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Doch wie in allen Märchen erschien die böse Fee. Sie war zornig darüber, daß sie nicht eingeladen worden war, und sprach einen Fluch:

»Da du bereits alles hast, gebe ich dir noch mehr. Du wirst das Talent zu allem haben, was du tun möchtest.«

Der Prinz wuchs heran, war schön, reich und verliebt. Doch er erfüllte nie seine Mission auf Erden. Er war ein ausgezeichneter Maler, Bildhauer, Musiker, Mathematiker, doch es gelang ihm nie, eine Aufgabe zu vollenden, weil er immer schnell abgelenkt war und etwas anderes machen wollte.

Der Meister sagt:

»Alle Wege führen zum selben Ort. Doch wähle deinen eigenen Weg und geh ihn bis zum Ende. Versuche nicht, alle Wege zu beschreiten.«

Der nächste Schritt auf dem spirituellen Weg

Ein junger Mann, der den spirituellen Weg einschlagen wollte, suchte einen Mönch des Kloster Sceta auf.

»Gib ein Jahr lang jedem eine Münze, der dich angreift«, sagte der Mönch.

Zwölf Monate lang zahlte der junge Mann jedem eine Münze, der ihn angriff. Am Ende des Jahres kehrte er zum Mönch zurück und wollte den nächsten Schritt von ihm wissen.

»Geh in die Stadt und kaufe mir etwas zu essen«, antwortete dieser.

Kaum war der junge Mann gegangen, da verkleidete sich der Mönch als Bettler und ging über eine Abkürzung, die er kannte, zum Tor der Stadt. Als der junge Mann sich ihm näherte, begann er ihn zu beschimpfen.

»Großartig!« meinte der junge Mann fröhlich zum falschen Bettler.

»Ein ganzes Jahr lang habe ich alle bezahlt, die mich angriffen, und jetzt kann ich mich beleidigen lassen, ohne zu zahlen!«

Als er dies hörte, legte der Mönch seine Verkleidung ab.

»Du bist bereit für den nächsten Schritt, weil du über deine Probleme lachen kannst«, sagte er.

Die blaue Feder

Eine Legende aus der Wüste erzählt die Geschichte eines Mannes, der in eine andere Oase ziehen wollte. Er begann sein Kamel zu beladen. Er belud es mit Teppichen, seinen Küchengerätschaften, seinen Truhen mit Kleidern - und das Tier ließ es zu. Als sie aufbrachen, fiel dem Mann eine schöne blaue Feder ein, die ihm sein Vater geschenkt hatte.

Er holte sie und legte sie auf den Rücken des Kamels. Da brach das Tier zusammen und starb.

»Mein Kamel bricht unter einer Feder zusammen«, mag er gedacht haben.

Manchmal denken wir dasselbe von unserem Nächsten, ohne zu begreifen, daß unser kleiner Scherz vielleicht der Tropfen gewesen ist, der das Faß des Leidens zum Überlaufen brachte.

Gott ist ein Künstler

Der Satz stammt von Pablo Picasso: »Gott ist ein Künstler. Er erfand die Giraffe, den Elefanten und die Ameise. Nie hielt er sich an einen vorgegebenen Stil. Er tat einfach nur, was er wollte.« Der Meister sagt:

»Angst keimt auf, wenn wir unseren Weg beginnen. Wir fühlen uns verpflichtet, alles richtig zu machen. Doch wer legt die Norm dessen fest, was richtig ist, da wir doch alle nur ein einziges Leben haben?

Gott schuf die Giraffe, den Elefanten und die Ameise. Warum müssen wir einer Norm folgen?

Die Norm dient nur dazu, uns zu zeigen, wie die anderen ihre Realität definieren. Häufig bewundern wir, was andere geschaffen haben, und können auch oft deren Fehler vermeiden.

Doch was unser Leben betrifft, so wissen wir allein, wie wir es zu gestalten haben.«

Gottvertrauen

Einige Juden beteten in der Synagoge, als während des Gebets die Stimme eines Kindes erklang: »A, B, C, D.« Sie versuchten, sich auf die Heilige Schrift zu konzentrieren, doch die Kinderstimme wiederholte: »A, B, C, D.« Sie unterbrachen den Gottesdienst, und als sie um sich blickten, sahen sie einen Jungen, der noch immer sein Lied sang.

Der Rabbiner fragte den Jungen: »Warum tust du das?«

»Weil ich die heiligen Verse nicht kann«, sagte der Junge. »Deshalb hoffe ich, indem ich das Alphabet singe, daß Gott die Buchstaben benutzen wird, um die richtigen Worte zu bilden.«

»Ich danke dir für diese Lektion«, sagte der Rabbiner. »Möge auch ich fähig sein, Gott meine Tage auf Seiner Erde genauso anzuvertrauen, wie du Ihm deine Buchstaben anvertraut hast.«

Die großen und die kleinen Wunder

Die Zen-Mönche setzen sich zum Meditieren vor einen Felsen. »Wir warten, daß der Fels ein wenig wächst«, sagen sie.

Der Meister sagt:

»Alles um uns herum verändert sich ständig. Jeden Tag bescheint die Sonne eine neue Welt. Was wir Routine nennen, steckt voller neuer Vorschläge und Möglichkeiten. Doch wir bemerken nicht, daß jeder Tag sich von allen bisherigen unterscheidet.

Heute wartet irgendwo ein Schatz auf dich. Es könnte ein flüchtiges Lächeln sein, es könnte ein großer Sieg sein. Doch nicht darauf kommt es an.

Das Leben besteht aus großen und kleinen Wundern. Nichts ist langweilig, weil alles sich ständig verändert. Langeweile ist nicht Teil der Welt, sondern sie entsteht dadurch, wie wir die Welt ansehen.

Der Dichter T. S. Eliot hat sinngemäß geschrieben: Wandere über viele Straßen, kehre heim und sieh alles an, als war's das erste Mal.«