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Im Eingang des Gebäudes war es nicht so kalt wie in den Innenräumen, und Rasch hatte ihn in einen bemitleidenswerten Wohnraum umgewandelt. Ein behelfsmäßiges Bett, ein großer Zuber, der einmal Pflanzen beherbergt hatte, nun jedoch als Badewanne und Waschkübel für seine schmutzige Wäsche zweckentfremdet wurde. Sehr primitiv, aber auch einfallsreich. Schedemei mußte den Mann bewundern — er hatte nicht verzweifelt, obwohl sich alles gegen ihn zu verschworen haben schien.

»Ich bin allein hier«, sagte er. »Die Überseele weiß bestimmt, daß ich Geld dringender brauche als Trockenbehälter. Und der Stadtrat hat all meine Geldmittel beschlagnahmt. Du könntest mich nicht einmal mehr bezahlen, weil ich kein Konto mehr habe, auf das du das Geld deponieren könntest.«

»Das dürfte kein Problem sein«, sagte Schedemei. »Wie du dir vorstellen kannst, ziehen derzeit viele Leute ihr Geld von den Stadtkonten ab. Ich kann dich mit Edelsteinen bezahlen — obwohl sich der Preis für Gold und kostbare Steine seit den letzten Unruhen verdreifacht hat.«

»Glaubst du etwa, ich wüßte nicht, daß ich wohl kaum in der Position bin, mit dir feilschen zu können?«

»Staple die Trockenbehälter vor der Tür auf«, sagte Schedemei. »Ich werde Männer schicken, die sie aufladen und mir in die Stadt bringen. Ich werde dir einen fairen Preis dafür bezahlen. Sag mir, wohin ich die Juwelen bringen soll.«

»Komm allein hierher«, sagte Rasch. »Und übergib sie mir persönlich.«

»Mach dich doch nicht lächerlich«, sagte Schedemei. »Ich werde nie wieder hierher kommen, und wir haben uns auch nie getroffen. Sag mir, wo ich die Juwelen hinterlegen soll.«

»Im Raum für Reisende in Wetschiks Haus.«

»Ist es leicht zu finden?«

»Ganz leicht.«

»Dann werde ich dort sein, sobald ich die Trockenbehälter bekommen habe.«

»Es erscheint mir kaum fair, daß ich dir vollständig vertrauen soll, du mir aber nicht das geringste Vertrauen entgegenbringen mußt.«

Schedemei fiel darauf keine Erwiderung ein, die nicht grausam gewesen wäre.

Nach einer Weile nickte er. »Na schön«, sagte er. »Auf dem Besitz des Wetschik stehen zwei Häuser. Hinterlege die Juwelen in dem Raum für Reisende des kleineren, älteren Hauses. Auf einen der Dachsparren. Ich werde sie schon finden.«

»Sobald die Trockenbehälter in meinem Labor sind«, sagte Schedemei.

»Glaubst du etwa, mir stünden noch ein paar treu ergebene Männer zur Verfügung, die dich in einen Hinterhalt locken werden?« fragte Raschgallivak verbittert.

»Nein«, sagte Schedemei. »Aber da du weißt, daß du das Geld bald haben wirst, stünde dir jetzt nichts im Wege, sie schnell anzuheuern.«

»Also wirst du entscheiden, wann du mich bezahlst und wieviel du mir gibst, und ich habe in dieser Angelegenheit nichts zu sagen.«

»Rasch«, sagte Schedemei, »ich werde dich viel anständiger behandeln, als du den Wetschik und seine Söhne behandelt hast.«

»Innerhalb von einer halben Stunde werden ein Dutzend Trockenbehälter vor der Tür stehen.«

Schedemei stand auf und ging. Sie hörte, daß er hinter ihr die Tür schloß, und stellte sich ihn vor, wie er furchtsam die Riegel vorlegte, voller Angst, jemand könne herausfinden, daß der Mann, der einen Tag lang über die Macht sowohl des Gaballufix als auch des Wetschik verfügt hatte, sich nun in diesen verbarrikadierten Mauern versteckte.

Schedja kehrte durch das Musiktor zurück, an dem die Gorajni-Wachen schnell ihre Identität überprüften und sie durchließen. Es störte sie noch immer, diese Uniformen in den Stadttoren Basilikas zu sehen, doch wie alle anderen gewöhnte sie sich allmählich an die perfekte Disziplin der Soldaten und die neue Ordnung, die nun an den ehemals chaotischen Eingängen zur Stadt herrschte. Jeder reihte sich nun geduldig in die Schlange ein.

