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Schüttet man in ein Gefäß eine verschiedene fremde Körper enthaltende Flüssigkeit, was geht dann vor? Die fremden Körper setzen sich speziell am Boden und längs der Ränder des Gefäßes ab. Nun gut, das ist genau derselbe Vorgang, der sich in einer Kopje abspielt. Diamanten findet man hier vor allem am Grund und gegen die Mitte des Bettes, ebenso wie an den äußersten Rändern. Diese Tatsache ist so unzweifelhaft beobachtet, daß die dazwischenliegenden Claims meist schnell im Preis sinken, während die in der Mitte liegenden Claims und diejenigen, die sich nahe der Peripherie befinden, dagegen schnell einen ungeheuren Wert erhalten, sobald die Gestalt des Fundplatzes hinlänglich bekannt ist. Die Analogie spricht sonach deutlich für die Herbeischaffung des Materials unter Mithilfe von Wasser.

Außerdem weisen auch noch viele verschiedene Umstände, die Sie in meinem Bericht aufgezählt finden, auf die Bildung der Kristalle an Ort und Stelle hin, während sie ihre Zuführung in fertigem Zustand unwahrscheinlich machen. Um davon nur zwei oder drei zu wiederholen, sind die Diamanten fast stets in Gruppen von derselben Natur und der gleichen Farbe vereinigt, was gewiß nicht der Fall sein würde, wenn sie schon fertig von einem Wasserstrom mitgebracht worden wären. Häufig findet man zwei Stücke, die miteinander verklebt sind, so daß sie sich schon durch leichten Anschlag trennen lassen. Wie hätten diese also der Reibung und den sonstigen Zufälligkeiten bei einer Weiterführung durch Wasser widerstehen sollen? Dazu finden sich die großen Diamanten fast nur unterhalb eines Felsstücks, was darauf hinzuweisen scheint, daß gewisse, durch dieses bedingte Einflüsse, seine Wärmeausstrahlung oder irgendeine andere Ursache, die Kristallisation erleichtert haben. Endlich ist es selten, sogar sehr selten, daß große und kleine Diamanten nah beieinander gefunden werden. Allemal, wenn man einen schönen Stein aufgräbt, liegt dieser isoliert. Es macht den Eindruck, als ob alle Diamantenelemente des betreffenden Restes sich in diesem Fall, unter dem Einfluß unbekannter Ursachen, zu einem einzigen Kristall vereinigt hätten.

Diese Gründe, sowie noch mehrere andere, erfüllen mich mit der Überzeugung, daß nach Zuführung der Elementarstoffe der Kristallisation durch das Wasser die endliche Bildung der Steine an Ort und Stelle stattgefunden haben müsse.

Woher aber nehmen diese Wasser den Weg, die den organischen Detritus, der sich in Diamanten umformen sollte, mit sich führten? Darüber hab' ich mir trotz eingehendster Studien der verschiedenen Lagerstätten noch kein Urteil bilden können.

Eine weitere Erklärung hierüber würde immerhin von weittragender Bedeutung sein. Wenn man dazu gelangte, den Weg, den einst das Wasser genommen, zu erkennen, warum sollte man dann nicht bei dessen Rückverfolgung zu dem Punkt kommen, von dem die Diamanten ausgegangen sind, und wo sich ohne Zweifel eine bedeutend größere Menge davon finden dürfte, als in den bis heute ausgebeute-ten Lagerstätten? Das würde meine Theorie nach allen Seiten bestätigen und mir eine große Befriedigung gewähren. Ich selbst habe diese Frage freilich ihrer Lösung kaum entgegenzuführen vermocht, denn ich stehe bereits nah dem Ende meiner Mission, und es ist mir, wie erwähnt, bisher unmöglich gewesen, über jenen unaufgeklärten Punkt weiteres Licht zu verbreiten.

Mit mehr Erfolg habe ich viele Analysen der Felsarten ausgeführt ...«

In seinem vertraulichen Bericht ging der junge Ingenieur nun bezüglich seiner Arbeiten in technische Details ein, die zweifellos für ihn und den Adressaten von großem Interesse waren, über die jedoch der profane Leser nicht das gleiche Urteil fällen dürfte. Es erscheint uns deshalb ratsam, ihn damit gänzlich zu verschonen.

Um Mitternacht, nachdem er seinen langen Bericht beendet hatte, löschte Cyprien die Lampe, streckte sich in seine Hängematte, und schlief den Schlaf des Gerechten.

