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»Commander Strathmore hat Sie nach Hause geschickt!«

»STRATHMORE SOLL MICH AM ARSCH LECKEN!«,

kreischte Charturkian, dass es in der Kuppel widerhallte.

»Mr Charturkian?«, ertönte von oben eine sonore Stimme. Hoch über den Streitenden stand Strathmore vor seinem Büro am Geländer.

Die drei erstarrten.

Einen kurzen Moment lang war in der Crypto-Kuppel nur das ungleichmäßige Generatorbrummen zu vernehmen. Susan versuchte verzweifelt, Strathmores Blick zu erhäschen. Commander, Hale ist

North Dakota!

Aber Strathmore hatte nur Augen für den jungen Systemtechniker. Den Blick unverwandt auf Charturkian gerichtet, kam er langsam die

Treppe herunter, durchquerte die Kuppel und blieb schließlich zwei Handbreit vor dem zitternden Techniker stehen. »Bitte, was wollten Sie sagen?«

»Sir«, keuchte Charturkian, »der TRANSLTR ist in Gefahr.«

Susan versuchte, zu Wort zu kommen. »Commander, wenn ich Sie bitte einen ...«

Ohne den Blick von dem Techniker zu wenden, brachte Strathmore sie mit einer Handbewegung zum Schweigen.

»Sir, wir haben eine infizierte Datei. Ich bin absolut sicher!«, sagte Charturkian.

Strathmores Gesicht nahm eine dunkelrote Färbung an. »Mr Charturkian, das haben wir nun zur Genüge durchdiskutiert. Im

TRANSLTR ist keine infizierte Datei!«

»Doch!«, kreischte Charturkian. »Und wenn die Datei in die zentrale Datenbank gerät ...«

»Wo zum Teufel soll diese verdammte infizierte Datei denn sein?«, brüllte Strathmore. »Zeigen Sie sie mir!«

»Das kann ich nicht«, sagte Charturkian kleinlaut.

»Natürlich können Sie das nicht! Weil es keine infizierte Datei gibt!«

»Commander, ich muss Sie ...«, versuchte Susan erneut, sich

einzuschalten, doch wieder prallte sie an einer Handbewegung Strathmores ab.

Sie sah Hale nervös an. Er wirkte kühl und distanziert. Genau wie zu erwarten, dachte Susan. Hale braucht sich über einen Virus nicht

zu beunruhigen. Er weiß ja genau, was im TRANSLTR vorgeht.

Charturkian ließ nicht locker. »Sir, die verseuchte Datei existiert aber. Gauntlet hat sie nur nicht erkannt.«

»Wenn Gauntlet sie nicht erkannt hat, wie wollen ausgerechnet Sie dann erkannt haben, dass es sie gibt?«

Charturkians Ton gewann an Zuversicht. »Mutationsketten, Sir. Ich habe eine Rundum-Analyse gefahren und Mutationsketten

festgestellt!«

Susan begriff, warum Charturkian so von der Rolle war. Mutationsketten. Sie wusste, dass derartige Programmsequenzen die Daten auf extrem komplexe Weise durcheinander bringen konnten. Sie kamen in Computerviren sehr häufig vor, besonders in Viren, die große Datenblöcke auf einmal angreifen und verändern konnten. Aus Tankados E-Mails wusste sie natürlich, dass die Mutationsketten, die Charturkian gesehen hatte, völlig anderer Natur waren – sie waren ein Teil von Diabolus.

»Als ich die Ketten gesehen habe, Sir, habe ich anfangs gedacht, die Gauntlet-Filter hätten versagt. Aber dann habe ich ein paar Tests gefahren und festgestellt...« Er zögerte und machte plötzlich ein ängstliches Gesicht. »Ich habe festgestellt, dass jemand die Gauntlet-Filter umgangen hat.«

Es wurde mucksmäuschenstill. Die Rötung von Strathmores Gesicht vertiefte sich bedenklich. Es war völlig klar, wem der Vorwurf galt. Strathmore hatte das einzige Terminal in der ganzen

Abteilung, von dem aus ein Umgehen des Gauntlet-Filtersystems möglich war.