Und da war noch etwas. Mehr Menschen wollten die Stadt betreten als verlassen. Vertrauen kehrte zurück. Vertrauen in die Stärke der Gorajni. Wer hätte sich vorstellen können, wie schnell die Leute dem Naßköppe-Feind vertrauen würden?

Nachdem sie an der Stadtmauer entlang zum Markttor gegangen war, machte Schedemei den Maultiertreiber ausfindig, den sie angeheuert hatte. »Alles in Ordnung«, sagte Schedemei. »Ein Dutzend Behälter werden vor der Tür stehen.« Der Maultiertreiber verbeugte sich und lief los. Sie bezweifelte nicht, daß er diese Geschwindigkeit nur so lange beibehalten würde, wie sie ihn sehen konnte, doch sie wußte trotzdem zu schätzen, daß er so tat, als würde er sich sputen. Der Maultiertreiber wußte also, was Schnelligkeit war, und bemühte sich, ihr zumindest die Illusion davon zu geben.

Dann wählte sie einen der Botenjungen aus der Schlange aus, die mitten im Markttor auf Aufträge warteten. Sie schrieb eine Nachricht auf einen Zettel, den sie an der Botenstation bekam. Auf die Rückseite schrieb sie auf, wie man zu Wetschiks Haus gelangte und wohin der Junge den Zettel legen sollte. Dann tippte sie in den Computer der Station den Lohn ein, den der Junge bekam. Als er sah, welchen Bonus sie ihm zahlte, damit er sich beeilte, grinste er, schnappte sich den Zettel und lief wie ein geölter Blitz los.

Raschgallivak würde natürlich wütend sein, nicht die Juwelen selbst, sondern nur eine Zahlungsanweisung auf einen der Juwelenhändler im Markttor vorzufinden. Doch Schedemei hatte nicht die Absicht, einen so hohen Betrag in Juwelen persönlich zu einem so abgelegenen Ort zu bringen oder einen Boten damit zu beauftragen. Rasch brauchte das Geld — also mußte er auch das Risiko eingehen. Wenigstens hatte sie die Anweisung auf einen der Juwelenhändler ausgestellt, der auch außerhalb des Markttors einen Tisch unterhielt, so daß Rasch nicht an den Wachen vorbei mußte, um seine Bezahlung zu bekommen.

Rasa sah ihren Sohn und ihre Töchter an, und die beiden Söhne Wetschiks von anderen Frauen. Nicht unbedingt die besten Menschen auf der Welt, dachte sie. Ich würde mich den beiden älteren Söhnen Volemaks gegenüber vielleicht etwas verächtlicher zeigen, würden meine beiden kostbaren Töchter mich nicht daran erinnern, daß ich auch nicht die hervorragendste Mutter gewesen bin. Und um fair zu sein … all diese jungen Menschen haben ihre Gaben und Talente. Doch lediglich Nafai und Issib, die beiden Kinder, die ich mit Volja habe, haben sich als integer, anständig und gut erwiesen.

»Warum habt ihr Issib nicht mitgebracht?«

Elemak seufzte. Armer Junge, dachte Rasa. Zwingt die alte Herrin dich wieder, ihr etwas zu erklären? »Wir wollten uns auf dieser Reise nicht mit seinem Stuhl oder den Flossen befassen müssen«, sagte er.

»Er wäre doch sowieso nur hier bei uns eingesperrt«, sagte Nafai.

»Ich glaube nicht, daß der General uns lange unter Arrest halten wird«, sagte Rasa. »Sobald ich gründlich in Mißkredit gebracht worden bin, hat er keinen Grund mehr zu dieser eindeutig überzogenen Maßnahme. Er versucht, sich als Befreier und Beschützer darzustellen, und es gibt kein gutes Bild ab, wenn er seine Soldaten auf der Straße aufmarschieren läßt.«

»Und dann brechen wir auf?« fragte Nafai.

»Nein, wir schlagen hier Wurzeln«, sagte Mebbekew. »Natürlich brechen wir dann auf.«

»Ich will nach Hause«, sagte Kokor. »Obwohl Obring ein verdammtes, elendes Spottbild von Ehemann ist, vermisse ich ihn.«

Sevet sagte nichts.

Rasa sah Elemak an, auf dessen Zügen ein leichtes Lächeln lag. »Und du, Elemak, kannst du es auch nicht abwarten, mein Haus zu verlassen?«

»Ich bin dankbar für deine Gastfreundschaft«, sagte er. »Und wir werden uns immer an dein Heim erinnern als das letzte zivilisierte Haus, in dem wir seit vielen Jahren gewohnt haben.«

»Sprich für dich selbst, Elja«, sagte Mebbekew.

»Wovon spricht er?« fragte Kokor. »Auf mich wartet ein zivilisiertes Heim.«