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»Das ist Leleo. Er ist Beschützer aller Seelen von Arwaroch. Hat man dir schon einen Seelenbeschützer geschenkt, Melifaro?«

»Einen Seelenbeschützer? Der hat mir noch gefehlt!«

»Nicht frech werden!«, rief Melamori herrisch.

»Das ist eiserne Logik«, rief Sir Kofa belustigt. »Darf ich deinen Leleo kennen lernen?«

»Warum nicht.«

Von der Straße hörte ich die monotonen Schritte der hundert Soldaten, mit denen Alotho Echo verlassen wollte.

»Keine Sorge, die bleiben draußen«, erklärte Melamori. »Alotho sieht seine Soldaten vor allem als Schmuckstücke, und wenn er ein wichtiges Treffen hat, lässt er sich von ihnen eskortieren.«

»Und als ihr beide euch getroffen habt? Waren sie da auch dabei?«, fragte Melifaro listig.

»Zum Glück nicht. Vielleicht ist das Treffen mit einer Dame für ihn kein so wichtiges Ereignis.«

Alotho Aliroch kam in Gesellschaft nur eines Soldaten zu uns. Er war sehr jung, aber ebenso hübsch wie seine Kameraden und so groß wie ich, also gar nicht klein, doch im Vergleich zu seinen Genossen natürlich winzig.

»Das ist Thota, mein Schamane«, sagte Alotho feierlich und wirkte dabei sehr aufgeregt. »Er ist einer der besten Vermittler zwischen mir und unseren Göttern.«

»Wir freuen uns sehr auf dieses ungewöhnliche Treffen«, sagte Sir Juffin, und seine blauen Augen blinzelten neugierig.

»Die Götter haben uns erlaubt, euch unsere Waffen zu schenken«, sagte der Schamane. »Unser erstes Geschenk ist für Euch, Sir«, sagte er und verbeugte sich vor Juffin.

Alotho nahm seine große Machete vom Gürtel und schenkte sie meinem Chef. Der wirkte sehr zufrieden.

»Das zweite Geschenk ist für den, dem wir es zu verdanken haben, dass wir nicht auf unseren Anführer verzichten müssen«, sagte der Schamane und sah Melifaro an. Mein Kollege bekam die große Fliegenklatsche und wirkte ebenfalls sehr zufrieden.

Dann wandte sich der Schamane an Lonely-Lokley. »Unser Gott bedankt sich auch bei Euch, Sir, sagt aber nicht, wofür.«

»Schade«, antwortete Schürf ernst. »Ich wüsste gern, womit ich diese unerwartete Sympathiebekundung verdient habe.«

»Ihr bekommt keine Waffe, da Eure Handschuhe bereits sehr effektive Waffen sind. Doch ich habe eigens für Euch diesen Fisch gefangen«, sagte er und überreichte ihn meinem Kollegen.

»Das ist ja ein wunderbares Geschenk«, sagte Lonely-Lokley sichtlich gerührt.

Der Schamane verbeugte sich nun vor Sir Kofa und überreichte ihm ein Etui.

»Diese Reitpeitsche ist eine sehr gefährliche Waffe. Aber Ihr seid klug und wisst sicher, wie Ihr sie einsetzen müsst.«

»Vielen Dank«, sagte Kofa lächelnd. »Eine Reitpeitsche hab ich noch nie bekommen.«

»Und Ihr, gnädige Frau, bekommt etwas ganz Besonderes«, fuhr der Schamane fort. »Unser Gott hat uns wissen lassen, dass Ihr die Seelen der Arwarocher zu schützen vermögt. Ihr habt schon Leleo von uns bekommen. Er muss sich noch an Euch gewöhnen. Wenn er mit Euch zufrieden ist, wird er singen.«

»Und wann wird das sein?«, fragte Melamori. »Noch weint er die ganze Zeit und jammert nach Alotho.«

»Wenn ich nicht da bin, wird er singen«, versprach Alotho ihr. »Leleo macht immer alles zur rechten Zeit.«

»Das sagst du immer, aber ich hab den Eindruck, er möchte zu dir zurück.«

Der Schamane verbeugte sich nun vor Lukfi Penz. So respektvoll wie mit ihm hatte er nicht mal mit Sir Juffin gesprochen.

»Sir, Ihr seid es, der mit den Buriwuchen spricht. Seid Ihr bereit, unser Geschenk zu empfangen?«

»Sehr nett von Ihnen, meine Herren. Ich bin gespannt.«

»Kurz vor meiner Abreise nach Echo kam unser Herrscher zu mir und hat mir diesen Mantel gegeben«, sagte Alotho. »Er wird glücklich sein, wenn er erfährt, dass ihn jemand trägt, der mit den Buriwuchen spricht.«

Dann wandte sich der Schamane an mich.

»Unser Gott kennt Euch gut. Er hat mir viel von Euch erzählt, doch ich habe kaum etwas davon verstanden. Er sagte, Ihr habt alles und braucht kein Geschenk von uns.«

»Ihr seid aber nett zu meinem Kollegen«, unterbrach Melifaros amüsierte Stimme die feierliche Stille.

