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In diesem Augenblick erschien an einer der Biegungen der Allee des Gartens ein Mann, der auf zehn Schritte Entfernung stehen blieb.

Der Minister erkannte einen Geheimpolizisten oder vielmehr den »Unternehmer der Polizei«, eine Bezeichnung, die er in jeder Hinsicht verdiente.

Dieser Mann gehörte nämlich nicht zur regulären Brigade Comeau's, des Chefs der anglo-canadischen Agenten.

Gilbert Argall lud ihn durch ein Zeichen ein, näher zu treten.

»Es ist Rip, vom Hause Rip & Compagnie, sagte er, sich an Lord Gosford wendend. Wollen Eure Herrlichkeit erlauben, uns hier seinen Bericht zu erstatten?«

Lord Gosford stimmte durch eine Bewegung des Kopfes zu. Rip näherte sich respectvoll und wartete, bis es Gilbert Argall beliebte, ihn zu fragen, was dieser mit den Worten that:

»Haben Sie darüber Gewißheit erhalten, daß Johann ohne Namen in Quebec gesehen worden ist?

- Ich glaube das Euer Ehren versichern zu können.

- Und wie kam es, daß er da nicht dingfest gemacht wurde? fragte Lord Gosford.

- Eure Herrlichkeit wollen meine Leute und mich gütig entschuldigen, antwortete Rip, wir erhielten aber selbst zu spät Nachricht. Vorgestern war gemeldet worden, daß Johann ohne Namen eines der Häuser der kleinen Champlainstraße besucht haben sollte, und zwar das, welches neben dem Laden des Schneiders Emotand zur Linken liegt, wenn man die Stufen genannter Straße hinaufsteigt. Ich habe das Haus sofort einschließen lassen. Dasselbe bewohnt ein Herr Sebastian Gramont, ein Rechtsanwalt und Abgeordneter, der in der Reformpartei eine hervorragende Stellung einnimmt. Johann ohne Namen hatte sich daselbst aber nicht gezeigt, obwohl der Abgeordnete Gramont unzweifelhaft mit ihm in Verbindung steht. Unsere Haussuchung ist vergeblich gewesen.

- Glauben Sie, daß jener Mann sich noch in Quebec aufhält? fragte Sir John Colborne.

- Das könnte ich Euer Excellenz nicht mit Bestimmtheit sagen, erwiderte Rip.

- Sie kennen ihn nicht?

- Ich habe ihn in der That niemals gesehen, und es gibt überhaupt nur wenige Leute, welche ihn kennen.

- Mag sein, doch welche Richtung dürfte er von Quebec aus eingeschlagen haben?

- Das weiß ich nicht, gestand Rip.

- Und was ist Ihre Meinung? fragte der Polizeiminister.

- Meine Ansicht ist, daß der Mann sich nach der Grafschaft Montreal hingewendet haben dürfte, wo die Agitatoren mit Vorliebe ihr Wesen treiben. Wenn ein Aufstand vorbereitet ist, so wird er wahrscheinlich in diesem Theile Canadas zum Ausbruch kommen. Ich schließe daraus, daß Johann ohne Namen in einem Dorfe nahe den Ufern des St. Lorenzo versteckt sein wird.

- Ganz recht, fiel Gilbert Argall ein, und nach dieser Seite hin werden sich die weiteren Nachforschungen zu bewegen haben.

- So erlassen Sie die betreffenden Befehle, sagte der General-Gouverneur.

- Eure Herrlichkeit wird zufrieden gestellt werden. Sie, Rip, verlassen morgen schon Quebec mit den besten Beamten Ihrer Agentur. Ich selbst werde die Ueberwachung des Herrn de Vaudreuil und seiner Freunde übernehmen, welch' Letztere unzweifelhaft viele Zusammenkünfte mit Johann ohne Namen haben. Suchen Sie seine Spuren wiederzufinden, gleichviel durch welches Mittel. Der Herr General-Gouverneur betraut Sie speciell mit dieser Aufgabe.

- Sie wird treulich erfüllt werden, versicherte der Chef des Hauses Rip & Compagnie. Ich reife morgen ab.

- Wir genehmigen im Voraus, fuhr Gilbert Argall fort, Alles, was Sie zwecks der Gefangennahme des gefährlichen Parteigängers für nothwendig halten. Todt oder lebendig - wir müssen ihn haben, bevor er die französisch-canadische Bevölkerung durch seine Gegenwart zu Gewaltschritten hinzureißen vermag. Sie sind intelligent und geschäftseifrig, Rip, Sie haben das ja vor zwölf Jahren bei dem Falle Morgaz hinlänglich bewiesen. Wir zählen auch hierbei auf Ihren Eifer und Ihren Scharfsinn. Treten Sie ab.«

Rip wollte fortgehen und hatte schon einige Schritte gemacht, als er sich umdrehte.

