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»Mir?« fragte Skar überrascht.

Arsan nickte. »Du bist ein Satai, Skar. Ihr Stolz hätte es nicht zugelassen, einer Herausforderung auszuweichen, der du dich gestellt hast. Sie ist mitgekommen, um dabei zu sein, wenn du verlierst. Sie will deine Niederlage sehen, nicht ihren Sieg. Sie haßt dich, Skar.« Skar verbiß sich die Antwort, die ihm auf der Zunge lang. Arsan war der Wahrheit näher, als er vielleicht selbst glaubte.

»Und du haßt sie«, fuhr Arsan fort. »Ich weiß nicht warum, aber nur einer von euch beiden wird nach Ikne zurückkehren.«

Skar lachte, aber es klang unecht und bestätigte Arsans Behauptung noch. »Du glaubst, ich würde sie umbringen?« fragte er. »Du wirst sie töten, wenn nicht einer von euch beiden in Combat umkommt, Skar. Du wirst sie töten oder von ihr getötet werden. Gowenna ist von allen die, die am leichtesten zu durchschauen ist. Sie haßt die Männer, und sie haßt dich, weil du all das symbolisierst, was in ihren Augen einen Mann ausmacht. Mut, Kraft, Stärke ...« Skar unterbrach ihn, bevor er weitere Superlative aufzählen konnte. »Ich glaube, du unterschätzt Gowenna«, sagte er. »Sie kann nicht nur mit der Klinge umgehen. Sie ist...«

»Intelligent, ich weiß«, sagte Arsan. »Und sie weiß im Grunde ganz genau, daß sie im Unrecht ist. Kraft und die Fähigkeit, ein Schwert zu führen, machen noch lange keinen Mann. Trotzdem - ist es genau das, was sie sein möchte. Und gerade weil sie es weiß, haßt sie dich um so mehr. Sie wird dich fordern, Skar. Und sie wird es in dem Moment tun, in dem sie sich dir überlegen glaubt. Nimm dich in acht vor ihr.«

»Sprich weiter«, sagte Skar, als Arsan abbrach.

»Es gibt nichts mehr zu sagen. Es gibt nur noch die Sumpfleute, uns zwei und Tantor.« Arsan machte eine wegwerfende Handbewegung. »Es lohnt nicht, über den Zwerg ein Wort zu verlieren. Du weißt so gut wie ich, was von ihm zu halten ist. Er ist Velas Auge und Arm. Und wer hat je gewußt, was hinter der Stirn eines Sumpfmannes vorgeht?«

»Und ich?«

Arsan lächelte erneut. »Das solltest du besser wissen als ich, Skar.«

»Vielleicht. Aber vielleicht will ich es auch nicht wissen.«

»Und du verlangst von mir, daß ich einem Mann sage, wovor er bis ans Ende der Welt geflohen ist?«

»Wer sagt dir, daß ich vor irgend etwas fliehe? Vielleicht ist es genau umgekehrt, und vielleicht ist es wirklich Zufall, daß ich hier bin. Vielleicht gibt es keinen Grund für mein Hiersein, und es wäre das Vernünftigste, wenn ich ein paar hundert Meilen entfernt wäre.«

»Das wäre es sicher«, nickte Arsan. »Aber das gilt für jeden von uns. Ich weiß nicht, warum du mitgekommen bist, Skar. Ich weiß manchmal, wie du reagieren wirst, doch warum du es tust, weiß ich nicht. Es ... paßt nicht zu dir.«

Es hätte viel gegeben, was Skar hätte antworten können, aber irgend etwas hielt ihn immer noch davon ab, Arsan völlig zu vertrauen. Es war kein Mißtrauen. Arsans Offenheit war echt, nicht gespielt, und die Art des Kohoners, so vorbehaltlos ehrlich und frei zu reden, war wohl nichts anderes als eine wortlose Bitte um Hilfe. Aber er brachte es nicht fertig, das Vertrauen des Kohoners auf die gleiche Weise zu erwidern. Noch nicht. Vielleicht später, wenn sie dann noch lebten, wenn irgendeiner von ihnen dann noch lebte, wenn er überhaupt noch einmal fähig sein würde, einem fremden Menschen zu vertrauen. Er hatte manchmal das Gefühl, daß Vela mehr verletzt hatte als seinen Stolz.

