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Darken Rahl legte Richard eine Hand auf die Schulter. »Freut mich sehr, daß du wieder zurück bist, Richard. Ich hatte es mir fast gedacht. Ich bin froh, daß du dich entschlossen hast, mir zu helfen. Ich bewundere, wie sehr du dich deinen Freunden verpflichtet fühlst.«

Zedd war verwirrt. Wozu konnte Rahl Richards Hilfe benötigen?

»Bitte«, flehte Richard unter Tränen, »tut ihr nicht weh.«

»Nun, das liegt ganz bei dir.« Er entfernte Richards Hände von seinem Umhang.

»Ich werde alles tun. Alles. Tut ihr nur nicht weh!«

Ein Lächeln machte sich auf Darken Rahls Lippen breit. Er befeuchtete seine Fingerspitzen. Mit der anderen Hand fuhr er Richard durchs Haar. »Tut mir leid, daß es so kommen mußte, Richard. Wirklich. Es wäre mir ein Vergnügen gewesen, dich in deinem ursprünglichen Zustand um mich zu haben. Du merkst es vielleicht nicht, aber wir beide sind uns sehr ähnlich. Ich fürchte jedoch, daß du Opfer des ersten Gesetzes der Magie geworden bist.«

»Tut Herrin Kahlan nichts«, winselte Richard. »Bitte.«

»Wenn du tust, was ich dir sage, werde ich mein Versprechen halten, und man wird sie gut behandeln. Vielleicht verwandle ich dich sogar in etwas Ansehnliches, etwas, was du gerne sein möchtest, vielleicht ein Schoßhündchen. Möglicherweise lasse ich dich sogar bei uns im Schlafzimmer schlafen, damit du siehst, wie ich Wort halte. Vielleicht nenne ich im Gedenken an dich sogar meinen Sohn nach dir, schließlich hast du mir geholfen. Wie gefällt dir das? Richard Rahl. Es hat eine gewisse Ironie, findest du nicht auch?«

»Macht mit mir, was immer Euch beliebt, aber bitte tut Herrin Kahlan nichts. Sagt, was Ihr verlangt, bitte.«

Darken Rahl tätschelte Richards Kopf. »Bald, mein Sohn. Bald. Warte hier.«

Darken Rahl ließ Richard auf den Knien sitzen und ging um den Kreis aus weißem Sand herum zu Zedd. Als er näher kam, fixierte er den alten Mann mit seinen blauen Augen. Zedd fühlte sich leer, ausgehöhlt.

Rahl blieb vor ihm stehen, befeuchtete seine Finger und strich sich damit über die Brauen.

»Wie lautetet dein Name, alter Mann?«

Zedd starrte zurück, seine Hoffnungen waren dahin. »Zeddicus Zu’l Zorander.« Er reckte das Kinn empor. »Ich war es, der deinen Vater getötet hat.«

Darken Rahl nickte. »Weißt du auch, daß dein Zaubererfeuer mich versengt hat? Weißt du, daß es mich beinahe getötet hätte, als ich noch ein kleines Kind war? Und daß ich monatelange Qualen erlitten habe? Und daß ich bis zum heutigen Tag die Narben deiner Untaten trage, sowohl körperlich als auch seelisch?«

»Es tut mir leid, daß ich einem Kind weh getan habe, unabhängig davon, wer dieses Kind war. In diesem Fall möchte ich es jedoch vorzeitige Bestrafung nennen.«

Rahls Gesicht blieb freundlich, der Hauch eines Lächelns umspielte noch immer seine Lippen. »Wir werden sehr viel Zeit miteinander verbringen, du und ich. Ich werde dir beibringen, welche Qualen ich durchlitten habe, und mehr. Danach wirst du wissen, wie es gewesen ist.«

Zedd sah ihn bitter an. »Nichts könnte den Qualen gleichen, die du mir schon jetzt bereitet hast.«

Darken Rahl befeuchtete seine Finger und drehte sich um. »Wir werden sehen.«

Zedd mußte in verzweifelter Ohnmacht mit ansehen, wie Rahl sich wieder vor Richard aufbaute. »Richard!« schrie Zedd. »Hilf ihm nicht! Kahlan würde lieber sterben, als daß du ihm hilfst!«

Richard warf dem Zauberer einen leeren Blick zu, bevor er zu Darken Rahl aufschaute. »Ich tue alles, wenn Ihr ihr nichts tut.«

Darken Rahl gab ihm ein Zeichen, sich zu erheben. »Du hast mein Wort, mein Sohn. Wenn du tust, was ich verlange.« Richard nickte. »Sprich den Text des Buches der Gezählten Schatten.«

Zedd geriet vor Schreck ins Wanken. Richard drehte sich zu Kahlan um.

»Was soll ich tun, Herrin?«

Kahlan versuchte, sich aus Michaels Griff, von dem Messer an ihrer Kehle, zu befreien, schrie gedämpfte Laute in den Knebel.

