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»Gewiß, mein ehrenwerter Faselhans!« rief John Wat-kins. »Und deshalb eben täten Sie besser, nach Hause zu gehen und sich ins Bett zu legen, wenn Sie krank sind, als hier Ehrenmänner, die niemandem etwas schuldig sind, bei ihrer Mahlzeit zu stören!«

Jacobus Vandergaart hatte sein Papier entfaltet.

»Hier ist eine Erklärung«, ergriff er in mildestem Ton wieder das Wort, »eine vom Gouverneur gegengezeichnete und in Victoria unter dem gestrigen Datum registrierte Erklärung des Katasteramts, die einen bis heute in allen Karten des Griqualands vorkommenden Irrtum betrifft. Dieser Irrtum, den die mit der Vermessung des Landes betrauten Geometer vor 10 Jahren dadurch begingen, daß sie die Abweichung der Magnetnadel von dem richtigen Nordpunkt unberücksichtigt ließen, dieser Irrtum, sage ich, fälscht nun alle Karten und alle aufgrund jener Vermessungen eingezeichneten Grundpläne. Infolge der eben stattgefundenen Richtigstellung verschiebt sich in unserer Breitenlage die früher als 25. Längengrad angenommene Linie um etwa 3 Meilen weiter nach Westen. Ferner überschreibt mir diese von jetzt ab offizielle Berichtigung wieder das Eigentum an der früher Ihnen zugefallenen Kopje, denn nach Ansicht der Regierungsanwälte und des Chefs der Justizverwaltung selbst bleibt die frühere Entscheidung unbedingt zu Recht bestehen. Das war es, John Watkins, was ich Ihnen sagen wollte!«

Ob der Farmer diese Auseinandersetzung nicht richtig aufgefaßt hatte oder es nur vorzog, sie absichtlich nicht zu verstehen, jedenfalls versuchte er noch einmal den alten Steinschneider als Antwort mit verächtlichem Lachen abzufertigen.

Diesmal klang dieses Lachen aber doch etwas gezwungen und fand auch keinen rechten Widerhall an der Tafel.

Verblüfft hielten alle Zeugen dieses Auftritts ihre Augen auf Jacobus Vandergaart gerichtet und schienen von seinem würdevollen Ernst, von der Sicherheit, mit der er sprach, wie von der unerschütterlichen Siegesgewißheit, die sich in seiner ganzen Erscheinung ausdrückte, gleichmäßig betroffen.

Zuerst war es der Händler Nathan, der als Dolmetscher der allgemeinen Empfindungen hierbei auftrat.

»Was da der Herr Vandergaart anführt«, begann er, sich an John Watkins wendend, »ist von vornherein nicht als sinnlos zurückzuweisen. Jener Irrtum bezüglich Feststellung des Längengrads kann ja tatsächlich vorgekommen sein, und vielleicht erscheint es, ehe man sich weiter darüber ausspricht, rätlicher, eingehendere Erklärungen abzuwarten.«

»Erklärungen abwarten!« fuhr Mr. Watkins auf und hämmerte mit der geballten Faust wütend auf den Tisch. »Hier hab' nur ich Erklärungen abzugeben. Ich kümmere mich den Teufel um Erklärungen von anderen! Bin ich hier bei mir zu Hause oder bin ich es nicht? Ist mir nicht das Besitzrecht an der Kopje ordnungsgemäß zugesprochen worden durch eine letztinstanzliche Entscheidung, deren Rechtsgültigkeit das alte Krokodil jetzt anzutasten wagt? Ach, was kümmert mich die ganze Geschichte! Will mich jemand im friedlichen Besitz meines Eigentums stören, so tu' ich, was schon einmal geschah, ich wende mich an das zuständige Gericht, und dann wird sich's ja zeigen, wer bei der Sache den kürzeren zieht.«

»Ein weiteres Eingreifen der Gerichte ist jetzt ausgeschlossen«, entgegnete Jacobus Vandergaart mit unerschütterlicher Mäßigung. »Alles liefe nur auf die festzustellende Tatsache hinaus, gelegentlich der Frage, ob der 25. Breitengrad wirklich längs der Linie verläuft, welche die Katasterpläne dafür enthalten. Nun ist aber schon offiziell anerkannt, daß hier ein Irrtum untergelaufen war, und daraus ergibt sich als notwendige Schlußfolgerung, daß die Kopje wieder in meinen Besitz zurückgeht.«

Bei diesen Worten zeigte Jacobus Vandergaart die offizielle, mit allen Stempeln und Siegeln beglaubigte Bestätigung vor, die er in der Hand hielt.

