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Um von einem Menschen Besitz ergreifen zu können, mußte der Parasit sich also zunächst von einem Tier an eine Stelle bringen lassen, wo er schlafende Menschen antreffen würde. Dieser Transport war mit beträchtlichen Risiken verbunden, die er aber auf sich nehmen mußte. Bisher hatte er zwar noch keine Tiere in seiner unmittelbaren Umgebung beobachten können, wußte aber von Tommy, daß es hier verschiedene Arten geben mußte. Ein Hirsch konnte ihn ohne weiteres von einer Stelle zur anderen tragen; ein Bär ebenfalls. Vielleicht würde er sich auch durch die Luft tragen lassen. Ein Hühnerhabicht wäre für diesen Zweck ideal, denn diese Vögel konnten selbst dann noch fliegen, wenn sie ein Huhn in den Fängen hielten, dessen Gewicht ihr eigenes überstieg. Auch eine Eule war vielleicht geeignet; Tommy wußte, daß sie auf Mäuse niederstießen und mit ihnen fortflogen, hätte aber nicht sagen können, wie schwer sie tragen konnten.

Der Parasit kam schließlich zu der Überzeugung, daß ein Vogel am besten geeignet sei. Ein Hirsch oder ein Bär hatte vielleicht Schwierigkeiten mit hohen Zäunen, und falls irgendwo ein Hund in der Nähe war, würde er bestimmt anschlagen und die Schläfer wecken. Aber kein Hund würde einen Habicht bemerken, der mitten in der Nacht über einer Farm kreiste und etwas auf dem Dach absetzte. Sobald der Habicht wieder fortgeflogen war und sich selbst umgebracht hatte, hatte der Parasit freie Wahl unter den Menschen, die in diesem Haus schliefen. Selbstverständlich würde er dann als erstes veranlassen, daß sein neuer Wirt ihn aus seiner gefährlichen Lage auf dem Dach befreite und in ein sicheres Versteck brachte.

Er hatte keine Eile; diesmal wollte er alle Einzelheiten in Betracht ziehen und keine Fehler mehr machen. Außerdem befand sich vorläufig weder eine Eule noch ein Habicht innerhalb der Reichweite seines Spürsinns. Auch kein Hirsch oder ein Bär. Nur Feldmäuse, Kaninchen und andere kleine Tiere.

Aber er hatte sie untersucht, jedes einzelne. Schließlich konnte man nie wissen, ob sich nicht einmal ein kleines Tier für einen ganz bestimmten Zweck als besser geeignet erweisen würde als ein großes.

Wenn er erst einmal ein Tier gründlich untersucht hatte – selbst untersucht, nicht nur die Vorstellung übernommen, die sein jeweiliger Wirt davon hatte –, dann konnte er von jedem gleichartigen Tier innerhalb von fünfzehn Kilometern Umkreis Besitz ergreifen, das gerade schlief. Hatte er zum Beispiel ein Kaninchen untersucht, dann brauchte er sich nur auf den Begriff Kaninchen zu konzentrieren, um von dem nächsten Besitz ergreifen zu können. Wenn ein Habicht innerhalb der Reichweite seines Spürsinns vorübergeflogen war, konnte er jederzeit einen Habicht als Wirt benutzen, falls er einen fand, der gerade schlief. Irgendwann mußten Habichte, Eulen, Hirsche und Bären an der Höhle vorbeikommen, so daß der Parasit im Lauf der Zeit über eine beträchtliche Anzahl möglicher Wirte verfügen würde.

Alles wäre viel einfacher gewesen, wenn diese Methode auch auf intelligente Lebewesen anwendbar gewesen wäre – in diesem Fall also auf Menschen. Diese Art von Wesen leisteten immer beträchtlichen Widerstand, der in manchen Fällen mehrere Sekunden andauerte. Deshalb mußte der Parasit seine geistigen Kräfte voll einsetzen, was nur möglich war, wenn der betreffende Mensch sich innerhalb der Reichweite seines Spürsinns aufhielt und dabei schlief.

Dies traf auf die Bewohner fast aller Planeten zu, die seine Rasse bisher besucht oder erobert hatte. Aber auch von dieser Regel gab es gewisse Ausnahmen, deshalb hatte er in der vergangenen Nacht einige Versuche angestellt, um sicherzugehen, daß die Erde nicht dazu gehörte.

