Er ging zur Tür und öffnete. Kelly Harris drängte sich an ihm vorbei und stürmte in das Apartment.
Sie baute sich vor Diane auf. »Wir müssen miteinander reden.«
Diane blickte sie erstaunt an. »Ich dachte, Sie wären bereits nach Paris unterwegs.«
»Ich habe einen Umweg gemacht.«
Greenburg war zu ihnen getreten. »Das ist Detective Greenburg. Kelly Harris.«
Kelly wandte sich an Greenburg. »Jemand hat gerade versucht, in mein Hotelzimmer einzudringen, Detective.«
»Haben Sie es dem Sicherheitsdienst gemeldet?« »Ja. Die Männer waren weg. Ein Wachmann hat mich nach draußen begleitet.«
»Haben Sie eine Ahnung, wer es gewesen sein könnte?«
»Nein.«
»Wenn Sie sagen, die Männer wollten einbrechen, meinen Sie damit, dass sie sich gewaltsam Zutritt verschaffen wollten?«
»Nein, sie ... sie standen nur draußen auf dem Flur. Sie haben sich als Zimmerservice ausgegeben.«
»Haben Sie beim Zimmerservice etwas bestellt?«
»Ja.«
»Vermutlich bilden Sie sich das nur ein«, sagte Diane.
»Nach dem, was heute Morgen geschehen ist .«
»Hören Sie mal zu«, blaffte Kelly sie an. »Ich habe Ihnen gesagt, ich will nichts mit Ihnen oder dieser Sache zu tun haben. Ich packe meinen Koffer und fliege heute Nachmittag nach Paris zurück. Sagen Sie Ihren Mafiafreunden, sie sollen mich in Ruhe lassen.«
Kelly drehte sich um und ging.
»Was sollte das Ganze?«, fragte Greenburg.
»Ihr Mann wurde ., er wurde ebenfalls ermordet. Er hat für die gleiche Firma gearbeitet wie Richard, die Kingsley International Group.«
Als Kelly in ihr Hotel zurückkehrte, ging sie schnurstracks zur Rezeption. »Ich reise ab«, sagte sie. »Würden Sie bitte einen Flug mit der nächsten Maschine nach Paris für mich reservieren?«
»Selbstverständlich, Mrs. Harris. Wünschen Sie eine bestimmte Fluggesellschaft?«
»Ich will nur von hier weg.«
Kelly ging durchs Foyer, stieg in den Aufzug und drückte den Knopf zum dritten Stock. Als die Tür zuging, wurde sie von zwei Männern wieder aufgestoßen, die sich ebenfalls in die Kabine drängten. Kelly musterte sie einen Moment und trat rasch wieder ins Foyer hinaus. Sie wartete, bis sich die Fahrstuhltür geschlossen hatte, ging dann zur Treppe und stieg hinauf. Nur kein Risiko eingehen, dachte sie.
Als sie im dritten Stock ankam, versperrte ihr ein breitschultriger Mann den Weg.
»Entschuldigen Sie«, sagte Kelly und wollte an ihm vorbeigehen.
»Scht!« Er richtete eine Pistole mit einem Schalldämpfer auf sie.
Kelly wurde blass. »Was wollen Sie?«
»Halt’s Maul. Du bist bestimmt gut gebaut, Süße. Sei still, wenn du willst, dass es dabei bleibt. Und zwar ganz still. Wir zwei beide gehen jetzt runter.«
Der Mann lächelte, aber als Kelly genauer hinschaute, bemerkte sie, dass er eine Narbe an der Oberlippe hatte, durch die sein Mund zu einem steten Grinsen verzogen war. Und er hatte die kältesten Augen, die Kelly je gesehen hatte.
»Los jetzt.«
Nein. Ich will nicht wegen dieser Frau sterben. »Einen Moment. Sie haben die Falsche .«
Er rammte ihr die Waffe so heftig in die Rippen, dass sie beinahe laut aufgeschrien hätte.
»Ich hab gesagt, du sollst das Maul halten! Wir gehen jetzt runter.«
Er packte sie am Arm, drückte zu wie mit einem Schraubstock und verbarg die Pistole hinter ihrem Rücken.
Kelly konnte sich kaum noch beherrschen. »Bitte«, sagte sie leise. »Ich bin nicht die ...« Sie keuchte vor Schmerz auf, als er ihr die Mündung der Pistole in den Rücken stieß und ihrem Arm quetschte, dass sie regelrecht spürte, wie die Adern abgeschnürt wurden.
