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Er nahm einen Schluck Kaffee. »Weil wir gerade von Wasser sprechen – ich möchte ein kaltes Bad nehmen und mich umziehen. Eigentlich hatte ich das schon heute morgen vor, aber dann kam immer etwas dazwischen.«

Sie nickte. »Ausgezeichnet. Und ich werde etwas essen, während Sie oben im Bad sind.«

»Einverstanden. Aber Sie müssen ab und zu aus den Fenstern sehen und mich rufen, wenn Ihnen etwas auffällt. Ich nehme meinen Bademantel mit, damit ich sofort kommen kann. Und das erinnert mich daran, daß ...«

Er wollte aufstehen, aber Miß Talley befahl ihm in bester Lehrerinnenmanier, daß er sitzenzubleiben habe, während sie nacheinander durch alle Fenster hinaussah. Sie berichtete, daß ihr keine Veränderungen aufgefallen seien. Nur die Bussarde waren wieder über den toten Hirsch hergefallen. Der Stier schien ihnen noch zu frisch zu sein, denn keiner der Vögel war in seiner Nähe zu sehen.

Doc nickte. »Ich glaube nicht, daß wirklich etwas passieren wird. Der Feind wartet geduldig – solange wir keinen Ausbruchsversuch unternehmen. Er hat bisher noch nicht in das Haus einzudringen versucht, obwohl das einfach genug gewesen wäre. Jedes größere Tier könnte eine der beiden Türen aufbrechen, wenn ich es nicht vorher erschieße.«

»Oder ein Mensch. Seltsam, daß er diese Gelegenheit noch nicht genützt hat.«

»Dazu hat er keinen Grund, da er mich offenbar nicht umbringen will, wenn ich nicht zu fliehen versuche. Eigentlich wäre mir ein Mensch sogar lieber, denn den könnte man leichter bewegungsunfähig machen.«

»Doktor, als ich in den Hof fuhr ... woher wußten Sie da ... daß ich nicht ... der Feind war? Sie hätten mich ohne weiteres ins Bein schießen können.«

Er lachte. »Daran habe ich nie gedacht. Jedenfalls wirkte der Stier, der hinter Ihnen auftauchte, überzeugend genug. Außerdem wußte ich, daß der Feind nicht zwei Wirte zu gleicher Zeit kontrollieren kann.« Er stand auf und unterdrückte ein Gähnen. »Ich gehe jetzt baden, Miß Talley. Keine Angst, ich schlafe nicht ein.«

Er ging nach oben und kam eine halbe Stunde später einigermaßen erfrischt zurück. Sie setzten sich ins Wohnzimmer und unterhielten sich. Doc bestand darauf, ab und zu selbst aus den Fenstern zu sehen, anstatt Miß Talley diese Aufgabe zu überlassen. Er erklärte ihr, daß sonst die Gefahr bestand, daß er während ihrer Abwesenheit am Tisch einschlief.

Später nahm er noch ein kaltes Bad; er hatte das Wasser in der Wanne gelassen, nachdem ihm eingefallen war, daß fünfhundert Liter nicht für sehr viele Vollbäder ausreichten.

Das zweite Bad half kaum noch; er wäre fast in der Badewanne eingeschlafen und erkannte klar, daß er die Grenze seiner körperlichen Leistungsfähigkeit erreicht hatte.

Als er wieder nach unten kam, sprach er mit Miß Talley darüber und bat sie, eine Schüssel voll Wasser und ein Glas zu holen. Dann sollte sie sich ihm gegenübersetzen und ihm ein Glas Wasser ins Gesicht schütten, wenn er die Augen schloß. Sie holte das Wasser und brachte ein Handtuch mit, damit er sich notfalls wieder abtrocknen konnte.

Innerhalb der nächsten Stunde mußte sie von dem Wasser Gebrauch machen. Beide Male hatte er mitten im Satz zu sprechen aufgehört und den Kopf sinken lassen. Unterdessen war es sechs Uhr; in einer Stunde würde die Dunkelheit hereinbrechen. Doc bezweifelte, daß er noch so lange wach bleiben konnte – aber bestimmt nicht länger.

Nachdem er sich das Gesicht abgetrocknet hatte, stand er schwankend auf. »Miß Talley«, sagte er, »so geht es nicht mehr; selbst auf Reißnägeln würde ich früher oder später einschlafen. Wir müssen uns zwischen zwei Möglichkeiten entscheiden. Beide sind auch für Sie gefährlich, deshalb sollen Sie entscheiden.

