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„Und was gibt es dort, in diesem Gelobten Land?“, fragte einer von ihnen.

„Dort ist es schön“, sagte der entflohene Kolchosbauer langsam. „Dort ist die Schwarzerde so locker wie Gänsedaunen, und in ihr wächst alles, was man hineinsteckt!“

„Ja, wie?!“, sagte der zweite Rotarmist ungläubig. „Und wenn man einen Stein hineinsteckt?“

„Dann wächst auch dieser Stein!“, versicherte ihm der gefangene Kolchosbauer.

„Jetzt lügst du!“, sagte der Deserteur.

„Vielleicht lüge ich“, sagte der Kolchosbauer achselzuckend. „Aber nur dort gibt es das Reich der Gerechtigkeit, und die, die dorthin gelangen, kehren nie wieder zurück.“

„Und warst du etwa dort, dass du so viel weißt?“, fragte der zweite Rotarmist.

„Na, wenn ich dort angekommen wäre – dann hättet ihr mich wohl kaum festgenommen“, entgegnete der entflohene Kolchosbauer träumerisch.

„Und warst du dann dorthin unterwegs?“, wollte der erste Rotarmist wissen.

„Wohin sollte ich denn sonst?“, seufzte der Bursche in den Lumpen.

Und nach diesen Worten, die er sehr leidenschaftlich gesprochen hatte, hing über dem Wagenkasten eine solch herrliche Stille, dass sogar der Lärm des Motors von ihr verschluckt wurde. Alle waren verstummt und eine aufgeregt-sehnsuchtsvolle Stimmung begann sich auszubreiten. Jeder dachte über das Reich der Gerechtigkeit nach, wo die Schwarzerde so locker wie Gänsedaunen war. Und jeder war erfüllt von Unruhe in Erwartung eines Schauers, so als ob sie wüssten, dass irgendwo in der Nähe ein Wolf ebenfalls die Sterne betrachtete und gleich zu heulen beginnen würde.

Selbst auf den Engel übertrug sich diese gespannte Erwartung. In ihm keimte der hoffnungsvolle Gedanke, dass es genau dort, im Neuen Gelobten Land, möglich wäre, Gerechte zu finden, und dann würde er ganz sicher bei ihnen bleiben, um den Erdenweg gemeinsam zurückzulegen und sie bis an die Pforten des Paradieses zu bringen. Was würden seine Brüder und Schwestern dann sagen? Was würden sie sagen? Bestimmt würden sie ihn umarmen und ohne ein Wort würden sie ihm die Flucht verzeihen. Aber um in dieses Land zu gelangen, musste man erst dorthin fahren, und man fuhr sie, wie der Engel vermutete und die anderen bereits mit Bestimmtheit wussten, genau in die entgegengesetzte Richtung. Der Engel drehte sich dennoch zum nächsten Rotarmisten um und fragte ihn:

„Fahren wir denn jetzt nicht ins Neue Gelobte Land?“

Anstatt zu antworten, dachte der Rotarmist nach. Mit seinem gelben Finger begann er in seinen ebenfalls gelben Zähnen herumzustochern. Der Engel sah ihn erwartungsvoll an.

„Kennst du diesen Stern auch gut?“, fragte der zweite Rotarmist plötzlich den entflohenen Kolchosbauern.

„Aber ja doch“, antwortete dieser. „Ich beobachte ihn schon seit langem… Ich irre mich auf keinen Fall.“

Und wieder hing eine lautlose Stille über ihnen.

Der Wagen fuhr gemächlich schaukelnd über die mit Schlaglöchern gepflasterte Landstraße. Der kommandierende Rotarmist schlief den Schlaf des Gerechten, den Kopf zur linken Schulter geneigt. Die Erschütterungen ließen seinen Kopf hin und her baumeln, und von Zeit zu Zeit prallte er an die Schulter des Fahrers. Dieser schenkte dem schlafenden Kommandanten jedoch keine Aufmerksamkeit, sondern dachte nur daran, dass der Treibstoff nicht ausgehen durfte, ohne den der Lastwagen wie ein Denkmal stillstehen und sich nicht vom Fleck rühren würde.

Wieder ertönte eine Stimme aus dem Wagenkasten.

„Und wenn wir alle dorthin ausreißen würden? Na? Würde man uns dann einlassen?“, stieß der Deserteur mit einem Seufzer hervor und sah dabei alle mit brennendem Blick an.

„Natürlich lässt man uns ein“, antwortete der ehemalige Kolchosbauer. „Alle, die in Gerechtigkeit leben wollen, werden eingelassen.“

„Also, vielleicht…“, sagte der erste Rotarmist und sah den zweiten von der Seite an.