Sie stiegen die Treppe hinab und gingen durch das Foyer. Hier herrschte reges Treiben, und Kelly überlegte kurz, ob sie um Hilfe rufen sollte. Doch der Mann sagte: »Mach bloß keine Zicken.«
Dann waren sie draußen. Ein protziger Geländewagen stand am Straßenrand. Zwei Autos weiter vorn verteilte ein Polizist Strafzettel. Kellys Entführer schob sie zur Hintertür des Geländewagens. »Steig ein«, herrschte er sie an.
Kelly warf einen kurzen Blick zu dem Polizisten. »Na schön«, versetzte sie lauthals und in aufgebrachtem Tonfall.
»Ich steig ein, aber eins sag ich dir. Das, was du von mir willst, kostet dich hundert Dollar extra. Das ist ja ekelhaft.«
Der Polizist drehte sich um.
Der stämmige Mann starrte Kelly an. »Was zum Teufel willst du ...?«:
»Wenn du nicht zahlst, kannst du’s vergessen, du geiziger Mistkerl.«
Kelly ging raschen Schrittes auf den Polizisten zu. Der Mann blickte ihr grinsend hinterher, aber aus seinen Augen sprach der blanke Hass.
Kelly deutete auf ihn. »Der Perverse dort hat mich angemacht.«
Sie warf einen kurzen Blick nach hinten und sah, wie der Polizist auf den Gangster zuging. Dann stieg sie in ein bereitstehendes Taxi.
Als der stämmige Mann in den Geländewagen steigen wollte, sagte der Polizist: »Einen Moment, Mister. Die Anbahnung von Prostitutionsgeschäften auf der Straße ist in diesem Staat verboten.«
»Ich wollte doch gar nicht .«
»Können Sie sich ausweisen? Wie heißen Sie?«
»Harry Flint.«
Flint blickte dem Taxi hinterher, mit dem Kelly davonfuhr. Diese Nutte! Ich bring sie um. Und zwar langsam.
22
Kelly stieg vor Dianes Apartmentgebäude aus dem Taxi, stürmte zur Haustür und drückte auf die Klingel.
Detective Greenburg öffnete die Tür. »Kann ich ...?«:
Kelly sah Diane im Wohnzimmer stehen und drängte sich an dem Detective vorbei.
»Was ist denn los?«, fragte Diane. »Sie haben doch gesagt, Sie .«
»Verraten Sie mir, was los ist. Ich habe Ihnen doch gesagt, Sie sollen Ihren Mafiafreunden klar machen, dass sie mich in Ruhe lassen sollen. Sie haben schon wieder versucht, mich zu schnappen. Wieso wollen mich Ihre Mafiafreunde umbringen?«
»Ich ... ich habe keine Ahnung. Sie ... Vielleicht haben sie uns zusammen gesehen und dachten, wir wären miteinander befreundet, und ...«
»Tja, wir sind aber nicht befreundet, Mrs. Stevens. Sehen Sie zu, dass ich da rauskomme.«
»Was meinen Sie damit? Wie soll ich ...?«:
»Auf die gleiche Weise, wie Sie mich reingezogen haben. Sagen Sie diesem Altieri, dass wir uns nur zufällig begegnet sind und Sie mich nicht kennen. Ich denke nicht daran, mich umbringen zu lassen, nur weil Sie eine Dummheit begangen haben.«
»Ich kann nicht ...«:, setzte Diane an.
»O doch, Sie können. Sie werden mit Altieri reden, und zwar gleich. Ich bleibe solange hier, bis Sie das erledigt haben.«
»Was Sie da verlangen, ist unmöglich«, sagte Diane. »Tut mir Leid, dass ich Sie in diese Sache hineingezogen habe, aber ...« Sie dachte einen Moment lang nach, dann wandte sie sich an Greenburg. »Glauben Sie, Altieri würde uns in Ruhe lassen, wenn ich mit ihm spreche?«
»Eine interessante Frage«, sagte Greenburg. »Möglicherweise ja - vor allem, wenn er meint, dass wir ihn überwachen. Möchten Sie mit ihm persönlich sprechen?«
Diane sagte: »Nein, ich .«
»Das heißt Ja«, fiel Kelly ihr ins Wort.
Anthony Altieri wohnte in einem klassischen Fachwerkhaus im Kolonialstil, das auf einem rund fünf Hektar großen Grundstück am Ende einer Stichstraße im Hunterdon County, New Jersey, stand. Das von hohen, Schatten spendenden Bäumen bestandene Anwesen mit seinen Zierteichen und dem prachtvollen Garten war mit einem mächtigen Eisenzaun umgeben.
Ein Posten saß in einem Wachhäuschen am Tor. Als der Wagen mit Greenburg, Kelly und Diane vorfuhr, kam er heraus.
Er erkannte Greenburg. »Tag, Detective.«
»Hallo, Caesar. Wir möchten mit Mr. Altieri sprechen.«