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«Wasser! Wasser!«rief d'Artagnan,»Wasser!«

«O! arme Frau, arme Frau, «murmelte Athos mit gebrochener Stimme.

Madame Bonacieux öffnete die Augen wieder unter d'Artagnans Küssen.

«Sie kommt zu sich!«rief der junge Mann.»Oh! mein Gott, mein Gott, ich danke Dir!«

«Madame, «sprach Athos,»Madame, im Namen des Himmels! wem gehört dieses leere Glas?«

«Mir, Herr, «antwortete die junge Frau mit sterbender Stimme.

«Doch wer hat den Wein eingeschenkt, der in diesem Glase war?«

«Sie

«Aber welche sie denn?«

«Ah, ich erinnere mich, «erwiderte Madame Bonacieux,»die Gräfin Winter.«

Die vier Freunde stießen einen einzigen, gleichzeitigen Schrei aus; aber die Stimme von Athos beherrschte die andern.

In diesem Augenblick wurde das Antlitz von Madame Bonacieux leichenblaß. Ein dumpfer Schmerz warf sie nieder. Sie fiel keuchend in die Arme von Porthos und Aramis.

D'Artagnan ergriff die Hände von Athos mit einer unbegreiflichen Seelenangst.

«Wie!«sagte er,»Du glaubst?«

Seine Stimme erlosch unter gewaltigem Schluchzen.

«Ich glaube Alles, «antwortete Athos, und biß sich in die Lippen, daß das Blut hervorquoll.

«D'Artagnan! d'Artagnan!«rief Madame Bonacieux,»wo bist Du? Verlaß mich nicht, Du siehst, daß ich sterbe.«

D'Artagnan ließ die Hände von Athos los, die er in seinen krampfhaft zusammengepreßten Fäusten hielt.

Ihr so schönes Gesicht war völlig verstört, ihre glasigen Augen hatten bereits keinen Blick mehr, ein krampfhaftes Zittern schüttelte ihren ganzen Leib und der Schweiß floß in Strömen von der Stirne herab.

«Ums Himmels willen lauft, ruft. Porthos, Aramis, fordert Hülfe!«

«Vergeblich, «sprach Athos,»vergeblich! Für ein Gift, das sie einflößt, gibt es kein Gegengift!«

«Ja, ja. Hülfe! Hülfe!«murmelte Madame Bonacieux,»zu Hülfe!«

Dann raffte sie alle ihre Kräfte zusammen, nahm den Kopf des jungen Mannes zwischen ihre zwei Hände, schaute ihn eine Sekunde an, als ob ihre ganze Seele in ihren Blick übergegangen wäre, und drückte mit einem jammervollen Schrei ihre Lippen auf die seinigen.

«Constance! Constance!«rief d'Artagnan.

Ein Seufzer drang aus dem Munde von Madame Bonacieux hervor, der d'Artagnans Lippen berührte. Dieser Seufzer war die so keusche, so liebevolle Seele, welche zum Himmel aufstieg.

D'Artagnan hielt nur noch eine Leiche in seinen Armen.

Der junge Mann stieß einen Schrei aus und stürzte neben seine Geliebte, so bleich, so starr wie sie, nieder.

Porthos weinte. Athos streckte die Faust zum Himmel empor. Aramis machte das Zeichen des Kreuzes.

In diesem Augenblick erschien ein Mann an der Thüre, beinahe so bleich wie diejenigen, welche sich im Zimmer befanden. Er schaute um sich her, sah Madame Bonacieux tot und d'Artagnan in Ohnmacht.

Er erschien gerade in jenem Augenblick der Erstarrung, welche stets auf große Katastrophen folgt.

«Ich hatte mich nicht getäuscht, «sagte er,»hier ist Herr d'Artagnan und Ihr seid seine drei Freunde, die Herren Athos, Porthos und Aramis.«

Die Männer, deren Namen genannt worden waren, schauten den Fremden mit Erstaunen an. Es kam ihnen Allen vor, als müßten sie ihn kennen.

«Meine Herren, «versetzte der Fremde,»Ihr sucht Alle, wie ich, eine Frau auf, die, «fügte er mit einem furchtbaren Lächeln bei,»hier durchgekommen sein muß, denn ich sehe dort eine Leiche.«

Die drei Freunde blieben stumm: nun erinnerte sie die Stimme, wie zuvor das Gesicht an einen Mann, den sie bereits gesehen hatten; aber sie konnten sich nicht entsinnen, unter welchen Umständen.

«Meine Herren, «fuhr der Fremde fort,»da Ihr mich nicht als einen Mann wiedererkennen wollt, der Euch ohne Zweifel das Leben zu verdanken hat, so muß ich mich wohl nennen: ich bin Lord Winter, der Schwager jener Frau.«

Die drei Freunde gaben einen Schrei des Staunens von sich.

