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Sie gibt uns keine Gewißheiten.

Sie gibt uns keine Größe.

Sie macht uns nicht besser als andere.

Sie hält uns nicht im Kerker der Vorurteile gefangen.

Die Wahrheit macht uns frei.

Erkennt die Wahrheit, und die Wahrheit wird euch frei machen, sagte Er.

Die drei Bananen

Ein Freund des Wanderers beschloß, ein paar Tage in einem Kloster in Nepal zu verbringen. Eines Nachmittags trat er in einen der vielen Tempel des Klosters und sah einen lächelnden Mönch auf dem Altar sitzen.

»Warum lächelst du?« fragte er.

»Weil ich die Bedeutung der Bananen begriffen habe«, sagte der Mönch und öffnete seinen Beutel, aus dem er eine verfaulte Banane zog. »Dies ist ein Leben, das zu Ende gegangen ist, bevor es genutzt wurde - und nun ist es zu spät.«

Dann zog er eine noch grüne Banane aus seinem Beutel. Er zeigte sie dem Mann und steckte sie wieder ein. »Dies ist ein Leben, das noch nicht zu Ende ist und auf den richtigen Augenblick wartet«, sagte er.

Schließlich zog er eine reife Banane aus dem Beutel, schälte sie, teilte sie mit dem Mann und sagte:

»Dies ist der jetzige Augenblick. Lebe ihn furchtlos.«

Das Radrennen

Das Leben ist wie ein großes Radrennen, dessen Ziel darin besteht, seinen Lebensentwurf zu leben.

An der Startlinie sind wir alle beieinander, einträchtig, begeistert. Doch je länger das Rennen währt, desto mehr treten an die Stelle der anfänglichen Freude die wahren Herausforderungen: Erschöpfung, Monotonie, Zweifel an den eigenen Fähigkeiten. Wir stellen fest, daß ein paar Freunde vor der Herausforderung kapituliert haben. Sie sind zwar noch im Rennen, jedoch nur, weil sie nicht auf halbem Weg aufhören können. Viele radeln nur noch neben dem Service-Wagen her, reden miteinander, sind nur noch dabei, weil sie müssen.

Wir lassen sie schließlich hinter uns. Und müssen uns dann der Einsamkeit stellen, den Überraschungen, den tückischen Kurven, den Problemen mit dem Fahrrad.

Am Ende fragen wir uns, ob sich diese ganze Anstrengung überhaupt lohnt.

Es lohnt sich. Nur nicht aufgeben!

Sterben lernen

Der Meister sagt:

»In vielen Zivilisationen war es üblich, die Toten in Fötusstellung zu begraben. Sie wurden in einem anderen Leben wiedergeboren, daher mußten sie in der Stellung begraben werden, in der sie in diese Welt gekommen waren. Für diese Zivilisationen war der Tod nur ein Schritt unter vielen auf dem Weg des Universums.

Ganz allmählich hat die Welt verlernt, den Tod gelassen zu akzeptieren. Doch es ist nicht wichtig, was wir denken oder was wir tun oder woran wir glauben: Jeder von uns wird eines Tages sterben.

Besser ist es, wie die alten Yaqui-Indianer den Tod als Ratgeber zu betrachten. Sie fragen immer: >Was soll ich jetzt tun, da ich doch so oder so sterben muß?<«

Vom Umgang mit Fehlern

Ein afrikanischer Medizinmann führt seinen Schüler durch den Wald.

Obwohl er schon betagt ist, geht er behende, während sein Schüler ständig stolpert und stürzt. Der Schüler rappelt sich auf, flucht, spuckt auf den tückischen Boden und folgt seinem Meister.

Nach einer langen Wanderung gelangen sie an einen heiligen Ort.

Ohne anzuhalten, macht der Medizinmann auf dem Absatz kehrt und begibt sich auf den Heimweg.

»Ihr habt mich heute nichts gelehrt«, sagt der Schüler, nachdem er wieder gestürzt ist.

»Ich habe dich etwas gelehrt, doch du hast es nicht begriffen«, sagt der Medizinmann. »Ich versuche dir beizubringen, wie mit den Fehlern im Leben umzugehen ist.«

»Und wie soll ich mit ihnen umgehen?«

»Genauso wie du mit deinen Stürzen umgehen solltest«, antwortet der Medizinmann. »Anstatt die Stelle zu verfluchen, an der du stürzt, solltest du versuchen herauszufinden, was dich zu Fall gebracht hat.«

Die Botin des Lichts oder Vom Selbstvertrauen

Eine junge Frau kommt zum Wanderer. »Ich möchte Ihnen etwas erzählen«, sagt sie.

