schedemei alles hören konnte — sie schlössen sie nicht aus. »In ihrem Traum kommt eine Reise vor«, sagte Nafai. »Das stimmt mit dem überein, was ich erzählt habe — und die Flora und Fauna wurden wiederhergestellt. Also handelt es sich für mich um die Erde, um keinen anderen Ort.«

»Alles deutet darauf hin«, sagte Luet.

»Aber die Wolken«, sagte Huschidh. »Was ist mit ihnen? Wolken ziehen vielleicht von einem Kontinent zum anderen, aber niemals von Planet zu Planet.«

»Selbst Träume von der Überseele sind nicht immer einfach zu deuten«, sagte Nafai. »Die Wahrheit fließt in unseren Verstand, doch dann zieht unser Gehirn unsere geistige Bibliothek heran, um Bilder zu finden, die diese Vorstellung ausdrücken können. Eine große Reise durch die Luft. Elemak hat es als seltsames Haus gesehen; Schedemei sieht es als Wolke; ich habe es als die Stimme der Überseele gehört, die gesagt hat, daß wir zur Erde gehen müssen.«

»Zur Erde«, sagte Schedemei.

»Vater hat es nicht gehört und Issib auch nicht«, sagte Nafai. »Aber ich bin mir dessen so sicher wie der Tatsache, daß ich lebe und hier sitze. Die Überseele beabsichtigt, zur Erde zu gehen.«

»Das stimmt mit deinem Traum überein, Schedemei«, sagte Luet. »Die Menschheit hat die Erde vor vierzig Millionen Jahren verlassen. Der tiefe Winter, der sich über die Erde senkte, hat wahrscheinlich die meisten Reptilienarten und alle Vögel getötet. Nur die Fische, die Amphibien und ein paar kleinere warmblütige Tiere können überlebt haben.«

X »Aber seitdem sind vierzig Millionen Jahre vergangen«, sagte Schedemei. »Die Erde muß sich schon lange erholt haben. Es hätten doch schon längst neue Arten entstehen müssen.«

»Wie lange war die Erde von Eis umschlossen?« fragte Nafai. »Wie langsam hat sich das Eis zurückgezogen? Wie haben sich die Landmassen in diesen Jahrmillionen bewegt?«

»Ich verstehe«, sagte Schedemei. »Es wäre möglich.«

»Aber dieser Zaubertrick«, sagte Huschidh. »Sie hebt die Hände, und die Keimlinge und Embryos regnen hinab, und dann fügt sie Wasser hinzu, damit die Embryos wachsen.«

»Nun, dieser Teil hat für mich sofort Sinn ergeben«, sagte Schedemei. »Bei unserer Forschungsarbeit bewahren wir Muster auf, indem wir die Keimlinge und Embryos trocken kristallisieren. Damit bleiben ihre Körperprozesse genauso erhalten, wie sie im Augenblick der Kristallisierung waren. Wir lagern sie knochentrocken ein, und wenn wir sie wiederherstellen wollen, fügen wir nur etwas destilliertes Wasser hinzu, und die Kristalle entkristallisieren sich in einer sehr schnellen, aber nicht explosiven Kettenreaktion. Weil der Organismus so klein ist, kann er in einem Sekundenbruchteil wieder voll funktionsfähig gemacht werden. Die Embryos müssen wir natürlich sofort in eine Nährflüssigkeit legen und mit einer künstlichen Plazenta oder einem künstlichen Dotter verbinden, so daß wir nicht allzu viele gleichzeitig wiederherstellen können.«

»Wie groß wäre die Apparatur, die du mitnehmen müßtest«, fragte Nafai, »um die Flora und Fauna wiederherzustellen, die auf der Erde wahrscheinlich abgestorben ist?«

»Wie groß? Sehr viele Geräte. Eine ganze Karawane.«

»Aber was, wenn du nur die bedeutendsten Exemplare mitnehmen würdest — die nützlichsten Vögel, die wichtigsten Tiere, die Pflanzen, die wir brauchen, um Nahrung und Unterkunft zu haben?«

»Dann käme man mit viel weniger aus«, sagte Schedemei. »Man muß einfach Prioritäten setzen — wenn man nur ein Kamel hat, müßte man sich eben auf zwei Trockenbehälter beschränken. Und ein Kamel, das die Geräte zur Wiederherstellung und das andere Material trägt.«

»Also wäre es möglich«, sagte Nafai triumphierend.

»Du glaubst, die Überseele wird dich zur Erde schicken?« fragte Schedemei.

»Wir glauben, dieser Plan ist der wichtigste, der jetzt auf der gesamten Welt Harmonie durchgeführt wird«, sagte Nafai.

»Mein Traum?«

»Dein Traum ist ein Teil davon«, sagte Luet. »Genau wie der meine, glaube ich.« Sie erzählte Schedemei ihren Traum von den Engeln und den Ratten.

»Damit könnte symbolisch eine Welt gemeint sein, auf der sich neue Lebensformen entwickelt haben«, sagte Schedemei. »Aber du hast eins nicht bedacht. Wenn dein Traum von der Überseele kam, kann er wohl kaum buchstäblich wahr sein.«

»Warum nicht?« fragte Luet. Sie wirkte etwas beleidigt.

»Wie soll die Überseele wissen, was auf der Erde geschieht? Wie kann sie ein wahres Bild von irgendeiner Spezies sehen, die dort lebt? Die Erde ist tausend Lichtjahre entfernt. Es hat niemals ein elektromagnetisches Signal gegeben, das so stark gebündelt war, daß es über diese Entfernung hinweg wirklich bedeutsame Sendungen hätte tragen können. Wenn die Überseele dir diesen Traum gegeben hat, hat sie ihn frei erfunden.«

»Vielleicht stellt sie Vermutungen an«, sagte Huschidh.

»Vielleicht vermutet sie tatsächlich nur, welche Keimlinge und Embryos Schedemei mitnehmen müßte«, sagte Nafai. »Aber wir müssen trotzdem tun, was der Traum gebietet. Schedemei muß diese Keimlinge und Embryos sammeln und sich darauf vorbereiten, sie mit uns zur Erde zu nehmen.«