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»Geht nicht«, sagte ich.

»Bitte, Tatankasa!«

»Ich bin Sklave«, sagte ich. »Ich muß Cuwignaka begleiten.«

»Ja«, sagte dieser nachdrücklich.

Ich eilte hinter Cuwignaka her, der sich nun beinahe im Laufschritt zwischen den Fellhütten fortbewegte.

Ein gezähmter Sleen fauchte mich an, und ich machte einen großen Bogen.

»Dort!« rief Cuwignaka. »Siehst du sie?«

»Das sind die Isanna?« fragte ich.

»Ja!«

Die Isanna, die Kleine-Messer-Bande des Kaiila-Stammes, kamen aus den Gebieten um den Ratsfelsen im Norden der nördlichen Gabelung des Kaiila-Flusses, westlich des Schlangen-Flusses, eines Nebenflusses des Nördlichen Kaiila. Die verschiedenen Banden des Kaiila-Stammes verteilen sich im Normalfall etwa so: Zunächst muß man sich vergegenwärtigen, daß es den Kaiila-Fluß gibt, der ungefähr nach Südwesten fließt. An einer Stelle mitten im Gebiet des Kaiila-Stammes gabelt sich dieser Strom in zwei Läufe, die als Nördlicher und Südlicher Kaiila gelten. Der Schlangen-Fluß, beinahe südlich strömend, mündet in den Nördlichen Kaiila. Das Land der Napoktan, der Armband-Bande der Kaiila, erstreckt sich östlich des Schlangen-Flusses und nördlich des Nördlichen Kaiila und des großen Kaiila. Die Wishmahi, die Pfeilspitzen-Bande des Stammes, hält die nördlich gelegenen Territorien innerhalb und ein Stück südlich der Kaiila-Gabelung. Die Isbu bewegen sich in den weiter südlich gelegenen Zonen zwischen dem Nord- und dem Südzweig des Kaiila-Wasserlaufs. Die Ländereien der Sandbande der Kaiila, der Casmu, schließen sich im Westen an die der Isanna an und im Nordwesten an die Gebiete der Isbu, oberhalb des Nördlichen Kaiila-Flusses. Nicht bekannt ist, ob der Fluß seinen Namen von den roten Wilden herleitet, durch dessen Gebiete er strömt, oder ob der Stamm sich nach dem Fluß benannt hat. Nach den Stammesgeschichten, die ich gehört habe, kann ich nur vermuten, daß die ersten Wilden in diesem Gebiet große Herden wilder Kaiila vorfanden. Wahrscheinlich wegen der Wirkung der Medizin nahmen sie dann den Namen Kaiila an.

»Ein großartiger Anblick!« sagte Cuwignaka.

»Ja«, stimmte ich ihm zu.

Die Gruppe der Isanna-Kaiila umfaßt sieben- bis achthundert Menschen, die jetzt aus östlicher Richtung in das Lager einmarschierten, in langen Reihen und prächtig herausgeputzt. Die Casmu, die Wismahi und die Napoktan hatten sich den Isbu zur großen Sommerversammlung bereits angeschlossen. Die Casmu zählten etwa eintausend, die Wismahi, eine der kleineren Banden, fünf- bis sechshundert. Die Isbu stellten mit etwa siebzehnhundert Mitgliedern die größte Gruppe. Die Napoktan, die erst gestern im Lager eingetroffen waren, bildeten die kleinste Bande des Kaiila-Stammes: etwa vierhundert Männer und Frauen. Die Banden unterteilen sich in ihren Territorien oft in einzelne Dörfer oder Lager mit Gruppierungen von selten mehr als zwei- oder dreihundert Individuen, die meistens von einem Unterhäuptling befehligt werden. Manchmal setzt sich ein solches Lager nur aus sieben oder acht Familien zusammen.

»Prächtig! Prächtig!« rief Cuwignaka.

Zu dritt und viert nebeneinander, angeführt vom Zivilhäuptling Watonka, Mann-der-reich-ist, und den dazugehörigen Unterhäuptlingen und Hohenkriegern, zogen die Isanna in das Isbu-Lager ein. In verzierten Behältnissen trugen sie gefiederte Lanzen und Kriegsschilde und Medizinschilde. Sie waren mit Bögen und Köchern behängt. Sie hatten sich bunt bemalt und ihren Feststaat angelegt. Das Haar war mit Federn verziert, von denen jede nach den Überlieferungen der Kaiila eine bestimmte Bedeutung hatte und von Taten und Ehren kündete. Halsbänder und primitive Armbänder funkelten in der Sonne. Hochgewölbte Sättel mit breiten Knäufen schimmerten poliert. Münzen und Perlen hingen an Zügeln. Kampfzeichen und Glückssymbole waren den Tieren auf Flanken und Vorderbeine gemalt worden, in den geflochtenen seidenweichen Mähnen steckten Bänder und Federn. Es nahmen auch Frauen an der barbarischen Prozession teil – in Hemdkleidern und knielangen Hosen, geschmückt mit Perlenketten, Armbändern, bunten Decken und Umhängen, auf dem Rücken von Kaiila sitzend wie rote Krieger.