»Mr Charturkian«, sagte Strathmore eisig, »es geht Sie zwar in keiner Weise etwas an, aber ich habe die Gauntlet-Filter umgangen.« Strathmore stand kurz vor der Explosion. »Wie ich Ihnen zuvor schon erläutert habe, lasse ich ein hoch entwickeltes Diagnoseprogramm laufen. Die Mutationsketten, die Sie im TRANSLTR festgestellt haben, sind dort, weil ich sie eingegeben habe. Sie sind Teil dieses Programms. Das Gauntlet-System hat die Annahme der Daten verweigert, darum habe ich die Filter umgangen. Haben Sie sonst noch etwas auf dem Herzen, Mr Charturkian, bevor Sie uns

verlassen?«

In einem Sekundenbruchteil sah Susan klar. Als Strathmore den verschlüsselten Diabolus-Algorithmus aus dem Internet heruntergeladen hatte, um dem TRANSLTR anschließend die Entschlüsselung zu überlassen, hatte das Gauntlet-System auf die Mutationsketten angesprochen. Da Strathmore unbedingt wissen wollte, ob Diabolus zu knacken war, hatte er die Datei am

Filtersystem vorbei eingegeben.

Das Gauntlet-System zu umgehen war normalerweise undenkbar. In diesem Fall jedoch musste es unbedenklich erscheinen, denn der Commander wusste ja, worum es sich bei dieser Datei handelte, und

kannte ihren Autor.

»Bei allem gebotenen Respekt, Sir«, beharrte Charturkian, »von einem Diagnoseprogramm mit Mutationsketten habe ich bislang

weder etwas gehört noch ge ...«

Susan konnte keine Sekunde mehr an sich halten. »Commmander«, platzte sie heraus, »ich muss Sie wirklich unbedingt ...«

Diesmal war es das schrille Piepsen von Strathmores Handy, das sie unterbrach. Der Commander riss das Mobiltelefon ans Ohr. »Was

ist los?«, bellte er, um sogleich zu verstummen und schweigend zuzuhören.

Susan vergaß Hale einen Moment. Inbrünstig wünschte sie, der Anrufer möge David sein. Sag mir, dass ihm nichts passiert ist, dachte sie. Sag mir, dass er den Ring gefunden hat! Aber als sich ihre Augen mit denen Strathmores trafen, runzelte Strathmore die Stirn. Er hatte

nicht David am Apparat.

Susan wurde es eng um die Brust. Sie wollte ja nur wissen, ob der Mann, den sie liebte, in Sicherheit war. Strathmores Ungeduld hatte ganz andere Gründe, das war ihr klar. Wenn David nicht bald fündig wurde, musste der Commander Unterstützung schicken, Feldagenten

der NSA – ein Spiel, das er lieber vermieden hätte.

»Commander«, drängte Charturkian, »ich glaube wirklich, wir sollten überprüfen, ob ...«

»Einen Moment bitte«, sagte Strathmore entschuldigend ins Telefon, bevor er die Sprechmuschel zuhielt und einen zornigen Blick auf seinen jungen Systemtechniker abschoss. »Mr Charturkian«, knurrte er, »das Gespräch ist beendet. Sie werden jetzt die Crypo-Abteilung verlassen. Und zwar augenblicklich! Das ist ein Befehl!«

Charturkian stand wie vom Donner gerührt. »Sir, aber die Mutations ...«

»AUGENBLICKLICH!«, brüllte Strathmore.

Charturkian starrte ihn einen Moment lang sprachlos an, dann stürmte er zum Sys-Sec-Lab davon.

Strathmore drehte sich um und musterte Hale mit einem verwunderten Blick. Susan konnte sein Erstaunen gut verstehen. Hale

war die ganze Zeit ruhig gewesen. Viel zu ruhig. Hale wusste nur zu gut, dass es kein Diagnoseprogramm mit Mutationsketten gab, erst recht keines, das den TRANSLTR achtzehn Stunden lang auf Trab gehalten hätte – gleichwohl hatte er kein Wort gesagt. Die ganze Aufregung schien ihn nicht zu berühren. Strathmore hätte

offensichtlich gern den Grund gewusst. Susan kannte ihn.

»Commander«, sagte sie eindringlich, »wenn ich Sie bitte kurz...«

»Gleich«, unterbrach er sie, den Blick immer noch fragend auf Hale gerichtet. »Ich muss erst dieses Telefonat beenden.« Er drehte

sich auf dem Absatz um und strebte zu seinem Büro.

Susan öffnete den Mund, aber die Worte blieben ihr im Halse stecken. Hale ist North Dakota! Unfähig zu atmen, stand sie stocksteif

da. Sie spürte Hales starren Blick.

Mit einer galanten, einladenden Geste zur Schiebetür von Node 3 trat Hale an ihre Seite. »Bitte nach dir, Sue!«

KAPITEL 41

In einer Wäschekammer auf der dritten Etage des Alfonso XIII lag ein Zimmermädchen bewusstlos auf dem Boden. Der Mann mit der Nickelbrille steckte das Passepartout in ihre Schürzentasche zurück. Als er sie niederschlug, hatte er ihren Aufschrei nicht wahrgenommen.