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»Ebenso, wie ich alle auszuführen bestrebt sein werde!« versicherte Cyprien, die Hand ergreifend, die Miss Watkins ihm darbot.

Als ihr Cyprien aber auch den Urteilsspruch mitgeteilt, der über Matakit gefällt worden war, war sie wie versteinert, besonders nachdem sie erfahren hatte, welchen Anteil ihr eigener Vater an dieser Verurteilung hatte.

Auch sie glaubte ja nicht an die Schuld des armen Kaffern! Auch sie hätte, in völliger Übereinstimmung mit Cyprien, gern alles getan, ihn zu retten; doch wie sollten sie das anfangen, wie vor allem John Watkins, der in dieser Angelegenheit als unzugänglicher Ankläger auftrat, mehr Teilnahme für den Unglücklichen einflößen, auf den er selbst die ungerechtesten Beschuldigungen gehäuft hatte?

Hier ist noch einzufügen, daß der Farmer von Matakit keinerlei Geständnisse zu erlangen vermochte, weder dadurch, daß er ihm sein Todesurteil vorwies, noch dadurch, daß er ihm volle Begnadigung in Aussicht stellte, wenn er sprechen wollte. Aller Hoffnung beraubt, den »Südstern« je wiederzufinden, bemächtigte sich seiner eine wirklich mörderische Laune. Man konnte ihm kaum noch nahetreten. Dennoch wollte seine Tochter bei ihm einen letzten Versuch wagen.

Am Tag nach dem Urteilsspruch hatte Mr. Watkins, da er eben etwas weniger als gewöhnlich unter seiner Gicht litt, diese Ruhepause genutzt, einmal seine Papiere in Ordnung zu bringen. Vor einem großen Zylinderschreibtisch aus mit gelben Verzierungen eingelegtem Ebenholz - ein schönes, von der holländischen Herrschaft herrührendes Erbstück, das nach mancherlei Schicksalen nach diesem verlorenen Winkel des Griqualands verschlagen worden war - bequem sitzend, musterte er seine verschiedenen Eigentumsdokumente, die zahlreichen Verträge und Korrespondenzen.

Hinter ihm stickte, über ihren Rahmen gebeugt, Alice, ohne sich viel um ihren Strauß Dada zu kümmern, der mit gewohnter komischer Würde im Zimmer umherstolzierte und einmal einen Blick nach dem Fenster warf, ein andermal aber mit den großen, fast menschlichen Augen die Bewegungen Mr. Watkins' und seiner Tochter beobachtete.

Plötzlich veranlaßte ein lauter Ausruf des Farmers Miss Watkins, schnell den Kopf zu erheben.

»Dies Tier wird allmählich unerträglich!« sagte jener. »Da hat es mir eben ein Pergament entführt . . . Dada! . . . Hier! ... Willst du's gleich hergeben!«

Kaum waren ihm diese Worte entflohen, als ihnen auch schon ein Strom von Schimpfworten folgte.

»Ah, das abscheuliche Geschöpf hat es verschlungen! . . . Ein Dokument von höchster Wichtigkeit! Das Original der Urkunde, das die Ausbeutung meiner Kopje betrifft! ... Das ist nicht auszuhalten! ... Er soll's aber schon wieder von sich geben und wenn ich das Tier erdrosseln müßte!«

Hochrot vor Zorn und ganz außer Fassung hatte Mr. Watkins sich schnell erhoben. Er lief dem Strauß nach, der erst das Zimmer zwei- oder dreimal durchkreiste und dann durch das zu ebener Erde gelegene Fenster entwich.

»Lieber Vater«, bat die über diese neue Übeltat ihres Günstlings untröstliche Alice, »beruhige dich, ich bitte dich! Hör mich an! . . . Du wirst dich wieder krank machen!«

Mr. Watkins' Wut war jetzt aber auf dem höchsten Gipfel. Die Flucht des Straußes hatte ihr die Krone aufgesetzt.

»Nein«, rief er mit halberstickter Stimme, »das ist zu arg! Das muß ein Ende nehmen! Ich kann nicht so mir nichts, dir nichts auf eine der allerwichtigsten Beurkundungen meines Grundbesitzes verzichten. Eine blaue Bohne in den Kopf wird die Diebin schnell zur Vernunft bringen. Ich werde mein Pergament schon wiedererlangen, dafür verbürg ich mich !«

Weinend folgte Alice ihm.

»Ich bitte dich, liebster Vater, hab Gnade mit meinem armen Tier!« sagte sie. »Ist denn das Papier wirklich so wichtig? ... Kannst du davon kein zweites Exemplar bekommen? ... Willst du mir den Schmerz bereiten, vor meinen Augen die arme Dada wegen eines so leichten Vergehens umzubringen?«

John Watkins wollte aber nichts hören, sondern sah sich nur, sein Opfer suchend, nach allen Seiten um.