John Watkins' Unbehagen nahm sichtlich zu. Er rückte auf seinem Stuhl hin und her, versuchte höhnisch zu lachen, aber es gelang ihm nur schlecht. Da fielen seine Blicke zufällig auf den »Südstern«. Dieser Anblick schien ihm das Vertrauen wiederzugeben, das ihn schon verlassen hatte.

»Und wenn's an dem wäre«, rief er, »wenn ich aller Gerechtigkeit zum Hohn auf dieses Besitztum verzichten müßte, das mir auf gesetzlichem Weg zugesprochen wurde und das ich seit 7 Jahren in Frieden genoß, was kann mir das schaden? Hab' ich nicht etwas, mich darüber zu trösten, und wär's nur dieser einzige Juwel, den ich in der Westentasche mit forttragen kann und vor jeder wiederholten Fähr-lichkeit zu schützen wissen werde?«

»Das ist wiederum ein Irrtum, John Watkins«, bemerkte Jacobus Vandergaart sehr trocken. »Der >Südstern< gehört in Zukunft aufgrund desselben Titels nur mir, wie alle Produkte der Kopje, die sich in Ihrem persönlichen Besitz vorfinden, wie das Mobiliar dieses Hauses, der Wein in diesen Flaschen oder das Fleisch, das dort noch auf den Schüsseln liegt. Alles hier ist mein rechtmäßiges Eigentum, da es von der arglistigen Übervorteilung herrührt, die mich einst traf ... Sorgen Sie sich darum nicht weiter«, fügte er hinzu, »meine Vorsichtsmaßnahmen sind getroffen.«

Jacobus Vandergaart klatschte gleichzeitig in die fleischlosen Hände.

Sofort erschienen Konstabler in schwarzer Uniform in der Tür, und ihnen folgte ein Offizier des Sheriffs, der raschen Schritts eintrat und die Hand auf einen Stuhl legte.

»Im Namen des Gesetzes«, begann er, »verkünde ich hiermit die vorläufige Beschlagnahme aller Mobilien und Wertgegenstände jeder Art, die sich in diesem Haus vorfinden!«

Alle mit Ausnahme John Watkins' waren plötzlich aufgestanden. Verwirrt und in seinem weiten hölzernen Lehnstuhl zusammengesunken, erschien der Farmer wie vom Blitz getroffen.

Alice hatte sich an seinen Hals geworfen und suchte ihn durch tröstlichen Zuspruch wieder aufzurichten.

Jacobus Vandergaart verlor seinen Gegner inzwischen nicht aus dem Gesicht. Er betrachtete ihn, während er auch auf den »Südstern« ein wachsames Auge hatte, mit mehr Mitleid als Haß. Der Stein schien inmitten des hereingebrochenen Unglücks nur noch feuriger zu glänzen.

»Ruiniert! ... Ruiniert!«

Das waren die einzigen Worte, die sich den zitternden Lippen Mr. Watkins' entrangen.

Da trat auch Cyprien an ihn heran und sagte mit ernster Stimme:

»Mr. Watkins, da Ihr bisheriges Eigentum von einem nicht wieder auszugleichenden Schlag bedroht ist, so gestatten Sie mir, in diesem Ereignis nur die Möglichkeit zu sehen, mich Ihrem Fräulein Tochter zu nähern . . . Ich habe die Ehre, Sie um die Hand von Miss Alice Watkins zu bitten!«

24. KAPITEL Ein verlöschender Stern

Dieses Gesuch des jungen Ingenieurs brachte die Wirkung eines Theatercoups hervor. Trotz der geringen Empfindsamkeit ihrer halbverwilderten Natur konnten die Tischgäste John Watkins' doch nicht umhin, ihren lebhaftesten

Beifall zu erkennen zu geben. So viele Uninteressiertheit ging ihnen doch zu Herzen.

Gesenkten Auges und hochklopfenden Herzens, so wie vielleicht die einzige, die die Äußerung des jungen Mannes nicht in Erstaunen setzte, hielt sich Alice an der Seite ihres Vaters.

Noch völlig niedergeschmettert von dem Schlag, der ihn eben getroffen, hatte der unglückliche Farmer jetzt doch den Kopf erhoben. Er kannte ja Cyprien gut genug, um zu wissen, daß er, wenn er diesem seine Tochter gab, gleichzeitig die Zukunft und das Glück Alices sicherte, er wollte jedoch, jetzt wenigstens, noch durch kein Zeichen verraten, daß er keine Einwände gegen die beabsichtigte Verbindung habe.

Etwas verlegen wegen des öffentlichen Schritts, zu dem ihn die auflodernde Wärme tiefinniger Liebe hingerissen hatte, fühlte er nun auch selbst die Merkwürdigkeit seines Auftretens und machte sich Vorwürfe, seiner selbst einmal nicht mehr Herr gewesen zu sein.