Zunächst wählte er für diesen Zweck eine Feldmaus, indem er sich auf die Tierart konzentrierte, zu der sein erster Wirt auf der Erde gehört hatte. Ärgerlicherweise brauchte er fast eine Stunde, bis er sie endlich umgebracht hatte, damit sein Geist wieder in seinen eigenen Körper in der Höhle zurückkehrte. Zunächst hatte er sie gegen einen Baumstamm und dann gegen einen Felsbrocken anrennen lassen. Aber das winzige Tier wog so wenig, daß selbst der Aufprall auf einen Stein es nur vorübergehend bewußtlos machte. Die Maus konnte auch nicht gut genug klettern, um sich von einem Baum aus in die Tiefe zu stürzen, wobei sie sich vermutlich das Genick gebrochen hätte. Dann ließ er sie auf einer mondbeschienenen Lichtung umherlaufen, weil er hoffte, daß eine Eule oder ein anderer Raubvogel auf die Bewegung aufmerksam würde. Auch dieser Versuch brachte kein Ergebnis.

Schließlich tat er das, was er schon zu Anfang hätte tun sollen – er machte sich mit den Gedanken seines Wirts vertraut. Und dabei erfuhr er, daß sich in der Nähe ein seichter Bach befand. Die Feldmaus rannte sofort darauf zu, sprang ins Wasser und ertränkte sich.

Als er wieder in die Höhle zurückgekehrt war, machte er seinen zweiten Versuch. Er wußte, daß südlich von ihm, jenseits des Waldes, einige Menschen schlafen mußten. Und etwa zwölf Kilometer in derselben Richtung lag die Stadt Bartlesville, wo Hunderte von Menschen schliefen. Er benutzte Tommy als Muster und konzentrierte sich auf Menschen, auf schlafende Menschen. Vergebens.

Trotzdem ließ er sich nicht entmutigen. Von manchen intelligenten Lebewesen konnte man auch aus der Ferne Besitz ergreifen, wenn man sich nicht auf die Rasse, sondern auf ein einzelnes Wesen beschränkte, das man zuvor eingehend untersucht hatte. Dies hatte er bei Charlotte getan, deshalb konzentrierte er sich jetzt völlig auf sie. Wieder ohne Erfolg.

Er wußte allerdings nicht, daß Charlotte noch nicht schlief; sie war zwar bereits zu Bett gegangen, weinte aber noch immer in ihr Kissen. Aber das spielte eigentlich keine Rolle, denn der Versuch wäre selbst dann fehlgeschlagen, wenn sie geschlafen hätte. In dieser Beziehung wiesen die Menschen eine deutliche Ähnlichkeit mit den übrigen intelligenten Lebewesen auf verschiedenen Planeten auf – der Parasit konnte nur aus nächster Entfernung von ihnen Besitz ergreifen.

Dann hatte er eine Pause eingelegt; er wollte warten, bis er andere mögliche Wirte außer Kaninchen, Feldmäusen und anderen kleineren Tieren untersuchen konnte. Aber in dieser Nacht schien der Wald wie ausgestorben.

Stunden später hörte er – oder spürte er –, daß irgendwelche Lebewesen auf seine Höhle zukamen. Ein Paar Zweibeiner und ein Vierbeiner, der wesentlich größer als ein Kaninchen sein mußte. Er strengte seinen Spürsinn bis zum äußersten an, so daß die Unbekannten sich bereits kurze Zeit später innerhalb seiner Reichweite befanden. Es handelte sich um das gleiche Trio, das gestern auf der Suche nach Tommy unterwegs gewesen war – Tommys Vater, Charlottes Vater und Buck, der Hund, der an der Leine zerrte und geradewegs auf den Eingang zur Höhle zulief. Sie verfolgten Tommys Spur, um herauszubekommen, wo er gewesen war, bevor sie ihn erstmals gesehen hatten.

Aber warum nur? Der Parasit hatte sich mit dieser Möglichkeit beschäftigt, sie aber als unwahrscheinlich angesehen, weil er nicht annahm, daß sie sich noch dafür interessieren würden, nachdem der Junge erst einmal tot war. Seine eigene Lage konnte kritisch werden, denn seit Tommy hatte er keinen Wirt oder möglichen Wirt mehr, der ihn notfalls in Sicherheit bringen oder verteidigen würde. Jedenfalls keinen, der größer als ein Kaninchen war. Einen Augenblick lang dachte er daran, ein Kaninchen über den Weg laufen zu lassen, um den Hund abzulenken. Aber ebenso rasch stellte er fest, daß dieser Plan erfolglos bleiben würde. Der Hund wurde an der Leine geführt, so daß die beiden Männer ihn jederzeit wieder auf die Spur ansetzen konnten, falls er von ihr abwich, um das Kaninchen zu jagen.