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«Ja», sagte sie. «Genau das habe ich mir auch gedacht. Die Dienstboten meines Onkels waren ihm alle sehr zugetan, und natürlich sind sie betroffen, dass er dachte ...» Sie brach ab.

«Natürlich! Dienstboten sind sehr empfindlich, wenn es um solche Dinge geht. Ich weiß noch, meine Tante .»

Wieder wurde sie von Susan unterbrochen.

«Es stimmt doch, dass er die Dienstboten in Verdacht hatte, oder nicht? Ich meine, dass sie ihn vergiften wollten.»

«Ich weiß nicht ... ich ... wirklich ...»

Susan deutete ihre Verwirrung richtig.

«Also nicht die Dienstboten. Wen denn dann? War es eine bestimmte Person?»

«Ich weiß es nicht, Mrs. Banks. Ich weiß es wirklich nicht.»

Aber als sie das sagte, wich sie Susans Blick aus. Susan vermutete, dass Miss Gilchrist weitaus mehr wusste, als sie zugeben wollte.

Möglicherweise wusste sie sogar sehr viel ...

Susan beschloss, das Thema für den Augenblick auf sich beruhen zu lassen. «Welche Pläne haben Sie denn für die Zukunft, Miss Gilchrist?», erkundigte sie sich.

«Ach, darüber wollte ich noch mit Ihnen reden, Mrs. Banks. Ich habe Mr. Entwhistle gesagt, dass ich bereit bin, hier wohnen zu bleiben, bis mit dem Haus alles geregelt ist.»

«Ich weiß. Dafür bin ich Ihnen sehr dankbar.»

«Und ich wollte Sie fragen, wie lange das wohl dauern wird, weil ich mich natürlich nach einer neuen Stellung umsehen muss.»

Susan überlegte.

«Allzu viel gibt es hier nicht zu tun. Eigentlich sollte ich in ein paar Tagen alles aufräumen und den Auktionator herbestellen können.»

«Sie haben also beschlossen, alles zu verkaufen?»

«Ja. Und ich vermute, dass es kein Problem sein wird, einen neuen Mieter zu finden?»

«O nein - die Leute werden sich die Klinke in die Hand drücken. Es gibt so wenige Häuser zu mieten. Normalerweise muss man immer kaufen.»

«Dann sollte ja alles sehr schnell gehen.» Susan zögerte, be-vor sie fortfuhr. «Ich wollte sagen . werden Ihnen drei Monatslöhne genügen?»

«Das ist sehr freundlich von Ihnen, Mrs. Banks, wirklich. Ich weiß Ihr Angebot sehr zu schätzen. Und wären Sie vielleicht bereit ... ich meine, dürfte ich Sie bitten ... wenn es nötig wäre mich ... mich zu empfehlen? Zu sagen, dass ich bei einer Verwandten von Ihnen gearbeitet habe und dass ich - dass meine Arbeit zufriedenstellend war?»

«Aber natürlich.»

«Und ... ich weiß nicht, ob ich Sie das fragen soll.» Miss Gilchrists Hände begannen zu zittern, und sie musste sich bemühen, mit fester Stimme zu sprechen. «Aber wäre es vielleicht möglich, dass Sie ... die Umstände nicht erwähnen ... nicht einmal den Namen?»

Susan starrte sie an.

«Ich verstehe Sie nicht.»

«Sie haben eben nicht darüber nachgedacht, Mrs. Banks. Es war ein Mord. Ein Mord, der in allen Zeitungen stand und von dem jeder gelesen hat. Verstehen Sie? Die Leute denken vielleicht: <Zwei Frauen leben zusammen - eine von ihnen wird umgebracht - womöglich war es die Hausdame.> Verstehen Sie, Mrs. Banks? Wenn ich nach jemandem suchen würde, dann würde ich ... nun, ich würde es mir zweimal überlegen, ob ich mich selbst anstellen würde - wenn Sie verstehen, was ich meine. Man kann doch nie wissen! Darüber habe ich mir große Sorgen gemacht, Mrs. Banks. Ich bin nachts oft wach gelegen und habe mir gedacht, dass ich vielleicht keine andere Stelle finde - keine Stelle als Hausdame. Und was soll ich denn sonst tun?»

Die Frage wurde mit unwillentlichem Pathos gestellt. Susan schämte sich ein wenig, denn erst jetzt wurde ihr die Verzweiflung dieser durch und durch redlichen Frau bewusst, deren Existenz von den Launen und Grillen ihrer Arbeitgeber abhing. Außerdem hatte Miss Gilchrist mit ihrer Befürchtung keineswegs Unrecht. Wenn man es vermeiden konnte, würde man keine Hausdame anstellen, die - wenn auch völlig schuldlos -in einen Mordfall verstrickt war.

«Aber wenn sie den Täter finden ...», sagte Susan.

