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»Allein deine Flucht erscheint mir schon Beweis genug zu sein«, mischte sich der Trierarch ein.

»Ich war in Sorge, es könnte zu Kämpfen in Tyros kommen. Ich gestehe auch, daß ich mit Archelaos einen Gast beherbergt habe, den der Proconsul sicherlich nicht gerne in Syria gesehen hat.«

»Glaubst du, Marcus Antonius braucht einen Grund, um dich foltern und hinrichten zu lassen? Weißt du, wie lange es dauern kann, bis man stirbt, wenn man in die Hände eines kundigen Folterknechtes gerät, Iubal? Du machst mir nicht den Eindruck, als könntest du Schmerzen gut ertragen. Der Praefectus equitum sucht nach Männern, denen er die Schuld für den Aufstand geben kann. Ich denke, du kommst ihm da gerade recht, um ein Exempel zu statuieren.«

»Das wird er nicht tun! Ich habe ihn sogar gewarnt. Er wird sich daran erinnern!«

Samu tauschte einen Blick mit dem Trierarchen. »Sagt man nicht, daß Antonius manchmal ein wenig aufbrausend ist, Sosius?«

Der Seemann grinste. »O ja, er hat ein schreckliches Temperament, wenn er in Wut gerät, und ich habe gehört, daß er sehr wütend ist über das, was in der Stadt vorgefallen ist!«

»Ich habe mächtige Freunde in Rom«, stammelte Iubal. »Er kann mir nichts antun ...«

»Sagt man nicht, daß Antonius sogar die Aufmerksamkeit des großen Pompeius erregt hat?« Sosius nickte, und Samu fuhr weiter fort. »Welche Freunde könntest du wohl in Rom haben, die es wagen, sich gegen einen Schützling des Pompeius zu wenden? Vergessen wir das! Was glaubst du, Sosius, welche Todesart wird Antonius dem Schurken bestimmen?«

Der Römer fuhr sich über sein Kinn und zog die Stirn in Falten. »Ich denke, er wird ihn ans Kreuz schlagen lassen.«

»Hört auf damit!« Iubal umklammerte die Füße des Trierarchen. »Ich bin sehr reich. Ich kann euch beide mit Gold überhäufen, wenn ihr mich laufen laßt.«

»Sehe ich so aus, als sei ich käuflich, Phönizier?« knurrte der Römer wütend. »Ich hätte nicht übel Lust, dich über Bord werfen zu lassen, du Ratte!«

»Vielleicht gibt es einen Weg, dein Leben zu retten, Iubal. Wenn du hier und jetzt ein Geständnis ablegst, dann werde ich Antonius bitten, dich nicht hinrichten zu lassen.«

Der Phönizier leckte sich über die Lippen. Einen Augenblick lang schien er zu zögern, doch dann nickte er. »Ich weiß nicht, wer den Plan gefaßt hat, Ptolemaios vergiften zu lassen. Wahrscheinlich war es Archelaos, vielleicht ist er aber auch von Crassus dazu angestiftet worden. Ich stehe seit Jahren in Geschäftsverbindungen mit dem Senator.«

Samu sah aus den Augenwinkeln, wie Sosius zusammenzuckte, als der Name des amtierenden Consuls fiel. Crassus war der reichste und vielleicht auch der mächtigste Mann Roms.

»Crassus kauft alle meine Vorräte an Purpur auf. Manchmal tätige ich andere Geschäfte für ihn. So habe ich in seinem Namen Archelaos mit Gold unterstützt und ihn bei mir aufgenommen. Der Priesterfürst wollte Berenike den Tod des Ptolemaios zum Hochzeitsgeschenk machen. Er hatte die Idee, dem Pharao das vergiftete Kohl zu schicken. Ich habe nur die Geschenke eingekauft und dafür gesorgt, daß die Fracht nach Ephesos gebracht wird. Der Kopf der Verschwörung war Archelaos!«

»Und warum hast du Antonius vor der Verschwörung gewarnt, wenn du zum Lager des Crassus gehörst? Immerhin hättest du damit einem Feldherren seines Rivalen Pompeius das Leben retten können.«

»Man sagt, daß Berenike hinter diesem Aufstand steckte. Ich weiß nicht, ob das stimmt, doch auf diese Weise wäre dem Proconsul Gabinius ein Anlaß geliefert worden, Ägypten anzugreifen und Ptolemaios auf seinen Thron zurückzubringen. Das sollte auf jeden Fall verhindert werden! Crassus wird der nächste Proconsul in Syria sein, und er wünscht nicht, daß, bevor er dieses Amt antritt, die ägyptische Frage gelöst wird. Das ist alles, was ich weiß, Priesterin.«

»Ich werde versuchen, ein Wort für dich einzulegen, Iubal.«

Samu wandte sich angewidert von dem Kaufmann ab und ging zum Bug der Galeere. Sie wollte allein sein und über das nachdenken, was Iubal ihr erzählt hatte.