»Darf ich eine Frage an Euer Ehren richten? sagte er an den Minister gewendet.

- Eine Frage?.

- Ja, Euer Ehren, und deren Entscheidung ist nöthig wegen der wünschenswerthen Richtigkeit der Buchführung des Hauses Rip & Compagnie.

- So sprechen Sie, sagte Gilbert Argall.

- Ist auf den Kopf Johanns ohne Namen schon ein Preis gesetzt?

- Noch nicht.

- Das darf aber nicht unterlassen werden, bemerkte Sir John Colborne.

- Es ist hiermit geschehen, ließ sich Lord Gosford vernehmen.

- Und welcher? fragte Rip.

- Viertausend Piaster.

- Er ist aber seine sechstausend werth, antwortete Rip. Ich werde Reise spesen, Auslagen für Specialberichterstatter haben.

- Nun wohl, es sei, sagte Lord Gosford.

- Dieses Geld werden Eure Herrlichkeit nicht zu beklagen haben..

- Wenn es erst verdient ist. warf der Minister dazwischen.

- Das ist so gut wie geschehen, Euer Ehren.«

Und mit dieser, vielleicht etwas gewagten Versicherung zog der Chef der Hauses Rip & Cie. sich zurück.

»Ein Mann, der seiner Sache gewiß zu sein scheint, dieser Rip, bemerkte Oberst Gore.

- Und der unser volles Vertrauen verdient, setzte Gilbert Argall hinzu. Uebrigens ist dieser Preis von sechstausend Piaster ganz geeignet, seine Schlauheit und seinen Eifer anzuregen. Schon der Fall mit der Verschwörung von Chambly hat ihm eine hübsche Summe eingebracht, und wenn er sein Geschäft liebt, so liebt er nicht minder das Geld, welches es ihm abwirft. Man muß dieses Original eben nehmen wie es einmal ist, und ich kenne keinen Mann, der mehr geeignet wäre, sich Johanns ohne Namen zu bemächtigen, wenn Johann ohne Namen überhaupt der Mann dazu ist, sich fangen zu lassen.«

Der General, der Minister und der Oberst verabschiedeten sich nun von Lord Gosford. Dann ertheilte Sir John Colborne dem Oberst Gore Befehl, unverzüglich nach Montreal aufzubrechen, wo sein College, der Oberst Witherall, ihn erwartete, der beauftragt war, in den Kirchspielen der Grafschaft jede aufrührerische Bewegung im Keime zu verhindern und zu unterdrücken.

Zweites Capitel

Zwölf Jahre vorher

Simon Morgaz! Ein verabscheuter Name bis hinab in die dürftigsten Hütten der canadischen Provinzen! Ein Mann, auf dem seit langen Jahren der Fluch des Volkes lastet! Ein Simon Morgaz, das ist der Verräther, der seine Brüder ausgeliefert und sein Vaterland verkauft hat!

Vor Allem wird man das in Frankreich verstehen, das »jetzt nicht mehr weiß, wie unversöhnlich der Haß ist, den der Verrath am Vaterland verdient.«

Im Jahre 1825 - zwölf Jahre vor dem Aufstande von 1837 -hatten einige französische Canadier den Grund gelegt zu einer Verschwörung mit dem Endziel, Canada der englischen Herrschaft zu entreißen, die so schwer auf ihm lastete. Unerschrockene, thätige, energische Männer mit weitem Blick, zum größten Theil Abkömmlinge der ersten Einwanderer, welche Neu-Frankreich gegründet hatten, konnten sie sich nicht mit dem Gedanken aussöhnen, daß der Verlust ihrer Colonie zu Gunsten Englands ein endgiltiger sein sollte. Selbst zugegeben, daß das Land nicht mehr an die Enkel eines Cartier und eines Champlain, die es im 16. Jahrhundert entdeckt hatten, kommen sollte, hatte es nicht wenigstens das Recht, unabhängig zu sein? Ganz gewiß; und um ihm diese Unabhängigkeit zu erwerben, setzten jene Patrioten ihren Kopf auf's Spiel.

Unter ihnen befand sich Herr de Vaudreuil, ein Nachkomme des früheren Gouverneurs von Canada unter Ludwig XIV. -aus einer jener Familien, deren französische Namen zum großen Theil zu geographischen Namen in der canadischen Karthographie geworden sind.