Etliche Frauen ritten Tiere, an denen Transportgestelle befestigt waren. Andere hatten an ihren Sattelknäufen Wiegen festgezurrt: ein Holzgestell, in dem das Kind mit verschnürten Lederbahnen festgehalten wird. Der Holzrahmen einer solchen Krippe ragte an der Kopfseite in Form zweier Spitzen ein gutes Stück über den Rahmen. Dadurch soll der Kopf des Kindes geschützt werden, sollte die Wiege sich einmal vom Rücken einer galoppierenden Kaiila lösen. In einem solchen Fall bohrt sich eine Windel oft umgekehrt in den Boden. Das Kind, gut festgeschnallt, kommt dabei meist unverletzt davon.

Ältere Kinder reiten oft auf Häuten, die zwischen den Stangen von Transportgestellen gespannt sind. Manchmal werden sie auch von Vater oder Mutter vorn im Sattel mitgenommen. Wenn ein Kind etwa sechs Jahre alt ist und die Familie es sich leisten kann, erhält es meistens seine eigene Kaiila. Die roten Wilden, ganz besonders die Jungen, sind meistens schon mit sieben Jahren erfahrene Reiter. Das sattellose Reiten ist übrigens vor allem beim Kampf und während der Jagd üblich. Beim Tauschhandel und bei Besuchsritten werden interessanterweise Sättel benutzt, vermutlich weil sie sich hübsch verzieren lassen und ein Mittel vorteilhafter Präsentation sind. Auch kann man am Sattelknopf so allerlei befestigen – von Proviant bis hin zu Tauschgütern.

In der prächtigen Prozession bemerkte ich zahlreiche Kinder auf eigenen Kaiila oder auf Transportgestellen; sie waren ebenfalls prächtig aufgemacht, Miniaturausgaben der Erwachsenen. Fröhlich und stolz oder verwundert verfolgten sie die Ereignisse.

»Sie bringen ihre Habe mit«, stellte ich fest. Die Transportgestelle waren schwer beladen mit Bündeln und Zeltfellen und Stangen. Auch die Gestellstangen würden später, wenn alles abgeladen und abgeschirrt war, beim Bau der Unterkünfte Verwendung finden.

»So reisen unsere Völker«, stellte Cuwignaka fest. Nichts wurde zurückgelassen; nur gelegentlich lagerte man Dinge in Verstecken ein.

Neben den Tieren etlicher Krieger gingen unbekleidete weiße Frauen, die perlenbesetzte Halskragen trugen. Sie waren der Besitz ihrer roten Herren.

»Die weißen Frauen dort sind vorwiegend blond«, sagte ich zu Cuwignaka.

»Ja«, erwiderte er. »Sie werden uns vorgeführt.«

Ich nickte. Blondes Haar war im Ödland sehr selten. Die Sklavinnen begriffen sehr wohl, daß sie als Schaustücke für den Reichtum der Isanna galten, wie auch die Silberwimpel in den Kaiilamähnen, die Münzen an den Zügeln, die goldbesetzten Sättel.

»Die anderen Sklavinnen werden bei den Kaiila gehalten, wie eine kleine Herde, bewacht von Knaben.«

Eine Blonde kam an mir vorbei, weinend, halb stolpernd, halb gezerrt. Ihr Alter schätzte ich auf siebzehn. Ihre Fessel endete in der Faust eines roten Wilden, der selbst kaum mehr als achtzehn Jahre alt sein konnte. Er trieb seine Kaiila zu größerer Eile an, vermutlich um einen vorgesehenen Platz in der Prozession zu erreichen; dabei ging er mit seinem hübschen Besitz nicht rücksichtsvoll um. Die Sklavin weinte. Sie schien ihren Kragen noch nicht lange zu tragen. Vielleicht war sie eine Überlebende des Wagenzuges, der vor einigen Tagen überfallen worden war.

»Mahpiyasapa wird jetzt Watonka begrüßen«, sagte Cuwignaka. »Wir wollen uns beeilen, damit wir alles sehen.«

Obwohl ich das nicht unbedingt für eine gute Idee hielt, begleitete ich Cuwignaka. Er war so jung, so überschäumend in seiner Lebensfreude, so froh, wieder bei seinem Volk, den Isbu, zu sein, daß er wohl keinen Gedanken an die Frage verschwendete, ob man ihn bei einem solchen Zusammentreffen überhaupt dabei haben wollte, und sei es nur als Zuschauer.

Mahpiyasapa, Schwarze Wolke, ging Watonka, Mannder-reich-ist, zu Fuß entgegen und hieß ihn im Isbu-Lager willkommen. Nachdem ihm diese Ehre widerfahren war, stieg Watonka ab. Beide Männer umarmten sich. Sie waren von Medizinleuten und Hohenkriegern umgeben. Mahpiyasapa war von seinem Sohn Hci und Angehörigen der Sleensoldaten begleitet. Canka und etliche Kampfgefährten waren ebenfalls zur Stelle. Häuptlinge und Abgesandte der Casmu, Napoktan und Wismahi nahmen an der Feier teil. Unter ihnen bemerkte ich Kahintokapa, Mann-der-vorausgeht, von den Casmu und zwei weitere Mitglieder der berühmten Gelben Kaiila-Reiter.