»Du hast recht«, sagte er schließlich. »Es paßt nicht zu mir.« Er spürte, daß Arsan auf mehr wartete, daß er eine Erklärung, vielleicht auch nur ein zaghaftes Wort der Freundschaft, ein Lächeln erwartete, aber er sagte nichts dergleichen, sondern wandte sich mit einem entschlossenen Blick um und ging zu seinem Pferd zurück. Eine Weile konnte er sich damit beschäftigen, seine Sachen zusammenzusuchen und das Pferd zu satteln, und darauf konzentrierte er sich auch mit schon fast wütender Energie, froh, eine Aufgabe zu haben, die, wenn schon nicht seine Gedanken, so doch wenigstens seine Hände beschäftigte.

Das Tier war nervös und scheute immer wieder, als er versuchte, ihm den Sattel aufzulegen. Das Fell war von den hartgefrorenen Lederriemen zerrissen und entzündet; der Gaul mußte starke Schmerzen haben. Es bedurfte Skars ganzer Überredungskunst und Geduld, ihm Sattel und Packtaschen aufzulegen, und Skar war schließlich der letzte, der mit seinem Pferd am Zügel durch das Tal und auf den Höhleneingang zuschritt. Die anderen hatten sich bereits vor dem gezackten Schlund versammelt und warteten auf ihn, aber niemand äußerte ein Wort der Ungeduld. Überhaupt fiel Skar das unnatürliche, angespannte Schweigen auf, dessen sich die kleine Schar befleißigte. Selbst die drei Sumpfleute, die kaum mehr als zehn zusammenhängende Sätze gesprochen hatten, seit sie aus Ikne aufgebrochen waren, wirkten noch stiller. Ihre Kleider waren jetzt weiß, und ihre Gesichter und Hände hatten einen grauen, von fahlen weißen und braunen Streifen durchzogenen Farbton angenommen, der sie nahezu unsichtbar werden ließ. Wie immer, wenn Skar die drei Chamäleonmänner sah, überlief ihn ein sanfter Schauer. Es war etwas Unnatürliches an diesen Menschen, etwas, das auf seine Art noch fremder und erschreckender auf Skar wirkte als Tantors Zaubereien.

Sie alle wirkten nervös, nervös auf jene schwer zu beschreibende Art, die gleichzeitig mit Furcht und Erleichterung gepaart war: Furcht, vor dem, was sie erwarten mochte, aber auch Erleichterung, daß die Qualen so oder so bald ein Ende hatten, wobei es vielleicht nicht einmal die körperlichen Strapazen waren, die an ihren Kräften gezehrt hatten. Vielmehr war es das Warten selbst gewesen, die Ungewißheit. Skar kannte das Gefühl zur Genüge - er hatte es unzählige Male gespürt, vor jeder Schlacht, in die er gezogen war, vor jedem Kampf, den er ausgefochten hatte. Die Schrecken, die das Unbekannte barg, waren meist schlimmer als die Realität. Obwohl keiner von ihnen wußte, ob er am nächsten Morgen noch am Leben sein würde, waren sie doch alle insgeheim froh, daß die Zeit des Wartens vorüber war.

Sie drangen ohne ein weiteres Wort in die Höhle ein. Vor dem Eingang lag Schutt; Fels, der von eindringendem und gefrierendem Wasser gesprengt worden war und eine schräge, selbst für die Pferde leicht zu ersteigende Rampe bildete, die sich auf der anderen Seite fortsetzte und sie wieder sicher auf den Höhlenboden zurückbrachte. Skar dachte daran, was Velas Karten über diese Höhle sagten: ein hoher, domartig gewölbter Saal, von dem drei halbrunde Stollen tiefer in den Berg hineinführten. Nur einer von ihnen führte zum Ziel. Die beiden anderen führten tiefer in den Berg hinein und endeten in einem unerforschten, tödlichen Labyrinth, aus dem noch niemand wieder herausgekommen war. Wie die Höhle selbst waren auch die Stollen künstlicher Natur; ein Teil jener gewaltigen unterirdischen Anlage, in der die Bewohner Combats Schutz vor dem Zorn der Götter gesucht hatten. Es hatte ihnen nichts genutzt. Die wenigen, die den Untergang der Stadt überstanden hatten, waren hier unten gestorben, verhungert, verdurstet, verbrannt vom Atem der Götter, der sie selbst hier unten erreicht hatte.

Skar schob den Gedanken verärgert beiseite. Das alles war, wenn es überhaupt jemals so geschehen war, Jahrtausende und vielleicht noch länger her. Jetzt war diese Höhle nichts als ein gewaltiges Loch dicht unter dem Gipfel des letzten Berges, der sie noch von ihrem Ziel trennte. Der Stollen war nicht lang, wenig mehr als eine halbe Meile, und es gab hier nichts, was ihnen wirklich gefährlich werden konnte. Nichts außer den Schrecken, die in ihnen selbst lauerten.