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»Nun?« schnappte Goodman. »Wir sind vielbeschäftigte Männer, Sir John!«

»Das bin ich auch, Mylord Bürgermeister.«

»Ihr kommt eher, als wir dachten«, schnarrte Sudbury. »Habt Ihr unser Gold?«

Cranston schüttelte den Kopf.

»Habt Ihr Ira Dei verhaftet?«

»Nein.«

Gaunt beugte sich vor und lächelte falsch. »Warum in Gottes Namen sind wir dann hier, Sir John?«

»Vielleicht, um einen Mörder zu verhaften, Euer Gnaden. Alle Ausgänge des Rathauses sind zu sichern.«

Gaunt starrte ihn an, und ein Funken von Interesse erwachte in seinem Auge, als ihm klar wurde, daß dies keine gewöhnliche Versammlung war.

»Ihr habt also etwas entdeckt, wie?« sagte er leise. »Ihr und Euer kleiner Bruder.«

Die Atmosphäre im Rathaus änderte sich dramatisch. Die hatten uns als Versager abgetan, begriff Athelstan. Diese arroganten Falken meinten, der fette Coroner und sein verstaubter Ordensbruder seien zu dämlich, um die Wahrheit herauszufinden. Er holte tief Luft, um seinen Arger zu beherrschen. Gaunt lehnte sich zurück und spreizte die Hände.

»Sir John, in dieser Sache sind wir Eure Gefangenen.« Er warf einen wütenden Blick über die Schulter und brüllte einem Hauptmann der Garde an der Wand hinter sich zu: »Sichert das Rathaus! Niemand darf herein oder heraus, bis ich es sage!« Er sah Cranston an. »Was braucht Ihr sonst noch, Mylord Coroner?«

Statt dessen ergriff Athelstan das Wort. »Ich möchte, daß die Bankettafel so gedeckt wird wie an dem Abend, als Fitzroy starb.«

Gaunt nickte. »Und was noch?«

»Ich möchte, daß man Kissen und Polster dorthin legt, wo der Sheriff, Sir Gerard Mountjoy, gesessen hat. Und der Garten muß geräumt werden.«

Gaunt lächelte. »Und schließlich?«

»Ich wäre Euch dankbar, wenn Ihr alle hierbleiben wolltet, bis ich und Sir John fertig sind, Euer Gnaden.«

Protestgemurmel erhob sich, aber Gaunt schlug schweigengebietend mit der flachen Hand auf den Tisch. Er war rot im Gesicht.

»Vor wenigen Tagen«, schrie er, »kam ich in dieses Rathaus, um eine Freundschaftspakt mit der Stadt zu unterzeichnen. Der Tod der Herren Fitzroy, Mountjoy und Sturmey hat dem ein Ende gemacht. Ihr Herren, Ihr werdet nun warten, bis diese Sache erledigt ist.« Er deutete mit dem Finger auf Cranston. »Und Euch, Lord Coroner, gnade Gott, wenn Ihr meine Zeit verschwendet.«

Die Diener wurden herbeigerufen. Gaunt gab ihnen seine Anweisungen. Athelstan führte Cranston und den zitternden Waffenschmied die Treppe hinunter und hinaus in den kleinen überdachten Gang zwischen der Küche und dem Rathaus. Er versuchte, seine Erregung zu zügeln, als er durch die Lücken in den Zaunpfählen spähte und sah, wie die Diener befehlsgemäß Kissen und Polster auf der Rasenbank aufbauten. Von seinem Platz aus konnte er durch die Zaunlücken deutlich sehen, daß sie sich da türmten, wo Sir Gerard ermordet worden war. Er wartete, bis die Diener ins Rathaus zurückgekehrt waren; dann lächelte er dem Waffenschmied zu.

»So, Simon, jetzt habt Ihr Gelegenheit, zu beweisen, daß unsere Theorie stimmt.«

Der Waffenschmied stellte seinen Sack auf den Boden und nahm eine kleine Armbrust heraus. Die Rinne, in der man den Bolzen einlegte, war eigens verbreitert worden. Als nächstes förderte er einen langen Dolch zutage, ähnlich dem, der in Mountjoys Brust gesteckt hatte. Behutsam legte er ihn in die verbreiterte Bolzenrinne und spannte langsam die starke Armbrustsehne.

»Sehr gut«, sagte Athelstan leise. »Und jetzt, Simon, versucht, den Dolch mit der Armbrust mitten in das oberste Kissen zu schießen, in das mit den grünen Fransen.«

Fluchend und grummelnd hob Simon die Armbrust und schoß den Dolch ab; der flog davon wie ein Stein von einer Schleuder, aber der Waffenschmied hatte nicht gut gezielt. Der Dolch blieb im Holzzaun stecken, er hatte die Kissen knapp verfehlt. Keuchend und schnaufend hastete Cranston hinüber, brachte ihn zurück und ermahnte Simon, die Hände ruhig zu halten, sonst würden sie alle drei die nächste Woche in Newgate verbringen.