»Ich würde Euch gern einen meiner Schätze anvertrauen, Sir Max«, sagte Alotho feierlich. »Aber ich darf mich dem Willen unserer Götter nicht widersetzen.«

»Ihr habt mir schon einen Eurer Schätze gegeben - ich erinnere mich sehr gut an das Lied, das Ihr gesungen habt.«

»Wie schön, dass Ihr Euch an solche Details erinnert«, sagte Alotho, der meine Worte für ein Lob gehalten hatte.

Während wir Komplimente drechselten, wandte sich Melifaro an den Schamanen.

»Haben Eure Götter etwas dagegen, wenn ich Alotho ein Geschenk mache?«

»Ihr könnt tun, was Euch beliebt. Ihr habt die Ehre unseres Anführers gerettet - und die Ehre unseres Landes.«

Melifaro nickte zufrieden, griff in die Manteltasche und zog den Ring mit dem winzigen Rulen Bagdasys hervor. Jetzt wusste ich, was er vorhatte. Dieser wunderbare Mensch wollte die beiden Ursachen seiner Depression zusammenbringen und sehen, was passierte.

Juffin merkte, dass ich mich vor Lachen kaum beherrschen konnte, und meldete sich per Stummer Rede.

»Was ist los, Max?«

»Das soll Ihnen Melifaro erzählen. Jedenfalls besteht keine Gefahr für Alotho - Ehrenwort.«

»Ich wüsste gern, was für den eine Gefahr bedeuten würde«, bemerkte Juffin seufzend.

Melifaro hob zu einer feierlichen Erklärung an: »Das ist ein tolles Geschenk, Alotho. Ihr könnt den Ring in der Tasche oder am Finger tragen - das spielt keine Rolle. Und wenn Ihr mal sehr traurig seid, werft ihn auf den Boden und wartet ab, was passiert. Der Anblick wird Euch sicher erfreuen.«

»Vielen Dank. Ich hoffe, ich werde Euer Geschenk im richtigen Moment benutzen.«

Alotho steckte sich den Ring an die Rechte. Der kleine Rulen Bagdasys passte sehr gut zu seinem übrigen Schmuck.

»Ich muss jetzt gehen, meine Herren«, sagte Alotho dann und senkte den Kopf. »Je früher ich Eure Stadt verlasse, desto eher kehre ich zurück.«

»Ich begleite dich«, sagte Melamori.

»Nein, es ist kein gutes Zeichen, wenn ein Schiff die Anker lichtet und jemand am Ufer zurückbleibt.«

Als Alotho und seine Leute endlich abzogen, machte ich ein trauriges Gesicht.

»Ich hab als Einziger kein Geschenk bekommen«, meinte ich kapriziös. »Darunter leide ich wirklich sehr.«

»Dafür haben sie dir ein Kompliment gemacht, das ich nie bekommen habe«, meinte Juffin. Als er meinen erstaunten Blick bemerkte, fügte er hinzu: »Sie haben gesagt, du hast alles, was du brauchst.

»Ja und? Was soll das bedeuten?«

»Im Heiligen Buch von Arwaroch steht: >Menschen bleiben Menschen, solange ihnen etwas fehlt««, erklärte Lonely-Lokley.

»Sie haben dich also als Gott eingestuft«, sagte Juffin und lachte.

»Hoffentlich kommt der Schamane nicht jede Nacht zu mir, um Rat zu suchen«, meinte ich. »Woher kennst du eigentlich das Heilige Buch von Arwaroch, Schürf?«

»Meine große Bibliothek enthält auch ein paar seltene Ausgaben. Unter anderem besitze ich eins von etwa fünfzehn erhaltenen Exemplaren dieses Buchs.«

Melifaro erzählte Juffin unterdessen alles über Rulen Bagdasys.

»Zuerst war ich auf die beiden stinksauer: auf den Mann aus Isamon und den aus Arwaroch. Dann hab ich mich an sie gewöhnt und sie sogar gemocht. Irgendwann wollte ich Rulen befreien, aber schließlich hab ich mich entschieden, Alotho den Ring zu schenken. Wer könnte seine Stimmung besser heben als Rulen mit seinen dummen Witzen.«

Sir Juffin sah nun wirklich glücklich aus.

»Max«, begann er belustigt, »da du König und Gott bist, sollte ich dich vielleicht fragen, ob ich nach Hause gehen darf. Ich möchte mich erholen - schlafen und lesen und so.«

Ich schwieg, weil ich nicht wusste, was ich sagen sollte.

»Na, meine Herren, vergesst bitte nicht, Sir Max jeden Abend kurz anzubeten. Und überhaupt: Tut alles, was er euch sagt. Ich gehe jetzt schlafen.«

»Verrückt«, meinte Sir Kofa, als Juffin verschwunden war. »Dieser Mann aus Kettari geht vor Sonnenuntergang schlafen. Er nimmt sogar Urlaub. Ich kenne ihn länger als ihr alle, und glaubt mir: Das ist noch nie passiert.«