Die Trireme hatte inzwischen wieder Kurs auf Tyros genommen. Dunkel erhoben sich die Mauern der Hafenstadt über das graue Meer. Es regnete noch immer.

Sie dachte an die prächtigen Thermen, die zum Palast von Alexandria gehörten. Was würde sie dafür geben, wenn sie jetzt im warmen Wasser liegen könnte, um sich anschließend von einer Sklavin massieren zu lassen. Sie hatte den Auftrag des Pharaos erfüllt. Der Giftmörder war entlarvt. Trotzdem war es kein Erfolg. Archelaos war ihr entkommen, und Crassus war unangreifbar. Es war nur eine Frage von Zeit, bis die beiden den nächsten Mordanschlag oder eine heimtückischere Intrige ausbrüten würden. Ob Berenike in diese Pläne eingeweiht gewesen war? Und warum hatte sie einen Aufstand in Tyros entfesseln wollen? Glaubte sie wirklich, die Römer mit Waffengewalt bezwingen zu können?

Ein leises Räuspern schreckte Samu aus ihren Gedanken auf.

Hinter ihr stand Gaius Sosius. »Ich möchte dich bitten, mich nicht als Zeugen für das Gespräch zu nennen, das du mit Iubal geführt hast.« Der Trierarch blickte an ihr vorbei auf das Meer. »Ich möchte nicht, daß Crassus mich zu seinen Feinden zählt. Du mußt das verstehen. Ich werde eines Tages nach Rom zurückkehren, und ... im Zweifelsfall würde ich leugnen, jemals von einem Iubal gehört zu haben.«

»Gut, ich habe verstanden, Sosius. Ich hoffe, du kannst mit deiner Entscheidung leben.« Der Römer zog eine Grimasse.

Einen Moment lang sah es so aus, als wolle er ihr etwas entgegnen, doch dann ging er wortlos davon.

Samu blickte wieder auf das Meer. Obwohl die Mittagsstunde kaum vergangen war, war es so dunkel wie zur Abenddämmerung. Das Leuchtfeuer bei der Hafeneinfahrt war der einzige Lichtpunkt am grauen Horizont. Die Kälte des Regens war ihr in den letzten Stunden bis tief in die Knochen gedrungen, und sie fühlte sich unendlich einsam.

Als die Trireme vor Anker ging und Samu das Schiff verließ, erwartete sie ein junger Priester. Kaum daß sie auf dem Kai stand, trat er auf sie zu.

»Seid Ihr die parthische Reiterin, die im Gefolge des Marcus Antonius in die Stadt gekommen ist?«

Samu blickte dem Mann ins Gesicht. Sie kannte ihn nicht. Sein Kopf war kahlgeschoren wie bei allen Priestern in dieser Stadt.

Die schwarze Schminke, mit der er seine Augenlider nachgezogen hatte, war durch den Regen verlaufen, so daß es aussah, als würde er schwarze Tränen weinen. Samu dachte an Buphagos und Thais. Sie waren mit schwarzen Tränen auf ihren Wangen gestorben, und ihr Tod würde ungesühnt bleiben.

Statt dem Priester zu antworten, nickte Samu nur kurz. Sie wollte allein sein ... Sich irgendwo in eine Decke hüllen und zu Isis beten, bis sie die Welt um sich herum vergaß.

»Chelbes, der Hohepriester des Eshmun, bittet Euch, ihn im Tempel zu besuchen.«

»Ich werde morgen kommen.« Samu wollte schon weitergehen, als der junge Mann sie an ihrem Umhang festhielt.

»Bitte, Herrin, es ist dringend. Ihr sollt sofort kommen. Es geht um einen Mann, der im Sterben liegt. Er will Euch noch einmal sehen.«

Samu mußte an Philippos denken. Sollte auch er ... Doch dann schüttelte sie den Kopf. Sie konnte sich einfach nicht vorstellen, daß ihm etwas geschehen war. Der Arzt hatte zwar ein außergewöhnliches Talent, sich in Schwierigkeiten zu bringen, doch sein Talent, ungeschoren aus Situationen wieder herauszukommen, die andere den Kopf gekostet hätten, war mindestens genauso groß.

Doch wenn er es nicht war, wer mochte sie dann an sein Totenlager gebeten haben?