„Na gut…“, nickte der zweite. „Was gibt es dort?!“

Der Engel konnte den Rotarmisten nicht zur Gänze folgen, aber an ihren Stimmen wurde ihm deutlich, dass auch diese Menschen nichts dagegen hätten, in Gerechtigkeit zu leben.

„Also, vielleicht türmen wir alle und machen uns auf den Weg dorthin, diesem Stern Archipka nach?“, platzte wieder der Deserteur heraus und starrte dabei begierig auf den von Sternen übersäten Himmel.

„Und wer ist der Erste?“, fragte der erste Rotarmist vorsichtig.

„Wer denn – die Rote Armee natürlich!“, antwortete der Deserteur.

„Nein“, der erste Rotarmist war nicht einverstanden. „Wir sind die Eskorte, wir springen als Letzte.“

„Na gut!“ Der entflohene Kolchosbauer erhob sich vom Bretterboden des Wagenkastens. „Dann bin ich der Erste!“

Und trat zur Hinterwand, bekreuzigte sich und sprang.

„Und jetzt? Wer möchte als Nächstes? Komm, spring du, verrückter Engel!“, wandte sich der Deserteur an den Engel.

Der Engel trat zur Hinterwand, und obwohl er etwas Angst hatte, sprang er ein klein wenig in die Höhe und schon glitt der Wagen gleichsam unter ihm davon. Er landete auf der Erde und fiel sogleich auf den Rücken, wobei er sich noch einmal um sich selbst drehte. Da entfernte sich auch schon der Wagen und das Motorengeräusch wurde immer leiser und leiser, so als ob es in einem speziellen Schalltrichter verschwinden würde, der, wie ein gewöhnlicher Strudel in einem Fluss, jedes beliebige Geräusch verschluckte und auf diese Weise der Natur entzog.

„He!“, drang die Stimme des entflohenen Kolchosbauern an das Ohr des Engels. „Ist da noch jemand?“

„Ich bin da!“, rief ihm der Engel als Antwort zu. Er kam auf die Beine und ging los in die Richtung der Stimme.

„Hast du dich verletzt?“, fragte der Bauer.

„Nein.“

„Dann lass uns die anderen auflesen!“, schlug der ehemalige Kolchosbauer vor, und sie stapften unter dem Sternenhimmel los in Richtung des davonfahrenden Autos.

Nach etwa zehn Minuten fanden sie den Deserteur, der unglücklich vom Wagen abgesprungen war und mit dem rechten Fuß hinkte.

„Na dann, gehen wir diese Halunken suchen und machen uns dann auf den Weg!“, schlug der Bauer vor.

„Die brauchst du doch wie einen Kropf!“, sagte der Deserteur plötzlich mit einer recht boshaften Stimme. „Die Rote Armee fehlt uns dort gerade noch!“

„Das ist nicht in Ordnung“, sagte der entflohene Kolchosbauer zögernd. „Sie wollten doch auch Gerechtigkeit… Ohne sie wären wir ja gar nicht gesprungen!“

„Ja, wir müssen sie finden…“, unterstützte der Engel den Bauern.

Der Deserteur spuckte auf die nächtliche Erde. Dann sagte er:

„Also gut, dann gehen wir!“

Und zu dritt machten sie sich auf die Suche nach den herabgesprungenen Rotarmisten.

Den ersten fanden sie schnell. Er saß mitten auf dem Weg und war bekümmert.

„Was ist los mit dir?“, fragte ihn der Deserteur.

„Der Kolben ist abgebrochen, als ich gesprungen bin… Jetzt taugt die Waffe nichts mehr…“

„Das ist nicht schlimm“, tröstete ihn der Bauer. „Dort brauchst du sie sowieso nicht. Dort wird nicht geschossen.“

Bei diesen Worten schien der Rotarmist seinen Kummer zu vergessen und kam auf die Beine. Nun waren sie schon zu viert, um den letzten Gefährten ihrer Flucht zu suchen. Lange wanderten sie die Straße entlang, und schon argwöhnten sie, dass der zweite Rotarmist gar nicht gesprungen war. Entweder hatte er Angst gehabt, sich die Beine zu brechen, oder er hatte befürchtet, dass man ihn fangen und mit einer rostigen Kugel als Deserteur erschießen könnte.

Aber die Vermutungen sollten sich nicht bewahrheiten.

„Stehen bleiben oder ich schieße!“, rief plötzlich jemand hinter ihrem Rücken.

Sie fuhren zusammen, aber da hörten sie auch schon ein Lachen und begriffen, dass sich der zweite Rotarmist einen Scherz mit ihnen erlaubt hatte.

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