Rahls Stimme war ruhig, gelassen. »Sprich den Text des Buches der Gezählten Schatten, Richard, oder ich werde Michael Anweisung geben, mit dem Abschneiden ihrer Finger zu beginnen, einen nach dem anderen. Je länger du schweigst…«

Richards Blick ging zu Rahl zurück. Der Sucher hatte Panik in den Augen.

»Die Überprüfung der Richtigkeit der Worte des Buches der Gezählten Schatten, so sie gesprochen werden von einem anderen als jenem, der über die Kästchen gebietet, kann nur gewährleistet werden durch den Einsatz eines Konfessors…«

Zedd sank zu Boden. Er konnte nicht glauben, was er dort hörte. Er hörte, wie Richard das Buch vortrug, und wußte, daß es stimmte, er erkannte die für Bücher der Magie einzigartige Wortstellung. Richard konnte sich das unmöglich ausgedacht haben. Es handelte sich tatsächlich um das Buch der Gezählten Schatten. Zedd fehlte die Kraft, sich zu fragen, woher Richard es kannte.

Die Welt, wie sie sie kannten, ging ihrem Ende entgegen. Dies war der erste Tag der Herrschaft von Rahl. Alles war verloren. Darken Rahl hatte gesiegt. Die Welt gehörte ihm.

Zedd saß wie benommen da und hörte zu. Einige der Wörter waren selbst Magie, und niemand außer einem, der die Gabe besaß, hätte sie sich merken können — auf gewisse magische Schlüsselwörter hin würden sie per Zauberkraft gelöscht. Als Schutz vor unvorhersehbaren Ereignissen. Als Schutz dagegen, daß sich einfach irgend jemand die Magie aus diesem Buche aneignete. Richards Vortrag bewies, daß er dazu geboren war. Aus der Magie und für sie. Sosehr er sie auch haßte, er war selbst Teil der Magie, genau wie es in den Prophezeiungen geheißen hatte.

Zedd bedauerte die Dinge, die er getan hatte. Er bedauerte, versucht zu haben, Richard vor denjenigen zu schützen, die ihn vielleicht hätten mißbrauchen wollen, vorausgesetzt, sie hätten geahnt, was er darstellte. Wer mit der Gabe geboren wurde, war in jungen Jahren immer verwundbar. Darken Rahl war dafür das beste Beispiel. Zedd hatte sich voller Absicht entschieden, Richard nicht auszubilden, um ihn zu schützen. Zedd hatte immer gehofft und befürchtet, Richard könnte die Gabe besitzen, hatte aber darauf vertraut, er wäre erwachsen, bevor sie sich offenbarte. Dann hätte Zedd ihm alles zeigen können, wenn er stark und alt genug dafür gewesen wäre. Ohne daß die Gefahr bestand, daß es ihn umbrachte. Vergebens. Es war nichts Gutes dabei herausgekommen. Vermutlich hatte Zedd immer geahnt, daß Richard die Gabe besaß und etwas Besonderes war. Das wußte jeder, der ihn kannte. Außergewöhnlich. Das Mal der Magie.

Zedd weinte vor Glück, daß ihm wenigstens diese Zeit mit Richard beschieden gewesen war. Die vielen schönen Jahre. Die besten in seinem Leben. Die Jahre ohne Magie. Jemand hatte ihn ohne Furcht geliebt, nur um seiner selbst willen. Als Freund.

Richard trug das Buch ohne Zögern oder das geringste Stocken vor. Zedd staunte, wie perfekt er es beherrschte, und erwischte sich dabei, daß er stolz darauf war, auch wenn es ihm anders lieber gewesen wäre. Große Teile des Vertrages befaßten sich mit Dingen, die bereits abgeschlossen waren, wie dem Entfernen der Schutzhüllen der Kästchen. Darken Rahl unterbrach ihn trotzdem nicht, trieb ihn, aus Angst, er könnte etwas verpassen, an diesen Stellen auch nicht zu größerer Eile. Er ließ Richard den Text so vortragen, wie er wollte, stand nur stumm da und hörte aufmerksam zu. Gelegentlich ließ Rahl ihn eine Passage wiederholen, um sicherzugehen, daß er sie richtig verstanden hatte. Dann stand er wieder in Gedanken versunken da, während Richard ihm über Sonnenwinkel, Wolken und Winde berichtete.

Der Nachmittag zog sich dahin. Richard trug vor, Rahl stand vor ihm und lauschte, Michael hatte Kahlan das Messer an die Kehle gesetzt, während zwei Wachen ihre Arme hielten, Chase stand da wie erstarrt, seine Hand auf halbem Weg zum Schwert eingefroren, und Zedd hockte dem Untergang geweiht auf dem Boden, eingesperrt in sein unsichtbares Verlies. Die Prozedur des Öffnens der Kästchen würde offenbar länger dauern, als er gedacht hatte. Sie würde die ganze Nacht in Anspruch nehmen. Zaubersprüche mußten gezeichnet werden. Aus diesem Grund benötigte Rahl auch solche Mengen Zauberersand. Die Kästchen mußten in einer ganz bestimmten Stellung ausgerichtet werden, damit die erste Sonne des Winters sie berührte und so ihre Position bestimmte, sobald sie einen Schatten warfen.