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Die Stuart-Papiere nahmen drei ganze Räume des Museums ein, dazu unzählige Umzugskisten im Keller, so dass er kaum behaupten konnte, erschöpfende Nachforschungen angestellt zu haben. Dennoch, er hatte eine Kopie des Soldregisters aus dem Culloden House gefunden, in dem die Männer als Teil eines Regiments aufgeführt waren, das unter dem Oberbefehl des jungen Lovat stand – damit war der Sohn des Alten Fuchses gemeint, der ebenfalls Simon hieß. Der hinterlistige Alte Fuchs hatte seine Loyalität aufgeteilt, dachte Roger; hatte seinen Erben in den Kampf für die Stuarts geschickt und war selbst zu Hause geblieben, um behaupten zu können, die ganze Zeit König Geordies treuer Untertan gewesen zu sein. Viel hatte es ihm nicht genützt.

Dieses Dokument hatte Simon Fraser, den Jüngeren, als Kommandeur angegeben und James Fraser nicht erwähnt. Doch in einer Reihe von Armeedepeschen, Notizen und anderen Dokumenten wurde ein James Fraser erwähnt. Wenn es derselbe Mann war, hatte er sich mit großem Einsatz an dem Feldzug beteiligt. Allerdings war es unmöglich zu sagen, ob es sich um den Mann aus Broch Tuarach handelte, solange er sich nur auf den Namen »James Fraser« stützen konnte; der Name James war in den Highlands genauso häufig wie Duncan oder Robert. Nur einmal wurde ein James Fraser mit einer Reihe zusätzlicher Namen erwähnt, die bei seiner Identifikation helfen konnten, doch in diesem Dokument wurden seine Männer nicht erwähnt.

Er zuckte mit den Schultern, um eine Wolke gieriger Mücken zu verscheuchen. Diese Register systematisch durchzuarbeiten, würde mehrere Jahre in Anspruch nehmen. Da er die Mücken nicht von sich ablenken konnte, betrat er geduckt die dunkle Brauhausatmosphäre der Kneipe und ließ die wilde, aufdringliche Wolke hinter sich.

Während er an seinem kühlen, bitteren Ale nippte, ging er im Kopf noch einmal durch, was er bis jetzt geschafft hatte und welche Möglichkeiten ihm offenstanden. Ihm blieb heute noch genug Zeit, nach Fort William zu fahren, obwohl das bedeuten würde, dass er spät zurück nach Inverness kam. Und wenn er im Museum in Fort William nichts zutage brachte, bestand der logische, wenn auch ironische nächste Schritt darin, sich gründlich im Archiv des Reverends umzusehen.

Und danach? Er trank die letzten Tropfen seines Biers und bestellte mit einem Wink ein neues Glas. Nun, wenn es gar nicht anders ging, konnte er wohl auf die Schnelle nichts Besseres tun, als jeden Friedhof in der allgemeinen Umgebung von Broch Tuarach persönlich zu inspizieren. Er bezweifelte, dass die Randalls vorhatten, die nächsten zwei, drei Jahre in Inverness zu verbringen, um geduldig auf Ergebnisse zu warten.

Er tastete in seiner Tasche nach dem Notizbuch, das der ständige Begleiter jedes Historikers ist. Ehe er Broch Mordha verließ, sollte er zumindest einen Blick auf das werfen, was noch von dem alten Kirchhof übrig war. Man wusste ja nie, was dabei herauskam, und zumindest musste er dann nicht noch einmal hierherfahren.

Tags darauf folgten die Randalls Rogers Einladung zum Tee, um zu hören, was für Fortschritte er gemacht hatte.

»Ich habe mehrere der Namen auf Ihrer Liste gefunden«, sagte er zu Claire, während er in das Studierzimmer voranging. »Es ist merkwürdig; noch habe ich keine gefunden, die mit Sicherheit in Culloden gestorben sind. Ich dachte, ich hätte drei, aber es hat sich herausgestellt, dass es andere Männer mit denselben Namen waren.« Er warf einen Blick auf Dr. Randall; sie stand reglos da und klammerte sich mit einer Hand an die Lehne eines Armsessels, als hätte sie vergessen, wo sie war.

»Äh, möchten Sie sich nicht setzen?«, lud Roger sie ein, und sie zuckte wie erschrocken zusammen, nickte und setzte sich abrupt auf die Sesselkante. Roger beobachtete sie neugierig, fuhr aber mit seinem Bericht fort. Er zog den Ordner mit seinen Notizen hervor und reichte ihn ihr.

