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Elsie wollte mich zurückhalten. Sie schrie mich an und zerrte mich zum Bett. Sie sagte, ich solle mit ihr schlafen. Ich lehnte ab und sagte, sie solle allein zu Bett gehen. Sie fing an zu schluchzen. Ich konnte es noch vorn am Tor hören.

Ich brachte Bessie und ihre Mutter vom Bahnhof nach Hause und kam dann ungefähr um halb zwölf wieder auf den Hof. In der Hütte war Licht. Es fiel durch die Fenster nach draußen. Als ich die Tür aufmachte, sah ich Elsie vom Balken herabhängen. An einem Stück Wäscheleine. Ich konnte es nicht glauben. Ich durchschnitt die Schnur und legte Elsie aufs Bett. Sie war tot. Sie hatte ihr Kleid ausgezogen, und ihre Haare waren offen. Ich machte das Licht aus und legte mich auf den Tisch, wo ich ungefähr eine Stunde liegen blieb.

Zuerst wollte ich Dr. Turle holen und jemanden herausklopfen, der die Polizei benachrichtigen könnte. Dann ging mir auf, in was für einer Lage ich mich befand. So viele Leute wussten, dass ich Elsie nicht heiraten wollte. Wer würde mir glauben, dass ich sie nicht getötet hatte? Mir fiel keine andere Lösung ein, als sie zu vergraben und so zu tun, als hätte ich sie nie gesehen.

Ich holte meine Bügelsäge und sägte im Schein des Feuers ihre Beine und ihren Kopf ab. Ich habe das getan, weil ich dachte, kleinere Teile wären leichter zu vergraben. Den Kopf habe ich in eine Keksdose gelegt, den Rest in Zeitungspapier eingewickelt. In dem Auslauf, der dem Tor am nächsten ist, habe ich Gruben ausgehoben und Elsie hineingelegt.

Dann verbrannte ich ihre Kleider und putzte die Hütte. Ich hatte vorher einfach Angst, die Wahrheit zu sagen. Elsie hatte immer damit gedroht, dass sie sich umbringen würde, wenn ich sie enttäusche. Aber ich hätte nie geglaubt, dass sie es wirklich tun würde.

Unterzeichnet:

Norman Thorne

KAPITEL 12

Polizeidienststelle Crowborough — 16. Januar 1925

Chief Inspector Gillan faltete die Hände auf dem Tisch. »Was ist aus der Wäscheleine geworden?«

»Die habe ich zusammen mit ihren Kleidern verbrannt. «

»Warum? Und warum haben Sie ihren Schmuck aufgehoben?«

Norman rieb sich die Augen. »Ich habe alle ihre Sachen aufs Bett gelegt, als ich sie zerstückelt habe… und dann habe ich den Kram vergessen. Sie war ganz nackt — sie hatte überhaupt nichts an.« Er holte Atem. »Ich fand die Sachen wieder, als ich anfing, sauber zu machen — aber da war ich zu müde, um noch mehr Löcher zu graben. Es war einfacher, die Kleider ins Feuer zu werfen und ihren Schmuck im Geräteschuppen zu verstecken.«

»Sie haben die Reisetasche vergraben.«

»Ich wollte das Babykleid nicht verbrennen. Das habe ich nicht fertiggebracht.«

Gillan bot ihm eine Zigarette an. »Die Obduktion hat gezeigt, dass sie nicht schwanger war. In dieser Hinsicht zumindest haben Sie die Wahrheit gesagt.«

»Ich weiß.«

»Aber sonst erzählen Sie uns nur Lügen, Norman. Sie hat sich nicht erhängt. An ihrem Hals waren keine Einschnitte oder Druckstellen von der Leine. Und nichts weist darauf hin, dass von Ihren Balken jemals ein menschlicher Körper herabhing. Sie sind aus weichem Kiefernholz. Die Leine hätte im Holz eine Kerbe zurücklassen müssen.«

»Ich kann Ihnen nur sagen, was ich vorgefunden habe.«

»Dann erklären Sie mir, wie die Uhr und die Brille beschädigt wurden.«

»Vielleicht hat sie sie selbst kaputtgemacht. Sie war sehr aufgebracht.«

»Nicht gerade überzeugend.«

»Vielleicht habe ich sie kaputtgemacht, als ich mich auf den Tisch legte. Vielleicht ist sie darauf getreten, nachdem sie sie abgenommen hatte.« Norman senkte den Kopf in seine Hände. »Sie war blind wie ein Maulwurf — aber sie fand, sie sähe ohne Brille besser aus.«

»Und war das so?«

»Nein.«

Gillan fuhr mit dem Finger ein Blatt Papier hinunter, das vor ihm lag. »Der Leichnam war in gutem Zustand, weil es kalt war, und Sie ihn in derselben Nacht begraben haben. Bei der Obduktion wurden Blutergüsse in Elsies Gesicht festgestellt. Haben Sie sie geschlagen?«