«Dann ist es natürlich kein Problem. Aber werden sie ihn wirklich finden? Ich glaube, die Polizei tappt völlig im Dunkeln. Und wenn sie ihn nicht finden ... dann bin ich - vielleicht nicht gerade die Person, die am meisten in Betracht kommt, aber doch immerhin in Betracht.»

Susan nickte nachdenklich. Es stimmte zwar, dass Miss Gilchrist aus Cora Lansquenets Tod keinen Vorteil zog - aber wer sollte das schon wissen? Außerdem hörte man so viele Geschichten - hässliche Geschichten - über die Ranküne zwischen Frauen, die zusammen lebten - Ranküne, die in einem plötzlichen Gewaltausbruch mündete. Jemand, der die beiden nicht gekannt hatte, könnte glauben, dass es bei Cora Lansquenet und Miss Gilchrist ähnlich gewesen war ...

Susan sprach mit ihrer üblichen Entschlossenheit.

«Machen Sie sich keine Sorgen, Miss Gilchrist», sagte sie aufmunternd. «Ich werde Ihnen eine Stelle in meinem Bekanntenkreis finden. Das wird kein Problem sein.»

«Ich fürchte, dass ich keine wirklich grobe Arbeit machen kann.» Miss Gilchrist hatte sich rasch wieder gefasst. «Nur ein bisschen kochen und leichte Hausarbeit ...»

Das Telefon klingelte. Miss Gilchrist fuhr zusammen.

«Wer kann das denn sein?»

«Wahrscheinlich mein Mann.» Susan sprang auf. «Er sagte, er würde mich am Abend anrufen.»

Sie nahm den Hörer ab.

«Hallo? - Ja, Mrs. Banks am Apparat ...» Es entstand eine Pause, dann sprach sie wieder, aber mit einer völlig anderen Stimme, die sanft und warm klang. «Hallo, mein Schatz ... ja, ich bin’s ... Ach, sehr gut ... Mord durch Unbekannt ... das Übliche ... Nur Mr. Entwhistle ... Was? ... schwer zu sagen, aber ich glaube schon ... Ja, wie wir gedacht hatten ... Genau nach Plan ... Ich verkaufe die Sachen. Es ist nichts dabei, das wir haben wollen ... Ein oder zwei Tage ... Einfach schrecklich ... Mach dir keine Sorgen. Ich weiß, was ich tue ... Greg, das hast du nicht ... Du hast doch aufgepasst, dass ... Nein, nichts. Gar nichts. Gute Nacht, Liebling.»

Sie legte auf. Die Anwesenheit von Miss Gilchrist hatte sie ein wenig gehemmt. Vermutlich konnte ihre Gastgeberin, auch wenn sie sich taktvoll in die Küche zurückgezogen hatte, jedes Wort verstehen, das sie sagte. Eigentlich hatte sie Greg einiges fragen wollen, aber dann hatte sie doch lieber darauf verzichtet.

Nachdenklich verzog sie das Gesicht. Dann kam ihr plötzlich eine Idee.

«Natürlich», murmelte sie. «Genau die Richtige.»

Sie nahm den Hörer wieder ab und ließ sich mit der Vermittlung für Ferngespräche verbinden.

Eine Viertelstunde später sagte eine Stimme am anderen Ende der Leitung verdrossen: «Ich fürchte, es hebt niemand ab.»

«Bitte lassen Sie es weiterklingeln.»

Susan sprach mit Nachdruck. Sie hörte dem Läuten des Telefons in der Ferne zu. Plötzlich brach es ab und eine griesgrämige, leicht empörte Männerstimme erklang. «Ja? Wer ist da?»

«Onkel Timothy?»

«Was ist? Ich kann Sie nicht hören.»

«Onkel Timothy? Hier ist Susan Banks.»

«Susan wer?»

«Banks, Susan Banks. Frühere Abernethie. Deine Nichte Susan.»

«Ach, du bist Susan, ja? Was ist denn los? Weswegen rufst du zu dieser nachtschlafenden Zeit an?»

«Es ist doch noch sehr früh.»

«Ist es nicht. Ich war schon im Bett.»

«Dann gehst du aber ziemlich früh zu Bett. Wie geht es Tante Maude?»

«Ist das der einzige Grund, warum du anrufst? Deine Tante hat große Schmerzen und kann nichts tun. Gar nichts. Sie ist völlig hilflos. Hier geht es drunter und drüber, das kann ich dir sagen. Der Arzt, dieser Dämlack, behauptet, er könnte nicht mal eine Pflegeschwester auftreiben. Er wollte Maude ins Krankenhaus einliefern. Dem habe ich aber kräftig die Meinung gegeigt. Jetzt versucht er, jemanden für uns zu finden. Ich kann jedenfalls nichts tun - ich kann ja nicht mal den kleinen Finger heben. Eine dumme Suse aus dem Dorf bleibt die Nacht über bei uns, aber sie sagt ständig, dass sie zu ihrem Mann nach Hause müsste. Ich weiß wirklich nicht, was wir tun sollen.»