»Wie ich schon sagte, es ist merkwürdig. Ich habe noch nicht alle Namen aufgespürt; ich glaube, dazu muss ich in den Pfarrbüchern und auf den Friedhöfen in der Gegend von Broch Tuarach herumstöbern. Das meiste habe ich bis jetzt in den Papieren meines Vaters gefunden. Aber man würde doch meinen, dass ich wenigstens ein oder zwei Gefallene gefunden hätte, da sie schließlich alle in Culloden waren. Vor allem wenn sie, wie Sie sagen, zu einem der Fraser-Regimenter gehörten; diese haben fast alle im Zentrum der Schlacht gekämpft, wo es am schlimmsten war.«

»Ich weiß.« Ihr Ton hatte etwas an sich, das ihn bewog, sie verwundert anzusehen, doch sie hatte das Gesicht über den Schreibtisch gebeugt, und es war unsichtbar. Die meisten Notizen waren handschriftliche Kopien, die er selbst angefertigt hatte, da die exotische Technologie der Fotokopie noch nicht bis in das Regierungsarchiv vorgedrungen war, das die Stuart-Papiere hütete, doch es waren auch einige Originalbögen dabei, die er aus dem Dokumentenschatz des verstorbenen Reverends ausgegraben hatte. Sie wendete die Listen mit sanften Fingern und gab sich Mühe, das empfindliche Papier nicht mehr als notwendig zu berühren.

»Sie haben recht; das ist merkwürdig.« Jetzt erkannte er die Emotion in ihrem Ton – es war Erregung, in die sich jedoch Genugtuung und Erleichterung mischten. Irgendwie hatte sie das erwartet – oder es gehofft.

»Sagen Sie …« Sie zögerte. »Die Namen, die Sie gefunden haben. Was ist aus ihnen geworden, wenn sie nicht in Culloden gestorben sind?«

Er war etwas überrascht, dass es ihr so wichtig war, doch er warf einen Blick auf seine Notizen. »Zwei von ihnen haben auf der Musterrolle eines Schiffs gestanden; sie sind nicht lange nach Culloden in die Neue Welt emigriert. Vier sind etwa ein Jahr später eines natürlichen Todes gestorben – nicht überraschend; nach Culloden herrschte eine schreckliche Hungersnot, und es gab viele Tote in den Highlands. Und diesen habe ich in einem Pfarrbuch gefunden – allerdings nicht seine Heimatpfarre. Ich bin mir aber ziemlich sicher, dass es einer unserer Männer ist.«

Erst als die Spannung nun aus ihren Schultern wich, fiel ihm überhaupt auf, dass sie da gewesen war.

»Möchten Sie immer noch, dass ich nach dem Rest suche?«, fragte er und hoffte, dass die Antwort »ja« lauten würde. Er beobachtete Brianna über die Schulter ihrer Mutter hinweg. Sie stand vor der Korkwand, halb abgewandt, als interessierte sie sich nicht für das Projekt ihrer Mutter, doch er konnte eine kleine senkrechte Falte zwischen ihren Augenbrauen sehen.

Vielleicht nahm sie ja dasselbe wahr wie er; diese seltsame unterdrückte Erregung, die Claire wie ein elektrisches Spannungsfeld umgab. Er stellte sich vor, dass ein großer statischer Funke zwischen ihnen überspringen würde, wenn er sie berührte.

Ein Klopfen an der Studierzimmertür riss ihn aus seinen Gedanken. Die Tür öffnete sich, und Fiona Graham kam mit einem Teewagen herein – inklusive Teekanne, Tassen, Untersetzern, dreierlei Sandwiches, Sahnetörtchen, Sandkuchen, Marmeladentörtchen und Scones mit Schlagrahm.

»Hmmm!«, sagte Brianna bei diesem Anblick. »Ist das alles für uns, oder werden noch zehn andere Leute erwartet?«

Claire warf einen lächelnden Blick auf den Tee. Das elektrische Feld war nach wie vor da, jetzt jedoch mühsam unterdrückt. Roger konnte sehen, dass eine ihrer Hände so fest in den Stoff ihres Rocks geklammert war, dass ihr die Kante ihres Rings in die Haut schnitt.

Fiona strahlte. Sie war rundlich und hübsch wie eine kleine braune Henne. Roger seufzte innerlich. Es freute ihn zwar, seinen Gästen etwas anbieten zu können, doch ihm war klar, dass die großzügige Natur der Erfrischungen dazu gedacht war, seinen Beifall zu finden, nicht den seiner Gäste. Fiona war neunzehn, und sie hatte ein einziges, leidenschaftliches Lebenszieclass="underline" Ehefrau zu sein. Vorzugsweise eines berufstätigen Mannes. Sie hatte einen einzigen Blick auf Roger geworfen, als er vor einer Woche eingetroffen war, um den Nachlass des Reverends zu ordnen, und beschlossen, dass ein Assistenzprofessor für Geschichte der beste Kandidat war, den Inverness zu bieten hatte.