»Natürlich nicht. Ich habe Elsie nie geschlagen.«

»Sie hatten Streit mit ihr.«

»Aber ich habe sie nicht geschlagen, Mr. Gillan. Sonst hätte ich Ihnen doch gar nicht erst von dem Streit erzählt. Sie ist zusammengefallen wie ein Kartoffelsack, als ich die Leine durchgeschnitten habe. Ich stand auf einem Stuhl und konnte ihr Gewicht nicht halten. Ich glaube, sie ist mit dem Kopf gegen die Kommode geschlagen. Hätte das Blutergüsse verursacht?«

»Das weiß ich nicht. Ich bin kein Fachmann.« Der Kriminalbeamte von Scotland Yard hielt mit dem Finger eine Zeile des Berichts fest. »Hier heißt es, dass sie zwei Stunden vor ihrem Tod eine leichte Mahlzeit zu sich genommen hatte.«

Norman beugte sich eifrig vor. »Das beweist doch, dass ich sie nicht getötet habe. Sie hat noch gelebt, als ich um halb zehn gegangen bin.«

»Dafür haben wir nur Ihr Wort.«

»Aber wir haben erst nach halb neun gegessen. Zuerst war ich bei den Coshams, und dann hatten wir den Krach wegen Bessie. Erst danach habe ich zu kochen angefangen.«

»Für das alles gibt es allerdings keine Zeugen, Norman. Die Coshams waren nicht zu Hause, und Sie und Elsie waren allein.«

»Woher sollte ich wissen, dass die Coshams nicht da waren, wenn ich nicht dort gewesen wäre?«

Gillan zuckte mit den Schultern. »Sie haben Ihre Aussage erst einen Monat später gemacht, jeder hätte es Ihnen erzählen können.«

Norman wischte sich die Hände nervös an seiner Hose. »Aber wenn sie sich nicht erhängt hat — und ich sie nicht geschlagen habe -, wie soll ich sie denn dann umgebracht haben?«

Gillan ließ sich Zeit mit der Antwort. Das war genau der Punkt, der ihm zu schaffen machte. »Der Obduktion zufolge ist sie an Schock gestorben.«

»Was heißt das?«

»Ihr Nervensystem hat versagt. Ihr Herz ist stehen geblieben, und sie erlitt einen Kollaps.«

Norman starrte ihn an. »Heißt das, dass ihre Nerven sie umgebracht haben? Wie soll das denn passiert sein? Sie haben sie immer geplagt — aber lebensgefährlich war das bisher nie.«

»Es hängt davon ab, was Sie ihr angetan haben. In diesem Bericht wird die Vermutung aufgestellt, dass Sie sie mehrmals mit der Faust ins Gesicht geschlagen und dann dem Tod überlassen haben. Wenn Sie das nicht getan hätten — wenn Sie bei ihr geblieben wären und versucht hätten, ihr irgendwie zu helfen -, würde ich Sie nicht des Mordes beschuldigen.«

»Aber ich habe nichts getan, Mr. Gillan. Das müssen Sie mir glauben. Es war genau so, wie ich es in meiner Aussage geschildert habe.«

Gillan schob seinen Stuhl zurück. »Dann hätten Sie sie nicht enthaupten sollen. Es ist leichter, Druckmale oder Einschnitte zu erkennen, wenn der Hals unversehrt ist.« Er stand auf. »Sie haben diese arme Frau mit weniger Achtung behandelt als ein totes Huhn. Und so was mögen Polizeibeamte nicht, Norman.«

KAPITEL 13

Staatliches Gefängnis, Lewes — 3. März 192.5

Als drei Monate später der Beginn des Prozesses gegen Norman immer näher rückte, begannen seine Verteidiger, sich wegen seines Gemütszustands zu sorgen. Er setzte sein Vertrauen in Gott und schien sich überhaupt nicht bewusst, dass alle Beweise gegen ihn sprachen. Sir Bernard Spilsbury, Englands angesehenster Pathologe, hatte die Obduktion durchgeführt. Und Spilsbury hatte mit aller Entschiedenheit auf Mord befunden.

Der leitende medizinische Gutachter der Verteidigung war Dr. Robert Brontё. Er hatte eine zweite Obduktion vorgenommen und war bereit, auszusagen, dass er an Elsie Camerons Hals von der Leine hinterlassene Male festgestellt hatte. Er wollte ferner vorbringen, dass „Tod durch Schock” nicht zu einer Verurteilung wegen Mordes führen dürfe. Es gebe keinerlei Beweise dafür, dass Elsies Tod beabsichtigt gewesen sei. Noch dass ein Kollaps vorhersehbar gewesen sei.