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Susan riss sich von ihren Gedanken los. «Manchmal ist es wirklich schwierig, wenn Leute nur mit Vornamen unterschreiben. Neulich bekam ich eine Postkarte von einer Joan. Ich habe nachgezählt und bin darauf gekommen, dass ich insgesamt acht Joans kenne. Und da man heute so viel telefoniert, kennt man von vielen Bekannten nicht einmal die Handschrift.»

Miss Gilchrist überlegte, welche Johns und Marys zu ihrem Freundeskreis zählten.

«Es könnte Dorothys Tochter sein - die heißt Mary, aber ich hatte nichts von einer Verlobung gehört, ganz zu schweigen von einer Hochzeit. Dann gibt es noch John Banfield - er ist mittlerweile wohl erwachsen und im heiratsfähigen Alter -oder das Mädchen aus Enfield - aber nein, die heißt Margaret. Kein Absender und nichts. Na ja, es wird mir schon noch einfallen ...»

Sie griff nach dem Tablett und trug es in die Küche.

Susan erhob sich ebenfalls. «Und ich sollte wahrscheinlich jetzt das Auto umparken», sagte sie.

ZEHNTES KAPITEL

Susan ging zum Steinbruch, wo sie ihren Wagen abgestellt hatte, und fuhr ihn ins Dorf. Dort gab es zwar eine Tankstelle, aber keine Garage, und deswegen wurde ihr geraten, das Auto beim Kings Arms abzustellen. Sie parkte ihn neben einem großen Jaguar, der gerade wegfahren wollte. Am Steuer saß ein Chauffeur, auf der Rückbank ein älterer ausländisch aussehender Herr mit einem überdimensionalen Schnurrbart, der in einen schweren Mantel gehüllt war.

Der Junge, mit dem Susan wegen des Parkens sprach, starrte sie fasziniert an und schien die Hälfte dessen, was sie sagte, gar nicht zu hören.

Schließlich fragte er ehrfürchtig: «Sie sind ihre Nichte, stimmt’s?»

«Wie bitte?»

«Sie sind die Nichte des Opfers, nicht?», wiederholte der Junge hingerissen.

«Ach so, ja - ja, das bin ich.»

«Ha! Hab ich mir doch gedacht, dass ich Sie schon mal gesehen habe.»

«Schreckensmensch», dachte Susan erbost, als sie zum Cottage zurückging.

«Wie gut, dass Sie heil und ganz wieder da sind», begrüßte Miss Gilchrist sie. Ihre offensichtliche Erleichterung verärgerte Susan noch mehr. Besorgt fügte Miss Gilchrist hinzu: «Sie mögen doch Spaghetti, oder? Ich dachte, heute Abend .»

«Ach, irgendwas. Ich werde nicht viel essen.»

«Auf meine Spaghetti au gratin bin ich nämlich sehr stolz.»

Und zu Recht, wie Susan feststellte. Miss Gilchrist war in der Tat eine exzellente Köchin. Als Susan ihr beim Abspülen zur Hand gehen wollte, zeigte Miss Gilchrist sich zwar erfreut über das Angebot, erklärte aber, es gebe nur sehr wenig zu tun.

Etwas später kam sie mit zwei Tassen Kaffee wieder ins Wohnzimmer. Der Kaffee war weniger exzellent, sondern im Gegenteil sehr schwach. Dazu bot Miss Gilchrist Susan ein Stück vom Hochzeitskuchen an. Susan lehnte dankend ab.

«Der Kuchen schmeckt aber sehr gut», drängte Miss Gilchrist sie, nachdem sie einen Bissen gegessen hatte. Nach längerem Überlegen war sie zu dem Ergebnis gekommen, dass er von «der Tochter der guten Ellen» stammte. «Ich habe gewusst, dass sie bald heiraten würde, aber ich habe ihren Namen vergessen.»

Susan ließ Miss Gilchrist weiterplaudern, bis sie allmählich von selbst verstummte. Als die beiden Frauen dann behaglich am Kamin saßen, schnitt Susan schließlich das Thema an, das sie die ganze Zeit beschäftigt hatte.

«Mein Onkel Richard ist doch vor seinem Tod hier gewesen, nicht?», fragte sie.

«Ja.»

«Wann war das genau?»

«Lassen Sie mich überlegen - das muss ein, zwei - fast drei Wochen vor seinem Tod gewesen sein.»

«Hatten Sie das Gefühl, dass er ... krank war?»