Arbeit überwindet jeden Kummer - wenigstens für einige Stunden -, aber ein reizendes Trugbild drängte sich mehrmals in die Träume des jungen Gelehrten und schien ihm zuzuflüstern, daß er noch nicht ganz verzweifeln solle.

4. KAPITEL Vandergaart-Kopje

»Ich muß unbedingt abreisen«, sagte sich am andern Morgen Cyprien, als er noch mit dem Ankleiden beschäftigt war, »muß das Griqualand unbedingt verlassen! Nach dem, was ich mir von dem kranken Mann da drüben habe sagen lassen müssen, wäre es Schwäche, noch länger zu bleiben. Er will mir seine Tochter nicht geben. Vielleicht hat er ja Recht, jedenfalls zeigt er keine besondere Geneigtheit, mildernde Umstände anzuerkennen. Ich muß schon seinen Ausspruch, so schmerzlich es mir auch ankommt, mit männlichem Stolz hinnehmen, und darf meine Hoffnung nur auf die freundlichere Zukunft setzen.«

Ohne weitere Verzögerung ging Cyprien daran, jene Apparate in die Koffer und Kisten zu verpacken, die er inzwischen als Tische und Schränke benützt hatte. Mit vollem Eifer beginnend, arbeitete er jetzt schon ganz tüchtig während 1 oder 2 Stunden, als ihn durch das offenstehende Fenster, durch das die erquickende Morgenluft hereinzog, eine frische, reine Stimme, die gleich dem Lied der Lerche jauchzend emporstieg, erreichte und eines der reizendsten Lieder des Dichters Moore sang:

It is the last rose of summer, Left blooming alone All her lovely companions Are faded and gone ...

Cyprien eilte ans Fenster und bemerkte Alice, die sich nach ihrem Straußgehege begab und eine Schüssel mit geeigneten Leckerbissen für ihre Lieblinge trug. Sie war es, die ihre schmelzende Stimme schon mit aufgehender Sonne ertönen ließ.

I will not leave thee, thou lone one! To pine on the stem, Since the lovely are sleeping, Go sleep with them .. .[2]

Der junge Ingenieur hatte sich niemals für besonders empfänglich für Poesie gehalten, und doch ergriff ihn dieses Lied so tief. Er trat dicht ans Fenster, hielt den Atem an und lauschte diesen Tönen, aber er trank vielmehr die süßen Worte.

Die Stimme schwieg eine Zeitlang. Miss Watkins verteilte die Vorräte an ihre Strauße, und es war wirklich ein Vergnügen zuzusehen, wie diese die schlanken Hälse noch verlängerten und mit geschicktem Schnabel nach der kleinen Hand pickten. Nach beendeter Verteilung kehrte sie um und sang wieder:

It is the last rose of summer, Left blooming alone Oh! who would inhabit This black world alone ? ...

Mit feuchtem Auge und wie festgewurzelt stand Cyprien noch immer an derselben Stelle.

Die Stimme entfernte sich, Alice ging offenbar zur Farm zurück, und sie hatte bis dahin wohl kaum noch 20 Meter zurückzulegen, als der Schall eiliger Schritte sie veranlaßte, sich umzuwenden und stehenzubleiben.

Getrieben von unüberlegter, auch unwiderstehlicher Bewegung, war Cyprien im bloßen Kopf aus seinem Häuschen geeilt und lief jetzt auf sie zu.

»Miss Alice!«

»Monsieur Mere?«

Im vollen Glanz der Morgensonne standen sie sich auf dem Weg an der Grenze des Grundstücks Aug' in Auge gegenüber. Ihre Schattenbilder hoben sich deutlich von der weißen Bretterumzäunung der Farm ab. Jetzt aber, als Cy-prien sich dicht bei dem jungen Mädchen befand, schien er selbst erstaunt über sein Benehmen und schwieg halb verlegen.

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2

Die englischen Verse entsprechen, wenn nicht ganz wort-, so doch ziemlich sinngetreu unserem:

Letzte Rose, wie magst du so einsam hier blühn; Deine freundlichen Schwestern sind längst schon dahin, Keine Blüte haucht Balsam mit liebendem Duft. Warum blühst du so traurig im Garten allein? Sollst im Tode mit den Schwestern vereinigt sein. Drum pflücke, o Rose, vom Stamm ich dich ab, Sollst ruhn mir am Herzen und mit mir im Grab.