Wieder stemmte der Waffenschmied die Armbrust auf den Boden und kurbelte die Sehne zurück. Der lange Dolch wurde in die Bolzenrinne gelegt. Er zielte sorgfältig, und diesmal schnellte der Dolch richtig davon, bohrte sich tief in das Kissen und nagelte es an den Holzzaun dahinter. Cranston krähte triumphierend und klatschte in die Hände wie ein Kind.

»Es klappt!« rief er. »Es klappt!«

Er stürzte ins Rathaus und kam kurz darauf mit Gaunt und seinen Gefährten aus dem Ratszimmer zurück. Athelstan und der Waffenschmied, der die Armbrust wieder in den Sack gesteckt hatte, standen am Gartentor und betrachteten das Polster.

»Was soll dieser Unsinn?« schrie Goodman. »Ihr bringt uns her, Cranston, um uns ein Kissen mit einem Dolch darin zu zeigen?«

Gaunt indessen stieß das Gartentor auf und ging hinein; er packte den Dolch und drehte ihn behutsam heraus. Eine kleine Wolke von Staub und Gänsefedern erhob sich.

»Ihr habt ihn nicht hineingestoßen, Cranston?«

»Nein, Euer Gnaden«, antwortete der Coroner. »Der Dolch wurde mit einer Armbrust durch eine Lücke im Zaun geschossen.«

»Geht das denn?« rief Denny.

»Oh ja, das geht!« Sudbury lächelte den Bürgermeister honigsüß an. »Meint Ihr nicht auch, Sir Christopher? Ihr gehört doch der Bogenmachergilde an.«

Der Bürgermeister war blaß; Cranstons Bekanntmachung hatte ihn offensichtlich ziemlich erschüttert.

»Nun?« Gaunt funkelte ihn an.

»Euer Gnaden, das ist ganz einfach«, murmelte der Mann. »Der Dolch gleicht demjenigen, mit dem der Sheriff getötet wurde; er hat keinen Griffschutz, und man kann ihn mit einer Armbrust abschießen, wenn man die Bolzenrinne verbreitert und vertieft. Die Armbrust ist ein verstärkter Bogen, und der Dolch wird zum Pfeil.«

»Ihr müßt wissen -« fiel ihm Simon, der Waffenschmied, ins Wort. Dann fiel ihm ein, wo er war, und er schlug sich die Hand vor den Mund.

»Los, Simon«, drängte Cranston leise. »Schießt den Dolch noch einmal ab!«

Simon eilte davon. Man sah ihn hinter dem Zaun in dem überdachten Gang, man hörte die Sehne schwirren, und wieder sauste der Dolch in die Polster.

»Da seht Ihr's.« Cranston streckte die Hände aus. »Stellt Euch vor, Ihr guten Herren, wie Sir Gerard Mountjoy in der Nachmittagssonne sitzt und in seinem Privatgarten seinen Wein und die Gesellschaft seiner Hunde genießt.« Er sah Denny an. »Ihr habt ihn dort gesehen. Im Rathaus ist es still; alles döst oder ruht in der Nachmittagshitze, aber unser Mörder schleicht sich durch den überdachten Gang heran. Unter seinem Umhang hat er eine Armbrust wie diese hier oder einen ähnlichen Bogen, den er extra dafür gekauft hat. Die Lücke im Zaun ist breit genug. Der Mörder zielt, und Sir Gerard ist auf der Stelle tot, denn der Dolch hat sein Herz durchbohrt, ohne daß der Mörder den Garten betreten und an den Hunden vorbei mußte. Er schleicht davon. Vermutlich«, fuhr Cranston fort, »hatte er vorher geübt, und so war die Mordtat im Handumdrehen ausgeführt. Die Hunde bekamen kaum etwas mit, und Sir Gerard war auf der Stelle tot.« Er nickte, als Athelstan ihn beim Ärmel faßte und ihm etwas ins Ohr flüsterte.

»Und Fitzroy?« fragte Gaunt.

Cranston wartete, bis Athelstan durch die Rathaustür verschwunden war.

»Oh, der Mord an Fitzroy war noch raffinierter. Dazu müssen wir in den Raum zurück, in dem er starb. Aber der Mörder, der Mountjoy tötete, benutzte für den Mord an Sturmey die gleiche Methode. Der erbarmungswürdige Schlosser wurde aus Gründen, die ich später erläutern werde, nach Billingsgate zum Kai gelockt. Er wartete auf jemanden. Er ging auf und ab und fragte sich ängstlich, wann der Mann, der ihn erpreßte, wohl kommen würde. Aber der Mörder war schon da und hielt sich zwischen den Ständen oder hinter einem der Lagerhäuser versteckt. Wieder wurde die Armbrust erhoben, der Dolch aufgelegt. Eben stand Sturmey noch am Kai, im nächsten Augenblick saß der Dolch tief in seiner Brust und ließ ihn in den Fluß stürzen. Das erklärt, warum niemand jemanden auch nur in Rufweite des Ermordeten gesehen hat.«