Athos stand auf, reichte ihm die Hand und sprach:

«Seid willkommen, Mylord, Ihr gehört zu uns.«

«Ich reiste fünf Stunden nach ihr von Portsmouth ab, «sprach Lord Winter;»ich kam drei Stunden nach ihr in Boulogne an, ich verfehlte sie um zwanzig Minuten in Saint-Omer; endlich verlor ich in Lilliers ihre Spur. Ich überließ mich dem Zufalle, erkundigte mich nach Euch, als ich Euch im Galopp vorüberreiten sah. Ich erkannte Herrn d'Artagnan, rief Euch, aber Ihr antwortetet mir nicht. Ich wollte Euch folgen, doch mein Pferd war zu müde, um mit den Eurigen gleichen Schritt halten zu können, und dennoch scheint es, Ihr seid bei allein Eurem Eifer zu spät gekommen.«

«Ihr seht es, «sprach Athos und zeigte Lord Winter die tote Madame Bonacieux und d'Artagnan, den Porthos und Aramis in das Leben zurückzurufen suchten.

«Sind alle Beide tot?«fragte Lord Winter kalt.

«Zum Glücke, nein, «antwortete Athos,»d'Artagnan ist nur ohnmächtig.«

«Desto besser!«sprach Lord Winter.

D'Artagnan öffnete in diesem Momente die Augen wieder. Er entriß sich den Armen von Porthos und Aramis und warf sich wie ein Wahnsinniger auf die Leiche seiner Geliebten.

Athos stand auf, ging mit langsamem, feierlichem Schritt auf seinen Freund zu und sagte, als dieser in ein Schluchzen ausbrach, mit seiner so edlen, so überzeugenden Stimme:

«Freund! sei ein Mann, die Weiber beweinen die Toten, die Männer rächen sie!«

«Oh! ja, «sprach d'Artagnan,»ja, wenn es geschehen soll, um sie zu rächen, so bin ich bereit, Dir zu folgen.«

Athos genützte diesen Augenblick der Kraft, welche die Hoffnung auf Rache seinem unglücklichen Freunde wieder verlieh, und machte Porthos und Aramis ein Zeichen, die Aebtissin zu holen.

Die Freunde trafen sie in der Flur völlig verwirrt von so vielen Ereignissen. Sie rief einige Nonnen, welche gegen alle klösterliche Gebräuche vor den fünf Männern erschienen.

«Madame, «sagte Athos, indem er d'Artagnan beim Arme nahm,»wir überlassen Eurer frommen Sorge den Leib dieser unglücklichen Frau. Sie war ein Engel auf Erden, ehe sie ein Engel im Himmel wurde. Behandelt sie wie eine von Euern Schwestern, wir werden eines Tages wiederkehren, um auf ihrem Grabe zu beten.«

D'Artagnan verbarg sein Antlitz an der Brust seines Freundes und brach abermals in ein Schluchzen aus.

«Weine, «sagte Athos,»weine, Herz voll Liebe, Jugend und Leben! Ach, ich wünschte wohl auch wie Du weinen zu können.«

Und er zog seinen Freund fort, zärtlich wie ein Vater, tröstend wie ein Priester, groß wie der Mann, der viel gelitten hat.

Alle fünf begaben sich nun, von ihren Bedienten gefolgt, die ihre Pferde am Zügel führten, nach der Stadt Bethune, und hielten vor der ersten Herberge an, die sie erblickten.

«Aber verfolgen wir denn diese Frau nicht?«fragte d'Artagnan.

«Später, «antwortete Athos,»ich habe Maßregeln zu nehmen.«

«Sie wird uns entkommen, «entgegnete der junge Mann,»sie wird uns entkommen, Athos, und das ist Deine Schuld.«

«Ich stehe für sie, «sprach Athos.

D'Artagnan hatte ein solches Zutrauen zu dem Worte seines Freundes, daß er das Haupt neigte und ohne eine weitere Silbe in die Herberge eintrat.

Porthos und Aramis schauten sich an und konnten die Sicherheit von Athos nicht begreifen.

Lord Winter glaubte, er spreche so, um d'Artagnans Schmerz zu betäuben.

«Nun, meine Herren, «sagte Athos, nachdem er sich überzeugt hatte, daß fünf Zimmer im Hause frei waren,»nun wollen wir uns jeder in sein Zimmer zurückziehen. Für d'Artagnan ist es Bedürfniß, allein zu weinen, und für Euch, zu schlafen. Ich übernehme Alles, seid unbesorgt.«

«Es scheint mir jedoch, «erwiderte Lord Winter,»daß es mich angeht, wenn Maßregeln gegen die Gräfin zu nehmen sind, denn es ist meine Schwägerin.«