Nummer eins – ich breche jetzt auf, solange es noch hell genug ist, um die nächste Farm zu erreichen, auf der es ein Telefon gibt. Ich nehme die Schrotflinte mit und lasse Ihnen die Pistole hier. Vielleicht schaffe ich es; vielleicht überschätzen wir die Gefahr. Dann sorge ich für Ihre Rettung – einige Wagen mit Staatspolizisten sollten ausreichen ... Und wenn ich es nicht schaffe, müssen Sie ...«

»Nein«, unterbrach ihn Miß Talley energisch. »Wenn Sie gehen, gehe ich mit. Wir können auch mit dem Wagen fahren. Warum wollen Sie zu Fuß gehen?«

»Weil dabei keine Gefahr besteht, daß ich einschlafe. Außerdem kann ich so den Luftraum beobachten. Wie gesagt – ein schwerer Vogel würde vermutlich glatt das Dach Ihres Wagens durchschlagen. Aber die zweite Möglichkeit besteht nicht darin, daß Sie mich begleiten, denn das wäre keine echte Alternative, sondern daraus, daß ich hier in diesem Raum auf dem Sofa schlafe – nachdem Sie mich gefesselt haben. In der Küche liegt eine fünfzehn Meter lange Wäscheleine, die für diesen Zweck genügen müßte.

Erstens kann sich unsere Schlußfolgerung über die Gefahren des Einschlafens als falsch herausstellen; vielleicht haben wir uns beide geirrt. Und zweitens wäre der Feind völlig hilflos, wenn er von mir Besitz ergreift, da ich gefesselt bin, so daß ich nicht Selbstmord begehen kann. Dann könnten Sie nach Bartlesville fahren und Hilfe holen, ohne dabei gefährdet zu sein.«

»Aber – wie sollte denn diese Hilfe aussehen, wenn Sie ...«

»Das müssen wir uns später überlegen. Aber Sie brauchen sich nicht zu beeilen, nachdem Sie die Statt erreicht haben. Setzen sie sich mit dem FBI in Verbindung und versuchen Sie mit Roger Price oder Bill Kellermann zu sprechen. Beide sind mit mir befreundet und werten Ihnen am ehesten Glauben schenken. Können Sie die Namen behalten, oder soll ich Sie Ihnen aufschreiben?«

»Roger Price oder Bill Kellermann; ich werte sie nicht vergessen. Aber wie weiß ich, daß ich ohne weiteres nach Bartlesville fahren kann? Wenn Sie wieder aufwachen und sich unbedingt selbst befreien wollen – oder so ähnlich?«

»Richtig. Und wenn nicht, dann müssen Sie sich auf andere Weise Gewißheit verschaffen. Nehmen Sie die Schrotflinte mit und gehen Sie vor die Tür – und warten Sie darauf, ob Sie angegriffen werden. Nein, das brauchen Sie doch nicht zu riskieren. Warten Sie einfach hier, bis der Sheriff morgen auftaucht. Das ist sicherer; ich hätte gleich daran denken sollen. Ich bin so müde, daß ich keinen klaren Gedanken mehr fassen kann.«

»Einverstanden«, sagte Miß Talley. »Das ist bestimmt die beste Lösung.«

»Dann hole ich die Wäscheleine.«

Miß Talley ging mit ihm in die Küche und nahm ein Messer aus der Schublade, um die Leine zerschneiden zu können.

Doc legte die Pistole und die Munition für die Schrotflinte auf das Kaminsims. Dann lehnte er die doppelläufige Flinte in die Ecke neben der Tür. »Bewahren Sie das alles außerhalb meiner Reichweite auf«, ermahnte er Miß Talley. »Das Messer ebenfalls, nachdem Sie die Leine zerschnitten haben. Fesseln Sie zuerst meine Hände hinter meinem Rücken, bevor ich mich niederlege, damit Sie die Füße zusammenbinden können.« Er drehte sich um und hielt ihr die Hände hin, damit sie mit der Arbeit beginnen konnte.

»Hören Sie, Miß Talley«, fügte er noch hinzu, »riskieren Sie nichts, wenn ich etwa verrückt spielen sollte und mich befreien will. Versetzen Sie mir einen kräftigen Schlag auf den Kopf, damit ich das Bewußtsein verliere. Aber nicht so fest, daß Sie mich dabei umbringen – sonst könnte es Ihnen passieren, daß der Feind von Ihnen Besitz ergreift, wenn Sie nicht wachbleiben können, bis der Sheriff kommt.«

Miß Talley verknotete die Wäscheleine. »Wissen Sie ganz bestimmt, daß dies weniger gefährlich ist, als wenn wir gemeinsam die Stadt zu erreichen versuchen?«

»Beschwören kann ich es selbstverständlich nicht, aber ich vermute es. Bestimmt ist es sicherer für Sie – und wahrscheinlich nicht gefährlicher für mich.«

»Wenn Sie meinen ... Ist der Knoten so fest genug?«

»Ausgezeichnet. Sie haben ihn an die Stelle gemacht, wo ich ihn unmöglich mit den Fingern erreichen kann. Schön, dann lege ich mich also jetzt hin. Hoffentlich bleibe ich so lange wach, bis Sie meine Beine gefesselt haben.«