Endlich gewahrte er das Tier, als es sich eben nach der Seite des von Cyprien Mere bewohnten Häuschens flüchtete. Sofort schlug der Farmer das Gewehr an und zielte;

Dada aber, als wenn sie die gegen sich gerichteten schwarzen Anschläge durchschaute, sah diese Bewegung kaum, als sie sich beeilte, hinter dem Haus Deckung zu suchen.

»Warte! Warte nur! Ich werde dich schon noch erwischen, verwünschtes Tier!« wetterte John Watkins, auf den Strauß zugehend.

Natürlich unterließ Alice in ihrer Herzensangst nicht, ihm zu folgen, um einen letzten Besänftigungsversuch zu machen.

So gelangten also beide nach dem Häuschen des jungen Ingenieurs und umkreisten es . . . Kein Strauß war hier zu finden; Dada schien unsichtbar geworden zu sein. Sicherlich konnte sie aber noch nicht den kleinen Hügel hinabgelaufen sein, sonst hätte man sie wenigstens in der Nähe der Farm sehen müssen. Jedenfalls hatte sie also durch eine nach der Rückseite offene Tür oder durch ein Fenster Zuflucht in der Hütte selbst gesucht.

Das sagte sich John Watkins und beeilte sich, umzukehren und an die Haupteingangstür zu klopfen.

Cyprien öffnete sie ihm in eigener Person.

»Mr. Watkins! ... Miss Watkins! ... Hocherfreut, Sie bei mir zu sehen!« sagte er, erstaunt über diesen höchst unerwarteten Besuch.

Ganz außer Atem erklärte ihm der Farmer mit kurzen Worten, aber noch in vollem Zorn, den Grund seines Erscheinens.

»Nun, so werden wir die Missetäterin suchen«, antwor-

tete Cyprien, während er John Watkins und Alice in das Häuschen einzutreten nötigte.

»Und ich stehe Ihnen dafür, daß die Sache schnellstens erledigt sein wird!« erklärte der Farmer, der seine Flinte wie einen Tomahawk schwang.

Gleichzeitig verriet Cyprien aber ein flehender Blick des jungen Mädchens, welchen Schreck die beabsichtigte Exekution ihr einflößte. Er wurde sich denn auch sehr bald klar, was ihm hier zu tun bleibe - er wollte den Strauß ganz einfach nicht finden.

»Li«, rief er dem eben eingetretenen Chinesen in französischer Sprache zu, »ich vermute, daß der Strauß in deinem Zimmer ist. Feßle ihn, aber stell es so an, daß er bequem entwischen kann, während ich Mr. Watkins nach der entgegengesetzten Seite führe.«

Leider litt dieser schöne Plan an einer falschen Voraussetzung. Der Strauß hatte sich gerade in das erste Zimmer, in dem die Suche begann, geflüchtet. Hier befand er sich noch, machte sich ganz klein und hatte den Kopf unter einem Stuhl versteckt, blieb natürlich aber sonst völlig sichtbar.

Mr. Watkins stürzte auf das Tier los.

»Ah, Spitzbube, deine Rechnung ist nun abgeschlossen!«

So wütend er indes war, stutzte er doch vor der Ungeheuerlichkeit, das Gewehr dem Opfer auf die Brust gesetzt, einen Schuß in einem Haus abzugeben, das, wenn auch nur zeitweilig, jetzt nicht das seinige war.

Alice wandte sich weinend ab, um nichts von allem zu sehen.

Da gab ihr tiefer Kummer dem jungen Ingenieur einen rettenden Gedanken ein.

»Mr. Watkins«, sagte er plötzlich, »es kommt Ihnen doch nur darauf an, Ihr Schriftstück wiederzuerhalten, nicht wahr? ... Nun gut, es ist ganz unnötig, Dada zu töten, um es zu erlangen. Es genügt, ihr den Magen zu öffnen, über den jenes noch nicht hinausgekommen sein kann. Wollen Sie mir gestatten, diese Operation vorzunehmen? Ich hab' einmal einen Kurs am zoologischen Museum mitgemacht und hoffe, bei diesem chirurgischen Lehrlingswerk zur Zufriedenheit zu bestehen.«

Ob nun diese Vivisektion dem Rachegelüst des Farmers schmeichelte, ob sein Zorn sich zu legen begann oder er sich wider Willen von dem aufrichtigen Schmerz seiner Tochter rühren ließ, kurz, er gab nach und stimmte dem vorgeschlagenen Verfahren zu.