»Ich habe immer geglaubt, die Gabe des Heilens zu besitzen. Doch ich hatte nie den Mut, sie bei jemandem auszuprobieren. Bis eines Tages mein Mann einen starken Schmerz im Bein hatte und niemand da war, der ihm hätte helfen können. Es war mir zwar furchtbar peinlich, aber ich legte meine Hände auf sein Bein und bat den Schmerz zu verschwinden.

Ich tat es, ohne recht daran zu glauben, daß ich ihm würde helfen können, als ich ihn beten hörte: >Gott, ich bitte Dich, mach, daß meine Frau fähig ist, eine Botin Deines Lichtes und Deiner Stärke zu sein.< Meine Hand wurde heiß, und der Schmerz verschwand.

Hinterher fragte ich ihn, warum er so gebetet hatte. Er antwortete, er habe es getan, um mir Vertrauen zu geben. Heute kann ich dank dieser Worte heilen.«

Diogenes, Aristipp und das Linsengericht

Der Philosoph Aristipp genoß seine Macht am Hof von Dionysos, dem Tyrannen von Syrakus. Eines Nachmittags kam er hinzu, als Diogenes ein Linsengericht für sich selbst kochte.

»Wenn du bereit wärst, Dionysos zu huldigen, müßtest du keine Linsen essen«, sagte Aristipp.

»Wenn du Linsen genießen könntest, müßtest du Dionysos nicht huldigen«, entgegnete Diogenes. Der Meister sagt:

»Es ist wohl wahr, daß jedes Ding seinen Preis hat, doch dieser Preis ist relativ. Wenn wir unsere Träume verfolgen, kann es sein, daß wir den anderen arm und unglücklich erscheinen. Aber was die anderen denken, ist unwichtig: Wichtig ist die Freude in unserem Herzen.«

Der beste Schwertkämpfer

»Wer ist der beste Schwertkämpfer?« fragte ein Krieger seinen Meister.

»Geh hinaus auf das Feld beim Kloster«, sagte der Meister. »Dort steht ein Felsen. Beschimpfe ihn.«

»Warum sollte ich das tun?« fragte der Schüler. »Der Felsen wird nicht antworten.«

»Dann greif ihn mit dem Schwert an«, sagte der Meister.

»Auch das werde ich nicht tun«, entgegnete der Schüler. »Mein Schwert würde zerbrechen. Und griffe ich ihn mit meinen Händen an, würde ich meine Finger verletzen, ohne etwas auszurichten. Ich möchte wissen, wer der beste Schwertkämpfer ist!«

»Der beste Schwertkämpfer ist der, der dem Fels gleicht«, sagte der Meister. »Ohne die Klinge zu ziehen, gelingt es ihm zu zeigen, daß niemand ihn besiegen kann.«

Gott gibt es zweimal

Der Meister sagt:

»Gott gibt es zweimal. Als den Gott, den unsere Lehrer uns lehrten, und als den, der uns etwas lehrt. Als den Gott, über den die Leute immer reden, und den Gott, der mit uns redet. Als den Gott, den wir zu fürchten lernten, und den, der zu uns von Barmherzigkeit spricht.

Gott gibt es zweimal. Als den Gott in der Höhe und den, der an unserem Alltag teilnimmt. Als den Gott, der unsere Schulden einfordert, und den Gott, der uns unsere Schulden erläßt. Als den Gott, der uns mit den Strafen der Hölle droht, und den Gott, der uns den besseren Weg weist.

Gott gibt es zweimal. Als einen Gott, der uns unter der Last unserer Sünden zusammenbrechen läßt, und denjenigen, der uns mit Seiner Liebe befreit.«

Unser Lebenswerk

Michelangelo wurde einmal gefragt, wie es käme, daß er so wunderbare Werke schaffen könne.

»Es ist ganz einfach«, antwortete er. »Wenn ich einen Marmorblock betrachte, sehe ich die Skulptur darin. Ich muß nur noch das entfernen, was nicht dazugehört.« Der Meister sagt: