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Seine Frau kam die Treppe heraufgerannt. »Liebling!« rief sie. »Was ist denn los?«

»Nichts«, murmelte er. »Nur ein böser Traum.«

Sie atmete auf und preßte eine Hand auf ihr Herz. »Ich bin so erschrocken.«, begann sie in vorwurfsvollem Ton.

Aber ein Lärm von draußen unterbrach sie. Sirenen heulten, Glocken läuteten - es klang laut und furchterregend.

Einen Herzschlag lang starrten die Burckhardts einander an, dann rannten sie angstvoll zum Fenster.

Keine Feuerwehrautos fuhren durch die Straßen, nur ein kleiner Laster, der langsam dahinrollte. Aus einem Lautsprecher auf seinem Dach drangen kreischende Sirenentöne, immer lauter, vermischt mit dem Rumpeln von Hochleistungsmaschinen und Glockenklängen. Es war die perfekte Tonbandaufnahme eines Feuerwehreinsatzes.

»Mary, das ist verboten«, sagte Burckhardt erstaunt. »Weißt du, was die da machen? Sie lassen die Bandaufnahme eines Feuerwehreinsatzes ablaufen. Was hat das zu bedeuten?«

»Vielleicht soll es ein Scherz sein«, meinte seine Frau.

»Ein Scherz? Findest du es etwa komisch, daß die um sechs Uhr morgens die ganze Nachbarschaft wecken?« Er schüttelte den Kopf. »In zehn Minuten wird die Polizei da sein«, prophezeite er. »Wart's nur ab!«

Aber die Polizei kam nicht - weder nach zehn Minuten noch zu einem späteren Zeitpunkt. Wer immer die Witzbolde waren, die da im Laster saßen, sie besaßen offenbar eine polizeiliche Erlaubnis.

Der Wagen bezog mitten auf einem Platz Stellung, wo er ein paar Minuten lang stehenblieb. Es knisterte im Lautsprecher, und dann sang eine gigantische Stimme:

»Feckle-Kühlschränke! Feckle-Kühlschränke! Sie brauchen einen Feckle-Kühlschrank! Feckle, Feckle, Feckle, Feckle, Feckle, Feckle...«

Und so ging es immer weiter. Aus fast allen Fenstern ringsum starrten Leute herab. Die Stimme war nicht nur laut, sie war ohrenbetäubend.

Burckhardt mußte seine Frau anschreien, um den Lärm zu übertönen. »Was ist denn ein Feckle-Kühlschrank, zum Teufel?«

»Ich nehme an, irgendein Kühlschrank, Liebling!« brüllte sie zurück, womit ihm auch nicht geholfen war.

Plötzlich verstummte die schreckliche Stimme, und der Laster stand ganz still da. Es war ein nebliger Morgen. Die Sonnenstrahlen schienen horizontal über die Dächer. Es war unvorstellbar, daß noch vor wenigen Sekunden der Name eines Kühlschranks von den friedlichen Hauswänden widergehallt war.

»Ein verrückter Werbegag«, sagte Burckhardt verbittert. Gähnend wandte er sich vom Fenster ab. »Ich werde mich mal anziehen. Wahrscheinlich ist der Zirkus jetzt vorbei.«

Das Gebrüll erwischte ihn von hinten. Es war fast so, als hätte ihm jemand einen kräftigen Schlag auf die Ohren versetzt. Eine heisere spöttische Stimme, lauter als die Trompete des Erzengels, begann zu heulen:

»Haben Sie einen Kühlschrank? Der stinkt!

Wenn es kein Feckle-Kühlschrank ist, stinkt er!

Wenn es ein Feckle-Kühlschrank vom letzten Jahr ist, stinkt er!

Nur die Feckle-Kühlschränke aus diesem Jahr sind wirklich gut!

Kennen Sie jemanden, der einen Aja-Kühlschrank hat?

Schwule haben Aja-Kühlschränke!

Kennen Sie jemanden, der einen Triplecold-Kühlschrank hat?

Kommunisten haben Triplecold-Kühlschränke!

Jeder Kühlschrank stinkt -wenn er kein brandneuer Feckle-Kühlschrank ist.«

Die Stimme schrie immer lauter vor Zorn und überschlug sich beinahe.

»Ich warne Sie!

Laufen Sie los und kaufen Sie sofort einen Feckle-Kühlschrank!

Beeilen Sie sich!

Kaufen Sie einen Feckle!

Schnell, schnell, schnell!

Feckle, Feckle, Feckle, Feckle, Feckle, Feckle.«

Dann verstummte die Stimme, Burckhardt fuhr sich mit der Zungenspitze über die Lippen und begann gerade zu seiner Frau zu sagen: »Vielleicht sollten wir die Polizei anrufen.«, als die Stimme wieder losbrüllte:

»Feckle, Feckle, Feckle, Feckle, Feckle,

Feckle. Feckle, Feckle, Feckle!

Billige Kühlschränke ruinieren Ihre Lebensmittel!

Sie werden krank und müssen sich übergeben,

Sie werden krank und müssen sterben!

Kaufen Sie einen Feckle, Feckle, Feckle, Feckle!

Haben Sie schon mal ein Stück Fleisch aus ihrem alten Kühlschrank genommen und gesehen, wie häßlich und verfault es ist?

Kaufen Sie einen Feckle, Feckle, Feckle, Feckle, Feckle! Wollen Sie stinkendes, faules Fleisch essen?

Oder wollen Sie klug sein und einen Feckle, Feckle, Feckle kaufen?«

Das reichte. Mit zitternden Fingern, die immer wieder auf die falschen Tasten drückten, gelang es Burckhardt schließlich, die Nummer der lokalen Polizeistation zu wählen. Das Besetztzeichen ertönte - offenbar war er nicht er einzige, der diese Idee hatte. Und während er bebend ein zweitesmal wählte, verstummte der Lärm. Er ging zum Fenster. Der Laster war verschwunden.

Burckhardt lockerte seine Krawatte und bestellte noch einen Frosty-Flip. Wenn es im Crystal Cafe nur nicht so heiß wäre. Die neu gestrichenen Wände - grelles Rot und blendendes Gelb -waren schon schlimm genug, und jetzt litt offenbar irgend jemand unter dem Wahn, daß Januar war und nicht Juni. Hier drin war es um mindestens zehn Grad wärmer als draußen.

Mit zwei Schlucken leerte er sein Glas. Der Frosty-Flip schmeckt irgendwie komisch, dachte er, aber nicht schlecht. Jedenfalls war das Getränk erfrischend, genauso, wie es der Kellner versprochen hatte. Er beschloß, einen Kasten davon mitzunehmen. Mary würde sich sicher darüber freuen. Sie interessierte sich für alle neuen Artikel, die auf den Markt kamen.

Verlegen stand er auf, als das Mädchen quer durch das Lokal auf ihn zukam. Sie war das schönste Geschöpf, das er je in Tylerton gesehen hatte. Sie ging ihm ungefähr bis ans Kinn, hatte honigblondes Haar und eine Figur, die nichts zu wünschen übrig ließ. Es gab gar keinen Zweifel, daß sie außer dem Kleid, das sich eng an ihren Körper schmiegte, nichts trug. Als sie ihn begrüßte, spürte er, wie ihm das Blut in den Kopf stieg.

»Mr. Burckhardt!« Die Stimme klang wie ein ferner Gong. »Es ist wunderbar, daß Sie sich mit mir treffen - nach dem heutigen Morgen.«

Er räusperte sich. »Es ist mir ein Vergnügen. Wollen Sie sich nicht setzen, Miß.«

»April Horn«, murmelte sie und nahm Platz - neben ihm, nicht auf dem Stuhl gegenüber, auf den er gezeigt hatte. »Nennen Sie mich doch April!«

Sie benutzte ein tolles Parfüm, wie Burckhardt feststellte - mit dem kleinen Teil seines Gehirns, der noch funktionierte. Es erschien ihm nicht fair, daß sie sich zu allem Überfluß auch noch parfümiert hatte. Dann zuckte er zusammen, und es wurde ihm bewußt, daß der Kellner soeben davongegangen war, nachdem April zwei Filets Mignon bestellt hatte.

»He!« protestierte er.

»Bitte, Mr. Burckhardt.« Ihre Schulter rieb sich an der seinen, ihr Gesicht war ihm zugewandt, ihr Atem war warm, der Ausdruck ihrer Augen zärtlich und besorgt. »Das geht doch alles auf Kosten der Feckle Corporation. Lassen Sie die Leute gewähren. Das ist das mindeste, was sie tun können.«

Er spürte ihre Hand in seiner Hosentasche.

»Ich habe Ihnen das Geld für das Essen hineingesteckt«, wisperte sie im Verschwörerton. »Bitte, erledigen Sie das für mich, ja? Ich meine - ich würde es begrüßen, wenn Sie die Rechnung begleichen. In solchen Dingen bin ich ziemlich altmodisch.«

Sie lächelte schmelzend, dann wurde sie geschäftsmäßig, wobei es spöttisch in ihren Augen funkelte.

»Sie müssen das Geld nehmen«, beharrte sie. »Wenn Sie es nicht tun, würden Sie es Feckle viel zu leicht machen. Sie könnten die Leute verklagen und ihnen den letzten Cent abnehmen, nachdem sie Ihre Nachtruhe so grausam gestört haben.«

Er fühlte sich leicht betäubt, als hätte er soeben beobachtet, wie ein Kaninchen in einem Zylinder verschwand. »So schlimm war es ja auch wieder nicht - eh - April. Das bißchen Lärm.«