«Nun, ich würde nicht sagen, dass er wirklich krank aussah. Eigentlich hatte ich eher den Eindruck, dass er gut bei Kräften war. Mrs. Lansquenet war sehr überrascht ihn zu sehen. Sie sagte: <Also, Richard, nach all den Jahren!>, und er sagte: <Ich wollte selbst kommen, um zu sehen, wie es dir geht.> Und Mrs. Lansquenet meinte: <Mir geht es sehr gut.> Ich glaube, sie war ein bisschen beleidigt, dass er so plötzlich und völlig unangemeldet auftauchte nach dem jahrelangen Schweigen. Auf jeden Fall meinte Mr. Abernethie: <Es ist doch wirklich an der Zeit, unseren Groll zu begraben. Du, ich und Timothy sind die Letzten - und mit Timothy kann man doch über nichts reden als über seine Gesundheit.> Und dann meinte er noch: <Pierre hat dich offenbar sehr glücklich gemacht. Ich hatte also Unrecht. Reicht dir das?> Das war sehr nett, wie er das sagte. Ein gut aussehender Mann, aber natürlich schon etwas in die Jahre gekommen.»

«Wie lang ist er geblieben?»

«Er war nur zum Mittagessen hier. Rinderrouladen habe ich gemacht. Zum Glück war an dem Tag gerade der Fleischer vorbeigekommen.»

Miss Gilchrists Gedächtnis schien sich fast ausschließlich an kulinarischen Dingen festzumachen.

«Und die beiden haben sich gut verstanden?»

«Aber ja.»

Susan zögerte ein wenig. «War Tante Cora überrascht, als er ... gestorben ist?», fragte sie dann.

«O ja, es ist doch sehr plötzlich gekommen, oder nicht?»

«Ja, es war sehr plötzlich ... Ich meine, sein Tod hat sie also überrascht. Er hatte ihr gegenüber wohl nicht erwähnt, dass er so krank war.»

«Nun ja ...» Miss Gilchrist überlegte eine Weile. «Doch, hinterher sagte sie, dass er sehr alt geworden sei ... ich glaube, sie verwendete das Wort senil.»

«Aber Ihnen kam er nicht senil vor?»

«Äußerlich auf jeden Fall nicht. Aber ich habe kaum mit ihm geredet, ich habe die beiden natürlich allein gelassen.»

Susan betrachtete Miss Gilchrist taxierend. War sie die Art Frau, die an der Tür horchte? Sie war ehrlich, da war Susan sich sicher, sie würde nie stehlen, mit dem Haushaltsgeld schummeln oder Briefe öffnen. Aber Neugier kann sich auch das Mäntelchen der Rechtschaffenheit umhängen. Miss Gilchrist hätte es für nötig befinden können, im Garten in der Nähe eines offenen Fensters zu arbeiten, im Flur Staub zu wischen ... Das wäre im Rahmen des Erlaubten. Und dann hätte sie natürlich unweigerlich das Gespräch mit anhören müssen.

«Sie haben von der Unterhaltung gar nichts mitbekommen?», fragte Susan.

Das war zu direkt. Miss Gilchrist wurde vor Empörung rot.

«In der Tat nicht, Mrs. Banks. Es war noch nie meine Art, an Türen zu lauschen!»

Das heißt, dass sie genau das getan hat, dachte Susan. Sonst hätte sie einfach Nein gesagt.

«Es tut mir Leid, Miss Gilchrist», entschuldigte sie sich, «so habe ich das nicht gemeint. Aber diese Häuser sind doch so schäbig gebaut, da hört man oft unwillentlich alles mit, was im Zimmer nebenan gesprochen wird. Und jetzt, wo beide tot sind, ist der Familie sehr daran gelegen zu wissen, worüber sie sich unterhalten haben.»

Das Cottage war alles andere als schäbig gebaut; es stammte aus einer Zeit, in der noch solide gearbeitet wurde. Aber Miss Gilchrist griff die Ausrede sofort auf.

«Da haben Sie natürlich Recht, Mrs. Banks - das Haus ist wirklich sehr klein, und natürlich kann ich verstehen, dass Sie gerne wissen möchten, was zwischen den beiden geredet wurde. Aber ich fürchte, ich kann Ihnen nicht viel weiterhelfen. Soweit ich weiß, haben sie sich über Mr. Abernethies Gesundheit unterhalten und bestimmte ... nun ja, Vorstellungen, die er hatte. Er sah zwar nicht krank aus, aber er muss doch sehr krank gewesen sein, und wie viele Gebrechliche schob er seine Schwäche auf einen Einfluss von außen. Ich glaube, das ist ganz normal. Meine Tante ...»

Miss Gilchrist begann den Krankheitsverlauf bei ihrer Tante zu erläutern.

Susan lenkte ebenso geschickt wie Mr. Entwhistle von der alten Dame ab.